Der deutsche Arbeitsmarkt ist im Wandel. Anstatt über neue Einstellungen denken die Betriebe über Entlassungen von Beschäftigten nach. Da ist es gut, wenn der Arbeitgeber an die Zukunft der Firma glaubt und die schwierige Zeit mit Kurzarbeit überbrückt.
Für dich als Betroffenen bedeutet Kurzarbeit, dass dein Nettoentgelt - trotz Kurzarbeitergeld (KUG) von der Arbeitsagentur - sinkt. Den Einkommensverlust kannst du aber zumindest zeitweise abmildern, wenn du deine Steuerklasse richtig wählst.
Anfang 2025 gab es 240.000 Bezieher von Kurzarbeitergeld
Bernd Fitzenberger, Direktor des renommierten Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg, erklärt im Interview mit dem Onlineportal Schwäbische, warum die Arbeitslosigkeit steigt: "Es gibt derzeit sehr geringe Einstellungschancen für Arbeitsuchende." Im vierten Quartal 2024 gab es 1,4 Millionen offene Stellen in Deutschland. Zwei Jahre davor waren es noch zwei Millionen. Die Zahl sei seitdem deutlich nach unten gegangen.
Eine Möglichkeit, wie Firmen Entlassungen vermeiden können, ist es, die Beschäftigten in Kurzarbeit zu schicken. Dazu müssen Betriebe gleich zu Beginn den voraussichtlichen Arbeitsausfall an die Arbeitsagentur durch eine Anzeige melden. Nach den aktuellen Daten ist vom 1. bis einschließlich 24. März 2025 für 43.000 Personen konjunkturelle Kurzarbeit angezeigt. Wie viele tatsächlich KUG in Anspruch nehmen, dazu gibt es Daten bis Januar 2025: Nach vorläufigen hochgerechneten Daten wurde für 240.000 Beschäftigte konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt. Das waren 36.000 mehr als im Vormonat und 51.000 mehr als im Januar des Vorjahres.
Verbunden mit Kurzarbeit sind Entgelteinbußen bei den Beschäftigten, die sich danach richten, wie viele Stunden pro Woche bzw. Monat der Betrieb Kurzarbeit angemeldet hat. Für die Zeit der Kurzarbeit erhält die Firma 60 % des Nettoentgelts für kinderlose Beschäftigte bzw. 67 % für Beschäftigte mit mindestens einem Kind. Diese Summe wird steuerfrei an die Beschäftigten weitergereicht. Die Abwicklung übernehmen die Arbeitgeber. Sie zahlen das Kurzarbeitergeld aus und rechnen ihrerseits mit der Agentur für Arbeit ab. Die Bundesregierung hat die maximale Bezugsdauer für Kurzarbeitergeld auf 24 Monate verlängert. Die Maßnahme ist am 1. Januar in Kraft getreten und befristet bis Ende des Jahres 2025. Normalerweise wird das KUG für 12 Monate gezahlt.
Mit Kurzarbeit hoffentlich zu neuen Ufern
Durch das Kurzarbeitergeld verändert sich dein Nettoeinkommen. Dazu ein Beispiel, das die Vereinigten Lohnsteuerhilfen (VLH) durchgerechnet haben: Du bist Single, kinderlos und hast normalerweise einen Bruttoverdienst von 4000 Euro im Monat bei einer 40-Stunden-Woche. Der Nettolohn liegt somit bei rund 2600 Euro (ohne Kirchensteuer). Nun beantragt dein Arbeitgeber bei der Arbeitsagentur für einen Monat Kurzarbeit und streicht die Hälfte deiner Arbeitszeit auf 20 Stunden pro Woche.
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Dein Bruttolohn sinkt damit auf 2000 Euro. Abzüglich der Abgaben verringert sich dadurch das Nettogehalt auf rund 1470 Euro. Die Agentur für Arbeit übernimmt 60 % des entgangenen Nettolohns als KUG, in diesem Fall rund 678 Euro. Insgesamt kommst du auf 2148 Euro anstatt der üblichen 2600 Euro. Das KUG mindert also deinen Netto-Einkommensverlust. Statt 1130 Euro weniger im Monat bekommst du nur 452 Euro weniger.
Außerdem ist es möglich, die Nettoeinbußen für die KUG-Zeiten durch eine geschickte Wahl der Steuerklasse zu beeinflussen. Wobei Singles keine Chance haben, der Steuerklasse I zu entkommen. Bei Verheirateten oder Lebensgemeinschaften ist es rein rechnerisch für die Höhe des KUG am günstigsten, wenn Steuerklasse III gewählt wird, erläutert BVL-Geschäftsführerin Jana Bauer der Deutschen Presse-Agentur.
In Steuerklasse III am meisten Netto vom Brutto
In der Steuerklasse III bleibt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am meisten Netto vom Brutto übrig. Wer Kurzarbeitsphasen durchlaufen muss, für den kann es sich lohnen, mindestens einen Monat vor Beginn der Kurzarbeit einen Steuerklassenwechsel beim Finanzamt zu beantragen.
Allerdings sollte der Partner, der dann automatisch in die Steuerklasse V rutscht, wissen, dass sein Nettolohn dadurch erheblich sinkt. Ehepaare bzw. Lebensgemeinschaften sollten unbedingt vorher nachrechnen, ob sie das geringere Nettoeinkommen des einen auch wirklich durch das höhere Kurzarbeitergeld ausgleichen können.
Außerdem hätte der Partner in Steuerklasse V einen erheblichen Nachteil, wenn er selbst von Kurzarbeit betroffen ist. Die Steuerklassen-Kombination IV/IV – unter Umständen auch mit Faktor – könnte daher eine Alternative sein.
Kurzfristig kann die Wahl der richtigen Steuerklasse helfen
Falls der Partner die Steuerklasse V hat und von Kurzarbeit bedroht ist, kann es vorteilhaft sein, wenn dieser in die günstige Steuerklasse III wechselt und der besserverdienende Ehegatte die ungünstige Steuerklasse V nimmt. Gleiches gilt, wenn beide Eheleute zur Steuerklassen-Kombination IV/IV wechseln.
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Zwar fällt das Gesamtnettoeinkommen für beide Partner eventuell zunächst einmal niedriger aus, der weniger verdienende Ehepartner kann im Fall von Kurzarbeit allerdings von einem höheren Kurzarbeitergeld profitieren. Der Ehepartner, der aus der günstigen Steuerklasse in die Klasse IV oder V wechselt, muss aber erhebliche Steuerabzüge in Kauf nehmen.
Auf die Gesamtsteuerbelastung, die am Ende des Jahres in der Einkommensteuererklärung eines Paares zu zahlen ist, hat die Auswahl der Lohnsteuerklasse aber keine Auswirkung. Spätestens nach Abgabe der Steuererklärung gleichen sich etwaige Vor- oder Nachteile aus. Die zu zahlende Einkommensteuer bleibt unter dem Strich dieselbe. Durch das Jonglieren mit den Steuerklassen kannst du unterjährig dein Nettoeinkommen erhöhen und bei finanziellen Engpässen gegensteuern.
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