• Neuer Höchststand: Dispozinsen liegen im Schnitt bei rund 12 Prozent
  • Die Dispozinsen schwanken je nach Kreditinstitut erheblich
  • 8,5 Prozent der Deutschen nutzen den Dispokredit
  • Kommt jetzt der Dispozins-Deckel?
  • Dispo-Konditionen sollten nicht die Wahl deines Girokontos bestimmen

Bei den Banken und Sparkassen sind aktuell hohe Dispozinsen zu zahlen, wenn du dein Konto überziehst. Zur Erinnerung: Mit deinem Dispo räumt deine Bank oder Sparkasse dir bei deinem Girokonto einen "geduldeten" finanziellen Spielraum ein. Meistens zwei oder drei Monatseinkommen. Nutzt du den, sind allerdings richtig happige Dispozinsen fällig. Es ist also keineswegs so, dass die Kreditinstitute dir aus "Kulanz" oder bei einem guten Kundenservice den Spielraum einräumt. Sie verlangen dafür ordentlich Zinsen, wie jetzt die Zeitschrift Finanztest und die Finanzberatung FMH berichten.

Neuer Höchststand: Dispozinsen liegen im Schnitt bei rund 12 Prozent

Im Herbst haben einige Banken ihre Zinssätze angehoben. "Viele Kreditinstitute haben zum 1. Oktober nochmal nachgelegt", berichtet Heike Nicodemus von der Stiftung Warentest gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa). Inzwischen liegen die Dispozinsen bei ca. 12 % (Stand: 6. Oktober). 

Bestätigt wird dieser Wert von der Finanzberatung FMH aus Frankfurt am Main. Sie scannen täglich den Markt für ihren Index bei 80 ausgewählten Instituten die Dispozinsen. Vor einem Jahr lag der Wert bei 9,5 %, heute 11,89 %. 

Heike Nicodemus weiß, woher dieser rasante Anstieg herrührt. Er sei in erster Linie den Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank geschuldet, erläutert sie. Die Eurowährungshüter stemmen sich mit der Serie von zehn Zinserhöhungen seit Juli 2022 gegen die hohe Inflationsrate. Die sinkt inzwischen deutlich, hat aber den unschönen Nebeneffekt, dass du für deinen Dispokredit deutlich tiefer in die Tasche greifen musst.

Die Dispozinsen schwanken je nach Kreditinstitut erheblich

In der letzten großen Dispo-Analyse der Stiftung Warentest, veröffentlicht im Mai 2023, zeigen sich beträchtliche Unterschiede bei den Dispozinsen, je nach Institut. Der Vergleich zeigt: Die Spanne der Dispozinsen im Test reichte von 16,46 % beim teuersten Anbieter, der VR-Bank Landsberg-Ammersee. Bei null Prozent Dispozins lag damals die Skatbank (Kontomodell Flat) mit einer pauschalen Dispositions-Summe von 2.500 Euro. Wer damals bei der güns­tigsten Bank drei Monate lang mit 1.000 Euro in den Miesen war, zahlte gar nichts. Beim teuersten Kreditinstitut kostet die Über­ziehung 41,15 Euro. 

Seit dem 1. Oktober sind diese Zeiten allerdings vorbei. Jetzt verlangt die Skatbank, sie ist übrigens eine Zweigniederlassung der VR-Bank Altenburger Land im niedersächsischen Schmölln, 8,38 % Dispozins. Angesichts eines durchschnittlichen Zinsniveaus für Dispokredite von 11,89 % gehört sie damit immer noch zu den günstigen Anbietern.  

Für Heike Nicodemus von der Stiftung ist ein Dispozins bis zu 10 % vergleichsweise günstig, erläutert sie im Gespräch mit der dpa. In der Recherche im Sommer 2023 erfüllten immerhin knapp 20 % der 460 ausgewerteten Kontomodelle diese Bedingung. Wie das seit Oktober aussieht, ist unklar. "Teuer ist alles ab 13 % insbesondere für Menschen, die sehr häufig den Dispo in Anspruch nehmen", sagt die Projektleiterin im Team Geld­anlage, Alters­vorsorge, Kredite und Steuern der Stiftung Warentest. 

8,5 Prozent der Deutschen nutzen den Dispokredit

Wie viele Deutsche nutzen überhaupt ihren Dispokredit? Das wollte das Kreditvermittlungsportals smava genauer wissen und beauftragte das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Civey mit einer entsprechenden Befragung bei 2.500 Personen.

Und das sind die Ergebnisse: 8,5 % der Deutschen waren mit ihrem Girokonto im September 2023 im Dispo. Tief im roten Bereich, mit über 2.000 Euro im Minus sind sogar 2,7 % der Befragten. 1,4 Prozent hingegen sind zwischen 1.000 und 2.000 Euro im negativen Bereich und 4,4 % zwischen null und 1.000 Euro.

Und hier die gute Nachricht: 78 % der Befragten gaben an, dass ihr Girokonto im Plus ist. Das sind 10 % mehr als im September 2022. Offensichtlich scheuen immer mehr Kund*innen der Kreditinstitute teure Dispozinsen.

Kommt jetzt der Dispozins-Deckel?

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat eine klare Meinung zu den Überziehungszahlungen: "Seit Jahren zahlen Verbraucher*innen für ihre Dispositionskredite (Dispo) Zinssätze, die in keinem angemessenen Verhältnis stehen. Angesichts der gestiegenen Lebenshaltungskosten werden die teuren Kredite für immer mehr Menschen zur Kostenfalle", schreiben die Verbraucherschützer auf ihrer Internetseite. An der misslichen Situation bei den Dispozinsen hat sich seit Jahren wenig geändert, beklagen die Verbraucherschützer. Erfreulich sei lediglich, dass alle Banken den Zinssatz per Gesetz mittlerweile auf ihren Internetseiten veröffentlichen müssen. Das reiche aber nicht. 

Neuen Regeln will eine Initiative der Verbraucherschutzminister von Bund und Ländern, die jetzt den Bundesrat erreichte. Sie pochen auf eine Obergrenze, einen Deckel für Dispozinsen. Ein entsprechender Prüfauftrag gehe an die Bundesregierung, sagte Schleswig-Holsteins Verbraucherschutzminister Werner Schwarz (CDU). Eine gesetzliche Begrenzung der Zinsen für Dispositionskredite im Sinne der Verbraucher*innen sei unbedingt notwendig.

Doch das ist Zukunftsmusik. Besser ist es jetzt vorhandene Alternativen zu nutzen. Und es gibt sie: Die Zinsen für einen herkömmlichen Ratenkredit mit einer Zinsbindung von ein bis fünf Jahren sind deutlich günstiger. Im Schnitt liegen die Zinsen etwa bei der Hälfte eines Dispokredits, rechnet die Stiftung Warentest vor.

Dispo-Konditionen sollten nicht die Wahl deines Girokontos bestimmen

Aus Sicht der Finanztest-Expertin Heike Nicodemus haben es die Bankkunden selbst in der Hand, den teuren Dispozinsen ein Stopp-Schild zu zeigen und ihn abzuwählen. Die Lösung sieht sie in der Umschuldung mithilfe eines Ratenkredits.

Sie rechnet vor: Liegt der Dispo bei einem Zinssatz von 11,22 % und bist du mit 1.000 Euro im Minus, stehst du nach drei Monaten mit rund 1.028 Euro in der Kreide. Ein ganzes Jahr Dispozinsen kostet dich rund 112 Euro. Gleichst du dein Konto hingegen nach einem Monat aus, sind nur rund 9 Euro fällig, rechnet die Stiftungs-Expertin im Gespräch mit der dpa vor.

Trotz des ungebremsten Anstiegs der Dispozinsen, rät die Stiftung Warentest davon ab, bei der Wahl des Girokontos, dies zum entscheidenden Auswahlkriterium zu machen. Andere Dinge seien wichtiger. Es zählen vor allem Konto­gebühren. Ein Giro­konto sollte nicht mehr als 60 Euro im Jahr kosten. Dieses Kriterium erfüllen 77 von 450 Konten aus der neusten Girokonto-Untersuchung der Stiftung.

Fazit: Teure Dispozinsen müssen nicht sein

Die schlechte Nachricht zuerst: Dispozinsen steigen unvermindert, eine Obergrenze ist nicht in Sicht. Im Oktober 2023 liegen sie bei knapp 12 %. Die gute Nachricht: Du kannst diese exorbitanten Zinsen der Kreditinstitute vermeiden. Kreditkarten-Anbieter, die zum Monatsende abrechnen, sind eine kurzfristige Alternative zum Dispo. Eine andere sind Ratenkredite. Sie sind nur halb so teuer wie der Dispo. Das Girokonto im Gleichgewicht bei den Ausgaben und Einnahmen zu halten, ist ein wohlfeiler Rat. Manchmal ist er allerdings nur schwer einzuhalten. Dass es sehr wohl möglich ist, zeigen 78 % der Girokontenbesitzer, die auf den Dispo verzichten.