Steve Easterbrook, Ex-McDonald's-Chef aus den USA, verlor seinen Job, weil er vor seinem Rauswurf sexuelle Beziehungen mit mindestens vier angestellten Personen hatte. Die ursprünglich vom Burger-Riesen gezahlte gigantische Abfindung von 105 Millionen Dollar, musste der Manager zurückzahlen, weil der Konzern zunächst von einem "leichteren Fehlverhalten" ausgegangen war. Das erwies sich aber als falsch.
Alles kein Problem? Spannende Frage – gerade am Valentinstag, dem Fest der Liebenden: Ist so etwas in Deutschland möglich? Kündigung wegen einer Liebesbeziehung am Arbeitsplatz?
Du bist noch auf der Suche nach dem passenden Job? jobs.infranken.de!Wichtiger Heiratsmarkt: der Betrieb
Dass der Betrieb ein funktionierender Heiratsmarkt ist, erfahren Forschende immer wieder, wenn sie Ehepaare danach fragen, wo sie sich kennengelernt haben. Laut Statista, dem Online-Portal für Daten in Hamburg, sieht die Kaskade der Beziehungsorte 2022 ("Wo haben Sie Ihren Partner/Ihre Partnerin kennengelernt?") so aus:
- Freunde: 28 Prozent
- Internet/Dating-App: 21 Prozent
- Party-Disko: 16 Prozent
- Arbeit: 11 Prozent
- Verein/Hobby: 10 Prozent
- Ausbildung/Studium: 9 Prozent
- Schule: 9 Prozent
- Familie: 4 Prozent
- Urlaub: 2 Prozent
- Sandkasten: 2 Prozent
11 Prozent der Verheirateten haben ihre Beziehung also im Betrieb angebandelt. Für japanische Verhältnisse ist das verschwindend gering. Denn: Was in den USA eher tabu ist und bei uns nur auf jede zehnte Ehe zutrifft, gilt in Japan als Tradition. Da die Menschen in Japan die meiste Zeit des Tages an ihrem Arbeitsplatz verbringen, verwundert es nicht, dass sich viele junge Paare auf der Arbeit kennengelernt haben, schreibt Sumikai, ein Nachrichtendienst aus Japan. Bei einer Befragung kam heraus, dass die Mehrheit, nämlich 61 Prozent, eine romantische Beziehung zu einem Teammitglied hatten oder haben. 72 Prozent der Befragten erklärten, sich schon einmal in eine Person aus der Arbeitsgruppe verliebt zu haben. Vor allem Dates mit älteren Mitarbeitenden oder sogar Vorgesetzten sind besonders beliebt.
Deutsches Recht ist nicht so streng
Was in den USA durch betriebliche Code of Conduct (Verhaltenskodex in Arbeitsbeziehungen) verboten ist, kann auf Deutschland nicht übertragen werden. Bei McDonald's in den USA heißt es beispielsweise in den Standards of Business and Conduct: "Um Situationen zu vermeiden, in denen sich das Verhalten am Arbeitsplatz negativ auf das Arbeitsumfeld auswirken könnte, ist es Mitarbeitern, die in direkter oder indirekter Berichtsbeziehung zueinander stehen, verboten, sich zu verabreden oder eine sexuelle Beziehung zu haben." Solche Regelungen sind in den USA verbreitet und sollen dabei helfen, sexuelle Belästigungen zu verhindern. Es geht also nicht darum, Liebesbeziehungen zu verhindern, sondern dass Arbeitnehmende bei sexueller Belästigung durch eine mitarbeitende Person das Unternehmen mit teuren Schadensersatzklagen überziehen.
In Deutschland hätte ein solches Verbot wie bei McDonald's in den USA keine Chance vor den Arbeitsgerichten zu bestehen. So stellte das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf (Urteil vom 14.11.2005, Az.: 10 TaBV 46/05) zu einer Betriebsvereinbarung, die in Deutschland gelten sollte, von Walmart (US-amerikanischer Einzelhandelskonzern) fest: Eine Ethikrichtlinie, die bestimmt, dass Mitarbeitende nicht mit jemandem ausgehen oder eine Liebesbeziehung eingehen dürfen, die Einfluss auf die Arbeitsbedingungen nehmen kann oder deren Arbeitsbedingungen von der anderen Person beeinflusst werden können, verstößt gegen das Grundgesetz.
Das LAG verkannte nicht, dass es zu Problemen kommen kann, wenn Vorgesetzte mit einem unterstellten Mitarbeitenden eine Liebesbeziehung eingehen. Erst wenn es aufgrund dieser Beziehung zu Spannungen innerhalb der Betriebsgemeinschaft kommt, könne die Chefetage eingreifen. Es sei dann aber nicht die Partnerschaft oder die Liebesbeziehung, die störe, sondern das Verhalten, mit dem einer der Beteiligten oder beide oder außenstehende Dritte den betrieblichen Ablauf beeinträchtigen.
Der Fall Julian Reichelt, Ex-Chef von Bild
Beim Axel-Springer-Verlag gelten nach der Sex-Affäre um Ex-Bild-Chef Julian Reichelt strengere Vorschriften zum Thema persönliche Beziehungen am Arbeitsplatz. Die Springer-Führungskräfte müssen bei möglichen Interessenkonflikten offenlegen, wenn sie eine Beziehung zu einer oder einem unterstellten Beschäftigten eingehen. Damit das funktioniert, hat Springer seinen Code of Conduct entsprechend geändert.
Im Code sind persönliche Beziehungen am Arbeitsplatz folgendermaßen geregelt: Springer will, dass die persönlichen und beruflichen Interessensphären getrennt bleiben. Der Medienkonzern warnt, dass enge persönliche Beziehungen zu Teammitgliedern, Führungskräften oder Mitarbeitenden dazu führen, dass der berufliche Umgang mit diesen Personen bzw. deren Arbeit von privaten Interessen beeinflusst wird. Konsequenz: Deshalb sind solche Interessenkonflikte offenzulegen, "um sie von vornherein aufzulösen. Dies kann gegenüber dem Vorgesetzten oder der zuständigen Personal- bzw. Compliance-Abteilung geschehen. Dazu kann eine interne oder externe Vertrauensstelle hinzugezogen werden."
Zunächst war angekündigt worden, man werde Liebesbeziehungen im Unternehmen künftig generell verbieten. Ein solches Verbot hätte vermutlich vor Gericht keinen Bestand gehabt. Für derart weitreichende Eingriffe in die Privatsphäre gibt es in Deutschland keine Rechtsgrundlage. Die Frage, ob Liebesbeziehungen zu melden sind, ist rechtlich heikel.
Fünf praktische Tipps für Liebesbeziehung im Betrieb
Die IKK-Krankenkasse gibt fünf Tipps, wie du jenseits von Rechtsfragen mit Beziehungen am Arbeitsplatz umgehen kannst:
- Geheimniskrämerei am Arbeitsplatz ist nicht notwendig: Du solltest dein Team und die Vorgesetzten informieren. Besonders in kleineren Betrieben ist es empfehlenswert, wenn der Chef oder die Chefin um die Beziehung weiß.
- Zuneigung gehört nach Hause und nicht ins Büro: Körperkontakt am Arbeitsplatz ist nicht zu empfehlen.
- Privates muss privat bleiben: Partnerschaftliche Streitereien sind nicht am Arbeitsplatz auszutragen. Das ist für die Beteiligten und für das Umfeld der Mitarbeitenden unangenehm.
- Bevorzugung ist ein absolutes Tabu: Berufliche Vorteile solltest du nicht aus der Beziehung ziehen.
- Rede offen und ehrlich über die Situation: Geht eine Beziehung zu Ende, musst du das nicht verheimlichen.
Es geht um eine Abwägung von Interessen. Der Arbeitgeber hat ein dreifaches Interesse: (1) sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz zu verhindern, (2) einer missbräuchlichen Ausnutzung von Machtpositionen entgegenzuwirken und (3) unsachliche Begünstigungen oder Vorteilsgewährung aufgrund von Liebesbeziehungen zu verhindern. Dagegen setzt das grundgesetzlich geschützte Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmenden, das eine Einmischung des Arbeitgebers in deren Intimsphäre verbietet. Diesem Spannungsfeld können sich die Beteiligten im Betrieb nicht entziehen.
Finde auf jobs.infranken.de den Weg zu deiner Karriere!Kündigung wegen einer Liebesbeziehung
Kündigung wegen einer Liebesbeziehung – nein, das muss nach deutschem Recht nicht sein. Der Arbeitsplatz ist ein guter Ort, um seinen Partner fürs Leben zu finden. Problematisch ist allerdings, wenn Vorgesetzte die Abhängigkeit von Mitarbeitenden ausnutzen, um beispielsweise sexuelle Gefälligkeiten einzufordern, dann gibt es rechtliche Möglichkeiten, das zu unterbinden und abzustrafen. Der Valentinstag, übrigens dieses Jahr an einem normalen Arbeitstag, ist eine gute Gelegenheit, sich zu verlieben. Egal ob auf der Arbeit oder anderswo.