Die Ampel-Regierung hat milliardenschwere Entlastungen für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler per Beschluss im Bundeskabinett auf den Weg gebracht. Es geht zum Beispiel darum, die Folgen der Inflation für die Arbeitnehmer abzumildern. Das Stichwort dazu ist "kalte Progression".
Auch Familien sollen profitieren. Mittelfristig geht es um eine Bereinigung bei den sechs Steuerklassen. Im Moment handelt es sich um Vorschläge der Bundesregierung. Bundestag und Bundesrat können noch einiges ummodeln.
Der Grundfreibetrag erhöht sich
Besonders kreativ ist Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bei der Namensfindung seiner Gesetzesentwürfe – seine neuste Kreation: Steuerfortentwicklungsgesetz. Konkret geht es um Änderungen beim Grundfreibetrag, Kinderfreibetrag, Kindergeld, Kindersofortzuschlag bei Sozialhilfeempfängern und den langfristig geplanten Wegfall von zwei Steuerklassen (3 und 5).
Zum ersten Punkt: Anhebung des Grundfreibetrags. Der Staat lässt bei der Steuer eine bestimmte Summe des Einkommens außen vor, die Menschen zwingend zum Leben brauchen (Existenzminimum). Dieser Betrag trägt den Namen Grundfreibetrag. Die Einkommensteuer entfällt komplett bis zu dieser Höhe. Alle Steuerzahlenden erhalten ihn, egal wie hoch ihr Jahreseinkommen ist. Wegen der Inflation ist der Freibetrag immer wieder anzupassen.
Nach Lindners Plänen soll sich noch in diesem Jahr der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer rückwirkend zum 1. Januar 2024 um 180 Euro auf 11.784 Euro erhöhen. Die Steuerzahler werden dadurch, so die Angaben aus dem Finanzministerium, um zwei Milliarden Euro entlastet. Für Ehepaare und Lebenspartnerschaften gilt übrigens der doppelte Grundfreibetrag.
Der "kalten Progression" begegnen
Doch damit nicht genug: Die Pläne des Finanzministers sehen ebenfalls Änderungen für die Jahre 2025 und 2026 vor. Ab Januar 2025 soll der Grundfreibetrag um weitere 300 Euro auf 12.084 Euro steigen. Für 2026 ist eine weitere Anhebung um 252 Euro auf dann 12.336 Euro geplant.
Außerdem verschieben sich die Tarife der Einkommensteuer – das bedeutet, dass die jeweiligen Steuersätze erst bei einem etwas höherem Einkommen als bislang greifen. Gegenüber dem geltenden Recht bedeutet das eine Steuerentlastung um acht Milliarden Euro, ließ das Finanzministerium verlauten.
Mit den Erhöhungen beim Grundfreibetrag und den Verschiebungen bei den Steuertarifen will Lindner der "kalten Progression" begegnen. Damit ist eine Art "schleichende Steuererhöhung" gemeint, wenn beispielsweise eine Gehaltserhöhung komplett durch die aktuelle Teuerung aufgefressen wird und dann zusätzlich noch eine höhere Besteuerung fällig ist.
Auswirkungen beim Grundfreibetrag und Verschiebungen im Tarif
Der Präsident des Bunds der Deutschen Steuerzahler (BdSt), Reiner Holznagel, begrüßt die Pläne für den höheren Grundfreibetrag und die leichte Verschiebung der Einkommensteuertarife. Er stellt klar: "Das ist ein verfassungsrechtliches Gebot, dessen Umsetzung die Ampelkoalition schon viel zu lange hinausgezögert hat. Es ist wichtig, dass diese Erhöhung jetzt schnell ins Gesetzblatt kommt, damit der bürokratische Aufwand zur Korrektur von Millionen von Lohnabrechnungen nicht ausufert." Konkret hat der BdSt ausgerechnet, wie sich die Veränderungen bei unterschiedlichem Einkommen (25.000 Euro bis 80.000 Euro) bei einem Single und bei einem vierköpfigen Haushalt mit einem Alleinverdiener auswirken.
Jahresbruttoeinkommen (Single)
- 25.000 Euro
- Ersparnis für 2024: 34 Euro
- Ersparnis für 2025: 115 Euro
- 40.000 Euro
- Ersparnis für 2024: 34 Euro
- Ersparnis für 2025: 142 Euro
- 60.000 Euro
- Ersparnis für 2024: 34 Euro
- Ersparnis für 2025: 197 Euro
- 80.000 Euro
- Ersparnis für 2024: 34 Euro
- Ersparnis für 2025: 286 Euro
Jahresbruttoeinkommen (vierköpfige Familie, ein Alleinverdiener)
- 25.000 Euro
- Ersparnis für 2024: 0 Euro
- Ersparnis für 2025: 0 Euro
- 40.000 Euro
- Ersparnis für 2024: 68 Euro
- Ersparnis für 2025: 304 Euro
- 60.000 Euro
- Ersparnis für 2024: 68 Euro
- Ersparnis für 2025: 396 Euro
- 80.000 Euro
- Ersparnis für 2024:68 Euro
- Ersparnis für 2025: 476 Euro
Geringe Verbesserungen für Familien mit Kindern
Und das sind die geplanten Veränderungen beim Kindergeld: Es soll mehr Kindergeld geben. Vorgesehen ist mit Wirkung zum Januar 2025, den Betrag um fünf Euro auf einheitlich 255 Euro pro Kind und Monat zu erhöhen. Das ist dem Paritätischen Gesamtverband aber zu wenig. "Die Erhöhung des steuerlichen Kinderfreibetrags führt bei Spitzen-Verdienenden zu einer Entlastung von 377 Euro im Monat, während Familien mit mittlerem und niedrigem Einkommen leer ausgehen", sagte der Ex-Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Aus diesem Grund fordert Schneider eine stufenweise Erhöhung des Kindergeldes. "Daher wäre es nur konsequent, solidarisch und auch gerecht, das Kindergeld in einem ersten Schritt auf 300 Euro anzugeben und perspektivisch auf 377 zu erhöhen".
Der Kindersofortzuschlag für Familien mit kleinem Einkommen soll auf monatlich 25 Euro, also ebenfalls um fünf Euro steigen. Das kommt Familien zugute, die auf Sozialhilfe angewiesen sind. Eltern bekommen automatisch entweder Kindergeld oder Freibeträge für Kinder bei der Einkommensteuer angerechnet. Das Finanzamt prüft, was vorteilhafter ist. Der Freibetrag lohnt sich oft nur bei höheren Einkommen.
Die Pauschale ist bereits zum 1. Januar 2024 von 6.024 Euro auf 6.384 Euro angestiegen und soll nach den Plänen des Finanzministeriums nochmals in 2024 rückwirkend auf 6.612 Euro steigen. Auch für die Folgejahre (2025 und 2026) ist eine Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags vorgesehen. Für 2025 um 60 Euro auf dann 6.672 Euro und ab 2026 um 156 Euro auf 6.828 Euro.
Wegfall von zwei Steuerklassen
Ein weiterer wichtiger Punkt bei den Regierungsplänen: Das bei Ehepaaren/Lebensgemeinschaften beliebte Modell der Nutzung der Lohnsteuerklassen 3 und 5 soll wegfallen, aber erst zum Jahr 2030. Das ist nicht zu verwechseln mit der Forderung (Die Grünen) nach dem Ende des steuerlichen Ehegattensplittings. Das bleibt unverändert bestehen.
Bisher nutzen Ehepaare/Lebensgemeinschaften mit unterschiedlich hohem Einkommen oftmals diese Kombination aus den Steuerklassen. Wer von beiden mehr verdient, profitiert dann von höheren Freibeträgen. Wer weniger verdient, hat allerdings mehr Abzüge. Beide Verdienende haben in diesem Modell Monat für Monat zunächst das bestmögliche Nettoeinkommen, müssen aber damit rechnen, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt (mit der Einkommensteuererklärung für das Jahr) Steuern nachzahlen müssen.
Um solche Nachzahlungen zu vermeiden und die Steuerbelastung fairer auf Eheleute und Lebenspartner zu verteilen, will die Ampel die genannten Steuerklassen abschaffen. Stattdessen soll für Paare ab dem Jahr 2030 Steuerklasse 4 gelten. Das Finanzamt ermittelt dann, wer wie viel zum gemeinsamen Einkommen beiträgt, und besteuert entsprechend. Unterm Strich soll sich die Steuerbelastung für Paare dadurch nicht verändern.