Wer in den "Fängen der Schufa" steckt und Schwierigkeiten hat, einen Kredit, einen Handyvertrag oder eine Wohnung zu bekommen, beobachtet die Entwicklungen bei der Wirtschaftsauskunftei in Wiesbaden und zum Schufa-Bonitätsscore sehr genau.

Klar ist: Wer im Schufa-Score in die Problemzone rutscht, kommt dort nur schwer wieder raus. Eine Gerichtsentscheidung aus Köln hat Bewegung in die Sache gebracht.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln

Selbst wenn du deine Schulden bezahlst, vergisst die Schufa drei Jahre lang deine Altsünden nicht und gibt darüber auf Anfrage auch noch Auskunft. Diese Praxis ist umstritten. Da der Gesetzgeber nicht eingreift, hoffen Betroffene auf nationale Gerichte und den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Beide müssen sich immer öfter mit Schufa-Klagen im Rahmen des Datenschutzgesetzes (BDSG) und der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) beschäftigen.

Einen juristischen Erfolg erzielte ein Kläger jetzt vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln (Urteil vom 10.4.2025, Az.: 15 U 249/24). Die Wirtschaftsauskunftei darf zwischenzeitlich beglichene Geldforderungen nicht mehr drei Jahre speichern und darüber auf Anfrage auch keine Auskunft mehr geben. Das OLG Köln stellte klar: Die pauschale Speicherfrist von drei Jahren ist unzulässig. Sobald ein Gläubiger den vollständigen Zahlungseingang bestätigt hat, ist der entsprechende Eintrag zu löschen.

Um der Entscheidung des OLG Köln zu mehr Durchsetzungskraft zu verhelfen, beschloss das Gericht außerdem einen Schadensersatz von 1.040,50 Euro. Diese Summe steht symbolisch dafür, dass ungerechtfertigte Einträge eine spürbare Beeinträchtigung darstellen – etwa wenn jemand wegen eines längst erledigten Schufa-Eintrags keinen Mietvertrag oder Kredit erhält. Nach diesem Urteil besteht eigentlich "kein berechtigtes Interesse" der Schufa mehr, Informationen über erledigte Schulden weiterhin zu speichern. Lohnt es sich jetzt, die Schufa zu verklagen? Und läutet das Urteil aus Köln eine neue Praxis bei der Löschung von Alteinträgen ein? 

Zu früh gefreut: Schufa zieht vor das oberste Zivilgericht

Der "Sparfochs" Frank Ochse von der Bild-Zeitung feiert das Urteil gegen die Schufa beim OLG Köln als ein "spektakuläres Urteil", als "großartige Nachricht" und sprach von "weitreichenden Auswirkungen". Für alle, die in den Fängen des Schufa-Scores festhängen und Schwierigkeiten haben, einen Kredit, einen Handyvertrag oder eine Wohnung zu bekommen, gibt es also Hoffnung. Doch Frank Ochse hat sich zu früh gefreut: Die Entscheidung des OLG Köln hätte ein Meilenstein sein können, wenn das OLG München nicht einen Tag später genau das Gegenteil entschieden hätte. Und: Die Schufa geht gegen das Urteil in Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.

Schufa-Vorstand Ole Schröder erklärte gegenüber dem Handelsblatt, die Wirtschaftsauskunftei werde Revision gegen das Urteil des OLG Köln beim BGH einlegen: "Das Urteil widerspricht der von den Datenschutzaufsichtsbehörden genehmigten Regelung und weicht von der bisherigen Rechtsprechung ab", so Schröder. In einer Pressemitteilung weist die Schufa darauf hin, dass es mittlerweile 180 Urteile gibt, die die existierende dreijährige Speicherfrist von erledigten Negativeinträgen bestätigen.

Die Wirtschaftsauskunftei argumentiert: Eine kürzere oder die komplette Streichung der Speicherfrist wäre von Nachteil für Verbraucherinnen und Verbraucher und die deutsche Wirtschaft. Schließlich würden die Zinsen steigen, weil die höheren Risikokosten auf die Kunden umzulegen sind. Statistiken belegen, so die Schufa, dass Personen, die in den vergangenen drei Jahren eine erledigte Zahlungsstörung hatten, ein zehnfach höheres Risiko aufweisen, erneut ihren Zahlungspflichten nicht nachzukommen. 

Oberlandesgericht in München entscheidet das genau das Gegenteil

Nur einen Tag nach Verkündung des Urteils des OLG Köln hat eine Entscheidung des OLG München erneut die Speicherfrist von 36 Monaten bestätigt (Urteil vom 11.04.2025, Az.: 14 U 3590/24). Der Kläger wollte erreichen, dass die verklagte Wirtschaftsauskunftei zwei Einträge über erledigte Zahlungsausfälle vorzeitig löscht. Die Einträge betrafen zwei Kreditverträge, bei denen er die Ratenzahlungen eingestellt hatte und erst später sein Schuldenkonto ausglich. Durch die gespeicherten Einträge hatte der Kläger Schwierigkeiten, neue Kredite und Finanzierungen zu erhalten.

Das OLG München wies die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil zurück. Die Auskunftei darf die Einträge drei Jahre nach Tilgung speichern. Der Kläger habe keinen Anspruch auf vorzeitige Löschung oder Neuberechnung seines Basis-Scores. Die Speicherung der Daten über einen Zeitraum von drei Jahren sei erforderlich. Eine frühere Löschung komme nicht in Betracht, da sonst die Gefahr bestehe, dass ein falscher, weil zu positiver Eindruck erweckt werde.

Das Interesse der Auskunftei und ihrer Vertragspartner an einer zuverlässigen Bonitätsprüfung sei höher zu bewerten als das Interesse des Klägers an einer schnelleren Löschung. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass Eintragungen in einem amtlichen Schuldnerverzeichnis nach sechs Monaten gelöscht werden. Denn diese Regelungen seien auf private Wirtschaftsauskunfteien nicht übertragbar. Man darf gespannt sein, wie der BGH sich letztlich entscheidet.

Wie funktioniert der Schufa-Bonitätsscore?

Der Bonitätsscore der Schufa ist eine statistische Zahlungsprognose über den Schuldner. Wie wahrscheinlich ist es, dass Verträge erfüllt werden, also beispielsweise geliehenes Geld in Form eines Kredits pünktlich zurückbezahlt oder eine Rechnung beglichen wird? Je höher ein Score ist, desto besser die Zahlungswahrscheinlichkeit. Und: Je höher der Schufa-Score, desto besser ist deine Chance, einen Kredit zu bekommen. Folgende Risiken verbinden sich mit den Score-Werten:

  • Höher als 97,5 %: sehr geringes Risiko
  • 95 bis 97,5 %: geringes bis überschaubares Risiko
  • 90 bis 95 %: zufriedenstellendes bis erhöhtes Risiko
  • 80 bis 90 %: deutlich erhöhtes bis hohes Risiko
  • 50 bis 80 %: sehr hohes Risiko
  • niedriger als 50 %: kritisches Risiko

Die Schufa hat bonitätsrelevante Informationen für rund 68 Millionen Personen gespeichert. Unternehmen dürfen auf Basis eines sogenannten berechtigten Interesses Bonitätsinformationen zu einer Person bei der Schufa abfragen. Ein berechtigtes Interesse besteht immer dann, wenn Unternehmen in Vorleistung gehen. Das sind Geschäfte, bei denen Kunden die Waren oder Dienstleistungen vor der Bezahlung in Form eines Kredits zur Verfügung gestellt bekommen. 

Was wirkt sich positiv oder negativ auf den Schufa-Score aus?

Den einen Schufa-Score gibt es nicht. Stattdessen gibt es sechs branchenspezifische Scores für Banken, Sparkassen, Genossenschaftsbanken, Telekommunikation, Handel und den Versandhandel/E-Commerce. Zudem gibt es noch einen spezifischen Score für Immobilienkredite. Der Schufa-Basis-Score ist ein branchenübergreifender Orientierungswert. In ihn und in den für dich abrufbaren Score-Simulator fließen folgende Aussagen ein:

  • Zeitraum von Girokonten
  • Nutzung von Kreditkarten
  • Ratenkredite und deren Anzahl
  • Immobilienkredite
  • Onlinekauf auf Rechnung innerhalb der letzten 12 Monate als Neukunde
  • Alter der Anschrift: Wann zum letzten Mal umgezogen?
  • Zahlungsausfälle

Der Schufa-Score wird auf der Grundlage gesammelter positiver und negativer Einträge berechnet. Folgendes wirkt sich positiv aus: zuverlässiges Zahlungsverhalten, schnelle Rückzahlungen, wenige Verträge und Verträge mit langen Laufzeiten. Negativ wirken sich aus: verspätete Zahlungen von Rechnungen, Insolvenz- oder Mahnverfahren, Haftbefehle und häufige Kredit- und Finanzierungsanfragen. Du kannst deine Schufa-Daten kostenlos als Datenkopie nach Art. 15 DSGVO oder als Schufa-Basisscore anfordern.