Bei einer Podiumsdiskussion des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) hat Monika Schnitzer, Wirtschaftswissenschaftlerin und Hochschullehrerin an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München und Chefin der Wirtschaftsweisen, mal ebenso die Abschaffung der Witwenrente ins Spiel gebracht. Für die Streichung nannte sie laut dem Nachrichtenmagazin SPIEGEL vor allem ein Argument: Die jetzige Regelung der Witwenrente liefere keine Anreize, um eine eigene Beschäftigung aufzunehmen.

Das sei angesichts des Mangels an Arbeitskräften das völlig falsche Signal. Anstatt auf die Versorgung durch die Witwenrente zu vertrauen, sollte vielmehr der Wunsch nach eigenen langen Beschäftigungszeiten entstehen. Schnitzer verwies auf das bereits bestehende Modell des Rentensplittings, das zukünftig die Witwenrente ersetzen solle. Rentensplitting, was ist das? Die große Mehrheit der Bürger*innen hat davon bisher nichts gehört. 

Rentensplitting nutzen bislang nur wenige

Wie viele Versicherte das Rentensplitting nutzen, weiß selbst die Deutsche Rentenversicherung (DRV) nicht. Auf eine entsprechende Anfrage von inFranken.de schreibt die DRV-Pressestelle: "Zum Rentensplitting liegen keine statistischen Erhebungen vor." Nach dem Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition soll das Rentensplitting aber mehr ins Bewusstsein der Bürger*innen rücken. So soll die DRV im Rahmen der jährlichen Renteninformation auf diese Möglichkeit hinweisen. Außerdem gibt es die Überlegung in der Koalition, das Rentensplitting für unverheiratete Paare zu ermöglichen. 

Die offenbar geringe Zahl von Splitting-Fällen ergibt sich nicht zuletzt durch die sehr restriktiven Bedingungen der Regelung. Wer das Rentensplitting nutzen will, muss Folgendes erfüllen: Es können sich nur Eheleute für das Teilmodell entscheiden, deren Partnerschaft nach 2001 geschlossen oder wenn beide nach dem 1. Januar 1962 geboren sind. Darüber hinaus musst du und dein*e Partner*in jeweils mindestens 25 Jahre rentenrechtliche Zeiten auf dem Versicherungskonto haben. "Dazu muss Ihr Erwerbsleben abgeschlossen sein. Das bedeutet, dass Sie erstmals Anspruch auf eine volle Altersrente haben oder Ihre Partnerin oder Ihr Partner erstmals Anspruch auf eine volle Altersrente hat. Die Partnerin oder der Partner ohne Anspruch muss die Regelaltersgrenze erreicht haben", heißt es bei der DRV

Das Renten­splitting ist im Normalfall frühestens sechs Monate vor Eintritt in die Alters­rente zu beantragen. Wenn nur ein*e Partner*in Rente bezieht, muss der oder die andere die Regel­alters­grenze erreicht haben. Die Entscheidung über das Renten­splitting kann allerdings auch noch später fallen – etwa, falls absehbar ist, dass ein*e Ehepartner*in stirbt. In jedem Fall geht es nur um die Rentenpunkte, die während der Zeit der Partnerschaft angefallen sind.

So funktioniert die Rententeilung

Der Kerngedanke des Rentensplittings ist: Ein*e Ehepartner*in mit einer zu erwartenden höheren Rente kann dem oder der anderen Rentenpunkte abgeben. Ein Rechenbeispiel für die alten Bundesländer zeigt, wie sich ein Rentensplitting mit den seit Juli 2023 geltenden Werten auswirkt. Seit diesem Zeitpunkt liegt der Wert eines rentenrelevanten Entgeltpunktes (EP, oft "Rentenpunkt" genannt) bei monatlich 37,60 Euro. Hintergrund: Ein EP drückt die Höhe der monatlichen Altersrente für jemanden aus, der ein Jahr lang durchschnittlich verdient und dafür Rentenbeiträge gezahlt hat. Wer genau in Höhe des durchschnittlichen Entgeltes aller Rentenversicherungspflichtigen verdient, bekommt einen vollen Rentenpunkt. Im Jahr 2023 liegt das Durchschnittsentgelt bei 43.142 Euro (vorläufig geschätzt). Ein voller Rentenpunkt bringt seit 1. Juli 2023 monatlich 37,60 Euro Rente in allen Bundesländern.

Zurück zum Rechenbeispiel: Ein Mann hat während der Ehe/Partnerschaft 30 Rentenpunkte auf dem Konto gesammelt. Die Ehefrau/Lebenspartnerin kümmerte sich in der Ehe hauptsächlich um Haushalt und Kinder, war nur teilweise berufstätig und hat lediglich sechs Entgeltpunkte auf dem Rentenkonto angesammelt. Gemeinsam hat das Paar während der Ehe also 36 Rentenpunkte erworben. Diese werden durch zwei geteilt, sodass jede*r Partner*in die Hälfte bekommt, also 18 Punkte.

Der Mann muss durch das Rentensplitting zwölf Rentenpunkte an seine Partnerin abgeben. Mit den zwölf Rentenpunkten ihres Mannes besitzt die Frau/Partnerin nun 18 Entgeltpunkte, genau so viele wie der Mann. Das bedeutet: Die gesamte Altersrente beider Partner*innen ist auf beide je zur Hälfte aufgeteilt. Damit erhält jede*r der beiden 648,36 Euro Bruttorente. Dazu ist jeder EP mit 37,60 Euro multipliziert. Die Frau/Partnerin hat in diesem Beispiel ihre Altersrente deutlich erhöht, der Mann hingegen auf einen Teil seiner erworbenen Rentenansprüche verzichtet. Das Rentensplitting lohnt sich übrigens nur in bestimmten Fällen – und will vor der Beantragung gründlich überlegt sein. Übrigens: Bei einer Ehescheidung rechnet das Familiengericht den sogenannten Versorgungsausgleich in gleicher Form aus. In diesem Fall passiert das nicht aber freiwillig, sondern ist Teil des Procederes bei einer Trennung.

Für wen lohnt sich das Rentensplitting?

Letztlich geht es beim Vergleich Witwenrente einerseits und Rentensplitting andererseits um die Frage: Wodurch gibt es die höchste Rente? Zur Witwenrente haben wir bei inFranken.de ausführlich informiert. Meist ist der Bezug der Witwenrente finanziell güns­tiger, doch das Splitting kann sich im Einzel­fall zum Beispiel dann lohnen, wenn die hinterbliebene Person selbst so gut verdient, dass sie kaum Witwenrente erwarten kann. "Das Rentensplitting kann sich vor allem für eine überlebende Partnerin oder einen überlebenden Partner lohnen, die oder der während der Zeit der Ehe oder der Partnerschaft weniger Rentenanwartschaften ansammeln konnte. Sie profitieren, weil sie durch das Rentensplitting einen höheren Rentenanspruch erhalten, der auch bei einer Wiederheirat bestehen bleibt", schreibt die DRV in ihren ausführlichen Informationen zum Rentensplitting.

Es lohnt sich vor allem dann, wenn du bereits eine eigene Rente beziehst und ein hohes eigenes Einkommen hast, sodass eine Witwenrente entfällt; beispielsweise, wenn du durch eine gut vermietete Wohnung Einkünfte erzielst. Diese Einnahmen rechnet die DRV in einem kompliziertem Verfahren auf die Witwenrente an. Eine Splitting-Rente bleibt dagegen in voller Höhe erhalten. Falls du wieder heiratest oder eine neue Lebenspartnerschaft begründest, entfällt die Witwenrente. Die Rente aus dem Rentensplitting bleibt dagegen voll erhalten. Wenn du dich gegen das Rentensplitting entscheidest, kannst du stattdessen die Rentenabfindung wegen Wiederheirat beantragen. Dann erhältst du eine Einmalzahlung. In diesem Fall ist es möglich, die Hinterbliebenenrente erneut zu beantragen, wenn die neue Ehe oder Partnerschaft enden sollte.

Ein Rentensplitting ist verbindlich. Das heißt: Nach Abgabe einer gemeinsamen Erklärung für ein Splitting gibt es keine Möglichkeit mehr, nach dem Tod der Partnerin oder des Partners statt des Rentensplittings eine Witwenrente zu bekommen. Wer sich für das Rentensplitting interessiert, sollte sich von der DRV beraten lassen.