In Deutschland ist der Grad der Behinderung (GdB) mehr als nur eine Zahl. Es hat konkrete Auswirkungen, mit einem GdB von 30 oder gar 50 zu leben. Einschränkungen ergeben sich und viele Menschen leiden unter ihren Beeinträchtigungen. Aber so richtig sichtbar sind Behinderung bei einem GdB von 30 nicht unbedingt. Rechtlich und sozial anerkannt als Schwerbehinderte bist du damit jedenfalls nicht. Und einen Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen, der dich berechtigt, auf einem Behindertenparkplatz das Auto abzustellen, hast du auch nicht. Aber darfst du mit einem GdB von 30 wenigstens früher in die Rente gehen?

Grad der Behinderung von 30 reicht nicht für eine Schwerbehindertenrente

Der Sozialverband Deutschland räumt mit dem weit verbreiteten Irrtum auf, dass du mit einem GdB von 30 früher in die Altersrente gehen kannst. Nein, und selbst eine Gleichstellung berechtigt dich dazu nicht, "Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu beziehen. Dafür ist weiterhin ein GdB von 50, also der Schwerbehindertenstatus, notwendig. Sie erhalten auch keinen zusätzlichen Urlaub."

Das betont auch die Deutsche Rentenversicherung (DRV), wenn sie klipp und klar sagt: "Als schwerbehinderter Mensch muss ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegen. Ob eine Schwerbehinderung vorliegt, wird durch das Versorgungsamt festgestellt. Als Nachweis dient beispielsweise der Schwerbehindertenausweis." Hinzu kommen für die Rente weitere Bedingungen: Du musst das maßgebende Alter erreichen (die Altersgrenze für eine abschlagsfreie Rente bei Schwerbehinderung liegt bei 65 Jahren) und die Mindestversicherungszeit (wird auch Wartezeit genannt) von 35 Jahren erfüllt haben. 

Wichtig ist außerdem: Durch einen neuen Bescheid kann das prüfende und den Schwerbehindertenausweis ausstellende Versorgungsamt den GdB ändern (zum Beispiel von GdB 50 auf GdB 30). Entscheidend ist, dass die Schwerbehinderung mit dem GdB von 50 zum Rentenbeginn vorliegt, betont die DRV. Ein späterer Wegfall der Schwerbehinderung ist für den Rentenanspruch ohne Bedeutung.

In jedem Fall: Einen Antrag beim Versorgungsamt stellen

Hat ein GdB 30 dann überhaupt eine praktische Bedeutung? Er bringt bei der Rente jedenfalls keine Vorteile, den Behindertenparkplatz darfst du nicht nutzen und Sonderurlaub gibt es auch nicht. Aber: Nachhaltige negative Veränderungen deiner Gesundheit sollten immer dazu führen, dass du dem Rat deines Arztes folgst und einen Antrag auf Feststellung und Anerkennung einer Behinderung bei deinem zuständigen Versorgungsamt stellst (Antrag auf Feststellung und Anerkennung einer Behinderung nach dem Schwerbehindertenrecht).

Die Anschriften deines Versorgungsamts beziehungsweise der entsprechenden Be­hö­rde kannst du im Internet finden (im Auswahlmenü 'Versorgungsamt' eingeben). Bei Antragstellung ist unklar, welcher GdB am Ende des Tages bei deinem Antrag herauskommt.

Das Versorgungsamt prüft deine Unterlagen. Es kann sein, dass es zusätzliche Gutachten der behandelnden Ärztinnen und Ärzte einholt. Auf der Grundlage aller Informationen erlässt das Versorgungsamt den wichtigen Feststellungsbescheid mit dem GdB.

Bescheid ist anfechtbar und das mit guten Erfolgsaussichten

Je nach Ausmaß der Beeinträchtigungen wird der GdB zwischen 20 und 100 festgesetzt. Das passiert auf einer zehnstufigen Skala. Beträgt der GdB 50 und mehr, liegt eine Schwerbehinderung vor. In diesem Fall stellt das Versorgungsamt einen Schwerbehindertenausweis und Merkzeichen aus. 

Den Bescheid kannst du natürlich anfechten (dafür hast du einen Monat Zeit), ist aber erfahrungsgemäß nicht ganz einfach und fordert viel Durchhaltevermögen. Die Erfolgschancen stehen aber nicht schlecht, wie viele Sozialanwälte bestätigen. Außerdem kannst du den GdB zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal überprüfen lassen.

Es gibt keine Schwerbehinderung, die zeitlich befristet ist. Das Gesetz (SGB IX) ist da eindeutig, wird aber gerne missverstanden, denn entweder hast du eine oder mehrere Behinderungen, aufgrund derer dir ein Gesamt-GdB 50 oder mehr zusteht, oder eben nicht. Anders beim Schwerbehindertenausweis – der kann befristet sein. Das ergibt sich aus  § 152 Abs. 5 SGB IX. Am Ende dieser Vorschrift heißt es: "Die Gültigkeitsdauer des Ausweises soll befristet werden."

Welche Vorteile hat die Gleichstellung?

Aus der Festlegung des GdB 30 ergibt sich ein steuerlicher Vorteil. So kannst du in deiner Steuererklärung laut § 33b Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) einen Pauschbetrag in Höhe von 620 Euro (Stand: 2025) geltend machen. Du bist grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, die Anerkennung von einem GdB von 30 deinem Arbeitgeber zu melden. Willst du allerdings am Arbeitsplatz von möglichen Vorteilen profitieren, ist es notwendig, den Arbeitgeber/Vorgesetzten zu informieren.

Es gibt die Möglichkeit, deinen GdB von 30 oder 40 mit einer Schwerbehinderung gleichzusetzen, um weitere Vergünstigungen zu erhalten. Einen entsprechenden Antrag auf Gleichstellung kannst du bei der Agentur für Arbeit stellen. Aussicht auf Erfolg hat ein solches Vorgehen immer dann, wenn du aufgrund der Behinderung Schwierigkeiten hast, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden oder zu behalten. Dies ist der Kern der Idee des Gleichstellungskonzepts. 

Um die Schwierigkeiten bei der Arbeit nachzuweisen, können verschiedene Dokumente hilfreich sein: ärztliche Gutachten, die die Auswirkungen der Behinderung auf die Arbeitsfähigkeit beschreiben, Stellungnahmen von Arbeitgebern und eine Dokumentation von erfolglosen Bewerbungen, die auf die Behinderung zurückzuführen sind.

Der besondere Kündigungsschutz bei der Gleichstellung

Im Wesentlichen ist die Gleichstellung mit drei Vorteilen verbunden. Alle Punkte stehen im Zusammenhang mit deinem Berufsleben:

  • Erweiterter Kündigungsschutz,
  • Unterstützung bei der Ausstattung des Arbeitsplatzes,
  • Lohnkostenzuschüsse.

Hat dein Arbeitgeber vor, dich zu kündigen, ist nach einer Gleichstellung immer das Integrationsamt einzubeziehen und anzuhören. Die staatliche Behörde wird versuchen, deinen Arbeitsplatz zu erhalten, beispielsweise durch einen Wechsel in eine andere Abteilung oder durch die Anschaffung einer besonderen Software, damit du vielleicht häufiger von zu Hause aus arbeiten kannst.

Die Intervention des Integrationsamtes führt nicht immer dazu, dass dein Job zu retten ist. Liegen die Gründe für eine Kündigung im persönlichen Bereich, kann das Integrationsamt nichts ausrichten. Auch wenn die Kündigung betriebsbedingt ist (und zwar für den Fall, dass der Betrieb in die Insolvenz geht), ist der GdB von 30 und eine Gleichstellung nutzlos.

Grad der Behinderung von 30 kann für Hilfsmittel am Arbeitsplatz und Entgeltzuschüsse sorgen

Deine Erkrankung hindert dich eventuell daran, bestimmte Aufgaben im Betrieb auszuführen. Auch in diesem Fall hilft eine Gleichstellung. Wenn etwa ein Programm für deinen Rechner hilft oder besondere Werkzeuge in der Produktion nötig sind – dann können die Kosten dafür vom Integrationsamt übernommen werden. Das Ziel ist immer gleich: Dein Arbeitsplatz abzusichern. 

Die Bundesagentur für Arbeit und das Jobcenter haben Instrumente, Menschen mit besonders schwierigen Voraussetzungen bei der Jobsuche zu unterstützen. Unterstützungsmaßnahmen können Fortbildungen oder Schulungen sein, sehr häufig ist es ein Lohnkostenzuschuss für den Arbeitgeber. In manchen Fällen, wenn du schon länger als ein Jahr arbeitslos bist, zahlt das Jobcenter sogar statt dem Arbeitgeber 100 % deines Entgelts.

Auch mit einer Gleichstellung erhältst du aber mit einem GdB von 30 keinen Zusatzurlaub. Ebenso fällt die kostenlose Beförderung mit Bus und Bahn oder ein vorzeitiger Renteneintritt ins Wasser. Die Beispiele zeigen allerdings: Der GdB von 30 verschafft dir durchaus einige Vorteile, wenn dein Antrag auf Gleichstellung erfolgreich beschieden wird.