Immer neue Zahlen. Immer wieder sorgen sie für heftige Reaktionen. Die Zukunft der Rente bleibt für die Bundesregierung eines der ganz großen Probleme. Jetzt hat die Bundesregierung auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Dietmar Bartsch weitere wenig erfreuliche Daten veröffentlicht. 

In der Antwort, die der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt, heißt es, dass jeder fünfte Vollzeitbeschäftigte in Deutschland weniger als 2.750 Euro brutto im Monat verdient. Zuletzt waren das demnach 4,6 Millionen Menschen. Das Ganze hat Folgen für die Rente der Betroffenen.

Voll im Job und dennoch von Armut bedroht

Laut der Linken braucht es einen Monatsbruttolohn von mehr als rund 3.300 Euro – rund 20 Euro pro Stunde, um eine gesetzliche Rente auf dem Niveau der Armutsrisiko-Schwelle zu erhalten. Andere Formen der Altersvorsorge seien dabei nicht berücksichtigt.

Nimmt man die Ergebnisse des Statistischen Bundesamtes hinzu, dann galt man in Deutschland zuletzt als armutsgefährdet, wenn man mit dem Nettoeinkommen unter 1.378 Euro im Monat lag. Laut Amt sind das 15,5 Prozent – rund 13,1 Millionen Menschen. Rentner sind dem Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbands zufolge mit 19 Prozent überproportional davon betroffen. Bartsch kritisiert die Bundesregierung dafür, dass es für die Menschen eine Herausforderung sei, "bei teils horrenden Mietkosten und gestiegenen Preisen für Lebensmittel und Energie", die zwingenden Kosten des Alltags zu stemmen.

Obwohl, so erklärt er weiter, Deutschland aus Sicht der Industrie manchmal als "Hochlohnland" bezeichnet werde. Für eine geleistete Arbeitsstunde hätten Unternehmen vergangenes Jahr im Schnitt 43,40 Euro an Bruttoverdiensten und Lohnnebenkosten gezahlt. Bartsch: "Eine politische und soziale Unverschämtheit ist es, dass genau diejenigen die Armutsrentner von morgen sein werden. Löhne unter 3.500 Euro sind faktisch eine Garantie für Renten auf Armutsniveau."

Zahlen zur Rente sind erschreckend

Im April dieses Jahres hatte Bayern bereits, stellvertretend für ein ganzes Land, für erschreckende Zahlen gesorgt. "Mini-Renten zum Teil auch nach 45 Versicherungsjahren" – so lautete der Einstieg des Deutschen Gewerkschaftsbundes Bayern bei der Veröffentlichung des Renten-Reports 2025.

Mit der Tafel Bayern und dem Sozialverband VdK Bayern hatte sich inFranken.de ausführlich über die Situation, Zahlen und möglichen Veränderungen unterhalten. Peter Zilles, Vorsitzender Tafel Bayern machte dabei deutlich: "Die Altersarmut über die wir hier reden ist ja kein neues Problem. Man wusste es seit über 20 Jahren. Es wird kommen, wenn es keine Renten-Reform gibt, die hat es nicht gegeben, nicht so wie man es benötigt hätte."

Zu den Renten hatte Bartsch bereits Anfang Juli eine entsprechende Anfrage gestellt. Unter anderem zeigte sich dabei, dass im Westen die durchschnittliche Rente nach 45 Jahren bei 1.729, im Osten bei 1.527 Euro liegt. Der Linken-Politiker kommentierte die Angaben mit: "Wenn jeder vierte Rentner nach 45 Jahren Arbeit mit weniger als 1300 Euro Rente auskommen muss, ist das ein Armutszeugnis für die Politik, einer offensichtlich verkehrten Rentenpolitik."

Kritik am Umgang mit dem Mindestlohn

Für Dietmar Bartsch ist der Umgang der Bundesregierung mit dem Thema Mindestlohn eines der großen Probleme. Demnach würde man sich weigern einen Mindestlohn von 15 Euro, als unterste Lohngrenze festzuschreiben. Dies würde dem Lohnniveau insgesamt schaden. 

Hintergrund: Die Regierung möchte die anstehende Mindestlohnerhöhung nicht per Gesetz bestimmen. Wie im Koalitionsvertrag festgehalten, hat sich die dafür zuständige Mindestlohnkommission mit Spitzenvertretern der Gewerkschaften und der Arbeitgeber damit beschäftigt.

Es wurde beschlossen, dass der Mindestlohn in Deutschland zum 1. Januar 2027 in zwei Stufen auf 14,60 Euro pro Stunde steigt, Anfang kommenden Jahres von heute 12,82 auf 13,90 Euro. Die Regierung will die Empfehlung umsetzen.

Gewerkschaftsbund sieht Probleme bei den Arbeitgebern

Auch beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) hat man auf Anfrage von inFranken.de zu den Problemen geäußert. Florian Moritz, Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik beim DGB-Bundesvorstand erklärt: "Insbesondere die hohe Inflation der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass die Reallöhne kaum über dem Niveau der Vor-Corona-Zeit liegen. Hier herrscht also großes Aufholpotential."

Moritz sieht das "Kernproblem" darin, "dass sich immer mehr Arbeitgeber weigern, Tarifverträge abzuschließen". Die Tarifflucht der Arbeitgeber hätte demnach zur Folge, "dass die Beschäftigten hierzulande insgesamt etwa 60 Milliarden Euro jährlich weniger im Geldbeutel haben – was sich entsprechend negativ auf die Sozialbeiträge und die späteren Renten auswirkt".

Moritz: "Auch deshalb muss die Bundesregierung endlich Maßnahmen ergreifen, um die Tarifbindung zu stärken. Durch die EU-Mindestlohn-Richtlinie ist sie sogar dazu verpflichtet, mit einem nationalen Aktionsplan passende Instrumente zu entwickeln, um Tarifverhandlungen zu fördern."

Der DGB-Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik weist darauf hin, dass der gesetzliche Mindestlohn "lediglich die unterste Haltelinie" sei. Moritz: "Mit den anstehenden Erhöhungen des Mindestlohns in den kommenden beiden Jahren nähert sich Deutschland den 60 Prozent des Medianlohns, die gemeinhin als Schwelle für einen armutsfesten Lohn gelten."