- Überblick über die derzeitige Lage
- Vorschlag Lindners
- Fazit
Bundesfinanzminister Christian Lindner plant Steuererleichterungen für Geringverdienende - aber auch für die "arbeitende Mitte". Doch wie sollen die Entlastungen aussehen - und wie viel bringen sie einem wirklich?
Das musst du über die derzeitige Lage wissen
Für Bürger*innen in Deutschland wird es zunehmend schwieriger, die stetig steigenden Preise zu bezahlen. Die Verbraucherpreise für Lebensmittel sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes um ganze +14,8 % gestiegen, jene für Energie sogar um +35,7 %. Insgesamt lag die Inflationsrate bei +7,5 %.
Lindner möchte nun finanziell diejenigen entlasten, die zu den Geringverdiener*innen gehören. Denn ihnen wird das Bezahlen aller Waren, Dienstleistungen sowie laufender Verträge, wie die Miete aufgrund der steigenden Energiepreise und der Inflation, nahezu unmöglich.
Dafür ist es zunächst einmal wichtig zu wissen, wer überhaupt als sogenannte*r Geringverdiener*in gilt. Allgemein sind Geringverdiener*innen jene "Beschäftigten, die Vollzeit arbeiten und dennoch nur einen sehr geringen Lohn im Monat erhalten." Betroffen sind einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zufolge ganze 18,7 % der Vollzeitbeschäftigten in Deutschland. Das Bruttoentgelt liegt bei diesen Personen bei unter 2284 Euro monatlich.
Entlastung der Bürger*innen: Aktuelle Vorschläge
Ziel Lindners ist es allerdings nicht nur, Geringverdiener*innen zu entlasten, sondern auch die sogenannte "arbeitende Mitte". Um dieses Ziel zu verwirklichen, hat er eine Steuersenkung für das nächste Jahr in Aussicht gestellt. Sein Ziel ist, eine sogenannte kalte Progression zu verhindern. Diesen Begriff beschreibt das Bundesfinanzministerium als eine Art schleichende Steuererhöhung, bei welcher eine Gehaltserhöhung vollkommen von der Inflation aufgefressen wird, aber dennoch höher besteuert werden muss. De facto steht dir dann trotz höherem Gehalt weniger Geld zur Verfügung.
Die Bundesbank schätzt, dass sich der Umfang der kalten Progression sich in diesem Jahr insgesamt auf circa 13,5 Milliarden Euro beläuft. Ein Ausgleich dieses Effektes wurde in den vergangenen Jahren dadurch geschaffen, dass der Steuertarif regelmäßig angepasst wurde. Verglichen mit den letzten Jahren handelt es sich in diesem Jahr aufgrund der sehr hohen Inflationsrate um weitaus höhere Beträge, die ausgeglichen werden müssten. Mit diesem Fakt argumentieren beispielsweise die Grünen, deren Sprecher für Haushaltspolitik den Abbau der kalten Progression als sozial ungerecht und teuer für den Haushalt des Staates bezeichnete. Lindner hingegen positioniert sich anders: Er sehe für das Jahr 2023 unter anderem einen höheren Grundfreibetrag und einen fairen Tarif der Lohn- und Einkommensteuer vor. All dies sei seiner Beurteilung nach vereinbar mit der Schuldenbremse und gerade deshalb wichtig, da der Staat in Zeiten der Inflation diese nicht auch noch vorantreiben dürfe. Wird der Grundfreibetrag von 10.347 Euro auf 10.632 Euro angehoben, bedeutet dies beispielsweise für Geringverdiener*innen mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1.200 Euro eine Entlastung um circa 54 Euro im Jahr.
Wiederum anders positionierte sich die SPD-Chefin Saskia Esken. Sie vermutet, dass eine Rückkehr zu Schuldenbremse im Jahr 2023 nicht möglich sein wird. Dabei betont sie, dass die Corona-Krise noch nicht überwunden sei; zudem stelle nun der Ukraine-Krieg eine weitere Krise dar. Demzufolge fordert Esken eine Übergewinnsteuer für derzeit besonders ertragreiche Unternehmen. Lindner sprach sich gegen eine solche Steuer aus, da hohe Gewinne in Deutschland momentan besonders bei Unternehmen, die Impfstoffe herstellen und jenen, die Solar- und Windenergie produzieren, anfallen würden. In beiden Bereichen ist es für den Staat von besonderem Interesse, dass diese Unternehmen erzielte Gewinne einsetzen und weiter investieren können. Im Steuerrecht festgelegt gibt es zudem nur den Begriff "Gewinn", den des "Übergewinns" hingegen nicht. Würde dieser eingeführt werden, könnte es nach Lindner zu dem Schein einer Beliebigkeit im Steuersystem kommen.
Fazit
Mit der Abschaffung der kalten Progression können laut dem Bundesfinanzminister nicht nur Geringverdiener*innen, sondern auch die "arbeitende Mitte" entlastet werden. Von einem solchen Ausgleich profitieren alle Menschen, die Einkommensteuer zahlen. In Deutschland sind dies 48 Mio. Bürgerinnen*innen. Wie genau die Entlastung final aussehen wird, ist derzeit noch nicht konkretisiert worden; die Chancen, dass eine Steuersenkung 2023 umgesetzt wird, stehen jedoch hoch.