Das Sparpaket für die Krankenkassen ist gestoppt worden. Jetzt droht die Bremse bei den Beiträgen komplett zu fallen. Experten sprechen von "deutlichen Anhebungen". Die Kassen machen damit weiter Druck auf die Bundesregierung. Und auch an anderer Stelle wird es immer ungemütlicher für die Regierung.
Nachdem bereits im September durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen GKV angekündigt wurde, dass man Zahlungen einklagen werde, folgen jetzt entsprechende Maßnahmen. Der Vorstandsvorsitzende der Krankenkasse DAK-Gesundheit, Andreas Storm, hat gegenüber der Bild-Zeitung angekündigt, dass man am Montag, 1. Dezember Klage gegen den Bund einreichen werde.
Klage der Krankenkassen bereits seit Sommer 2025 in Vorbereitung
Es geht dabei um die entstandenen Kosten von Bürgergeldempfängern. Laut Storm wäre der Beitrag für Versicherte geringer, würde der Bund die Zahlungen übernehmen, die er eigentlich auch leisten müsste.
Im Sommer hatte der GKV-Vorstandsvorsitzende Oliver Blatt mit Nachdruck auf gravierende Versäumnisse des Staates hingewiesen. Unterstützung erhielt er dabei durch Jens Baas. Der Chef der Techniker Krankenkasse (TK) attackierte die Merz-Regierung und erklärte, dass der Staat seine Rechnungen nicht zahlen würde. Es geht dabei um zehn Milliarden Euro.
Baas: "Das ist gesetzlich geregelt, dass es der Staat bezahlt und nicht der Beitragszahler. So, und wir machen das. Wir sind nett, wir machen das auch gut. Aber wir bekommen das Geld nicht zurück." Bereits im Juli 2025 hatte der GKV auf Nachfrage von inFranken.de auf den Umstand hingewiesen und "nachhaltige Strukturreformen" gefordert, "um die überbordende Kostenentwicklung in den Griff zu bekommen".
Spitzenverband der Krankenkassen mit Erklärung zum Start der Klagen
Zum Start der Klagewelle verweist der Spitzenverband auf Nachfrage auf ein offizielles Statement und erklärt ergänzend gegenüber inFranken.de: "Solche Klageverfahren ziehen sich in der Regel über mehrere Jahre. Insofern ist die Klage kurzfristig ein politisches Signal, aber im Ergebnis soll sie zu grundlegenden Änderungen bei der Finanzierung führen. Wenn der Staat uns beauftragt, an seiner Stelle etwas zu machen, dann muss er das auch angemessen gegenfinanzieren."
Klare Worte findet in dem Schreiben auch Dr. Susanne Wagenmann, Verwaltungsratsvorsitzende und Arbeitgebervertreterin: "Es geht hier nicht um Almosen oder Subventionen des Staates für die GKV – umgekehrt wird ein Schuh daraus: Die gesetzlichen Krankenkassen subventionieren hier den Staat, der sich durch die nicht annähernd kostendeckenden Beiträge für Bürgergeldbeziehende um rund 10 Mrd. Euro selbst entlastet und die GKV jedes Jahr auf diesem Betrag sitzen lässt. Das ist unfair den gesetzlich Versicherten und ihren Arbeitgebenden gegenüber und zudem wirtschaftspolitisch kontraproduktiv."
Auch Amtskollege Uwe Klemens lässt keinen Zweifel aufkommen, dass man es sehr ernst meint mit den Forderungen: "Immer und immer wieder haben wir die Politik auf die rechtswidrige Unterfinanzierung bei den Beiträgen für Bürgergeldbeziehende hingewiesen – und immer und immer wieder ist zwar viel versprochen, aber bis heute nichts eingehalten worden. Jetzt ist es genug."
Zuspruch durch Verband der Ersatzkassen: "Ein wichtiger Schritt ist getan"
Die Klagewelle findet auch beim Verband der Ersatzkassen (vdek) viel Zuspruch.
In einem offiziellen Statement dazu erklärt vdek-Vorsitzende Ulrike Elsner am Montag (1. Dezember 2025): "Ein wichtiger Schritt ist getan. Die Krankenkassen zeigen dem Bund gemeinsam die rote Karte. Seit Jahren werden die Kosten, die der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für die Gesundheitsversorgung Bürgergeldbeziehender entstehen, nur zu rund einem Drittel vom Bund ausgeglichen. Es fehlen etwa zehn Milliarden Euro jährlich, die von den beitragszahlenden Versicherten und Arbeitgebern aufgebracht werden müssen, obwohl dafür der Staat zuständig ist."
Der Verband weist in den Ausführungen auch noch einmal darauf hin, dass die Zusatzbeiträge unter den gegebenen Umständen im Jahr 2026 auf eine Rekordhöhe von 3,2 Prozent im Durchschnitt steigen könnten. Aktuell liegt er bei einem durchschnittlichen Wert von 2,9 Prozent. Elsner: "Wenn der Staat seiner Verantwortung nicht gerecht wird, bleibt uns nur der Rechtsweg." Jahrelange Versäumnisse müssten beendet und bereinigt werden, bevor der Staat gerichtlich dazu gezwungen werde."