Auch im neuen Jahr werden Beitragszahler nicht umhinkommen, erneut höhere Krankenkassenbeiträge zahlen zu müssen. "Die Drei-Prozent-Grenze wird unserer Einschätzung nach überschritten", erklärt die Vorstandsvorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (vdek) Ulrike Elsner vor wenigen Tagen. Derzeit liegt der Beitragssatz bei insgesamt 14,6 Prozent des Bruttolohns, jeweils zur Hälfte aufgeteilt auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Den Krankenkassen sollen plötzlich allerdings Milliarden an Euro fehlen; laut Prognosen bis ins Jahr 2027 rund 12 Milliarden Euro. Zudem wurde das geplante Sparpaket für die Kassen gestoppt. Experten rechnen deshalb sogar mit "deutlichen Anhebungen" bei den Beiträgen. 

Krankenkassen-Beiträge steigen und steigen: Wohin geht das ganze Geld?

Bereits im Sommer hatte der GKV-Vorstandsvorsitzende Oliver Blatt mit Nachdruck auf gravierende Versäumnisse des Staates hingewiesen. Unterstützung erhielt er dabei durch Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse (TK). Zudem fordern die Kassen eine "nachhaltige Strukturreform". Eine Frage beschäftigt Beitragszahler hier sehr: Wohin geht das ganze Geld? Haushalten die Kassen falsch oder sind die Menschen in Deutschland zu oft zu krank? 

Anfang Dezember stellte sich Bundeskanzler Friedrich Merz in der ARD-Arena eben genau dieser Publikums-Frage. Hier zeigt sich, dass Deutschland im Vergleich zu anderen OECD-Ländern eine überdurchschnittliche Quote bei Arztbesuchen aufweist. Deutschland hatte 2023 demnach 9,7 Arztbesuche pro Kopf und Jahr, der OECD-Schnitt liegt laut Angaben der Tagesschau bei 6,5. So ergeben sich bei etwa 83,5 Millionen Deutschen rund 810 Millionen Arztbesuche pro Jahr. 

Die höchsten Kosten mit etwa 11 Milliarden Euro fallen durch Krankenhausbehandlungen und -aufenthalte an. Neben stationären Behandlungen zählen hier auch Aufenthalte in der Geriatrie dazu, wo ältere Menschen behandelt werden, die zwar keine speziellen Krankheiten aufweisen, aber nicht mehr alleine zu Hause leben können. Dies dient meist als Zwischenschritt ins Pflegeheim. 

Gehen die Deutschen zu oft zum Arzt?

Mit circa 7 Milliarden Euro fallen laut focus.de Arztbesuche an. Dazu zählen Hausarztbesuche, aber auch Psychotherapien oder Behandlungen bei Fachärzten. Arzneimittel und Medikamente schlagen mit rund 6,6 Milliarden Euro zu Buche. Schlussendlich folgen Krankengeld und Zahnarztbesuche. 

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Neben den Ausgaben fallen bei den Kosten auch beitragsfreie Mitversicherungen von Kindern und Ehe- oder Lebenspartnern, die kein oder nur ein geringes Gehalt verdienen, ins Gewicht. Nach Angaben des BR sind 15,9 Millionen Menschen in Deutschland beitragsfrei mitversichert. Die restlichen 58,4 Millionen Versicherten zahlen für diese mit. 

Hier versucht der Bund seit 2004 mit anderen Steuermitteln, die an die Krankenkassen gehen, auszugleichen. Wo der Zuschuss einst mit einer Milliarde Euro begann, liegt er heute bei 14,5 Milliarden Euro. Kritik kommt seitens der Kassen: Der Zuschuss könnte die Kosten für Bürgergeldempfänger und arbeitslose Menschen nicht decken.

Kosten für Bürgergeldempfänger durch staatlichen Zuschuss nicht gedeckt

Hier zahlt der Staat pro Person 133 Euro monatlich. Dieser Beitrag sei laut Techniker Krankenkasse allerdings viel zu gering und decke nur etwa ein Drittel der Kosten ab. So entsteht den Kassen jährlich ein Defizit von zehn Milliarden Euro. Aufgrund dessen folgen nun Klagen der Krankenkassen gegen die Bundesregierung. 

Alles in allem sind es verschiedene Punkte, die den Krankenkassen finanziell zu schaffen machen. Wobei nicht zu vergessen ist, dass es sich bei dem Defizit um eine Lücke in den Rücklagen handelt.

Am Ende des ersten Halbjahres 2025 konnten die Kassen 4,6 Milliarden Euro an Rücklagen bilden. Das stellt eine Reserve von 0,16 Monatsausgaben dar; gesetzlich sind Krankenkassen dazu verpflichtet, 0,2 Monatsausgaben als Reserve vorweisen zu können. 

Krankenkassen entlasten und Gesundheit eigenverantwortlich stärken? 

Betrachtet man unsere Gesellschaft, wird diese nicht nur zunehmend älter, sondern auch zunehmend ungesünder. Eine Studie des Robert-Koch-Instituts, die dem Bundesministerium für Gesundheit vorliegt, zeigt, dass rund 10 Prozent aller Kinder und Jugendlichen im Alter von 3 bis 17 Jahren übergewichtig, und rund 6 Prozent sogar adipös, also krankhaft fettleibig, sind. 

Betrachtet man die Erwachsenen in Deutschland, sind die Zahlen noch erschreckender. Rund 47 Prozent aller Frauen und 60,5 Prozent aller Männer hierzulande sind übergewichtig oder gar adipös. Zahlreiche Studien legen seit Jahren dar, dass Übergewicht für zahlreiche Erkrankungen verantwortlich ist: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Krebs werden durch Übergewicht begünstigt. 

Sport und sogar moderate Bewegung im Alltag können vorbeugen. Wie Krebsforscherin und Molekularbiologin Dr. Hanna Heikenwälder im Podcast "Hotel Matze"erläutert, sorgen regelmäßige Bewegung und jegliche Art von Sport dafür, Entzündungen im Körper zu minimieren und Krankheiten entgegenzuwirken. 

Immer wieder fordern zudem Experten, dass die Politik ungesunde Lebensmittel, wie Süßigkeiten und auch Alkohol, höher besteuern sollte, sodass weniger gekauft würde. Laut Suchtreport 2025 ist in keinem anderen europäischen Land Alkohol so erschwinglich wie in Deutschland. "Würden alkoholische Getränke im Durchschnitt im Verkauf um fünf Prozent teurer, werde der Pro-Kopf-Konsum um 2,2 Prozent sinken und es ließen sich 850 alkoholbedingte Todesfälle im Jahr vermeiden", rechnet Suchtforscherin Christina Rummel als Modell vor. Der Staat würde zusätzliche 1,4 Milliarden Euro Steuern einnehmen.