Rund um die Krise der Krankenkassen gibt es zurzeit viele Zahlenspiele. Der GKV-Schätzerkreis hat am 15. Oktober 2025 seine Prognose für die Zusatzbeiträge der Krankenkassen abgegeben. Viele Reaktionen auf die Schlüsse, die die Bundesregierung daraus zieht, waren sehr kritisch. Die Frage, die sich stellt: Rechnet sich der Staat die Krise der Kassen schön?

Der Chef der Techniker Krankenkassen, Jens Baas warnt davor, dass die Ausgaben die vermeintlich stabilen Beiträge "zunichtemachen" werden. Beim Geldratgeber Finanztip spricht man von bereits viel höheren Zusatzbeiträgen. 

Sind Zusatzbeiträge der Krankenkassen schon über drei Prozent?

Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen erklärt zu einer Finanztip-Auswertung, bei der schon jetzt mehr als die Hälfte der Krankenkassen über dem Durchschnitt lagen: "Ein Zusatzbeitrag von 3,3 oder 3,5 Prozent schon heute ist keine Ausnahme mehr."

Der Schätzerkreis würde bei seiner Prognose auf den rechnerischen Durchschnitt schauen – "aber für viele Versicherte ist die Realität längst teurer". 

Tenhagen, mit Blick auf 2026 und die Tatsache, dass die Bundesregierung mit ihrer Aussage über stabile Beiträge eine gewisse Sicherheit vermitteln möchte: "In Wahrheit geht es den Krankenkassen schlechter, als der vorgeschlagene durchschnittliche Zusatzbeitrag vermuten lässt. Bei etlichen Kassen werden Beiträge steigen müssen."

Warum sind stabile Beiträge bei den Kassen unwahrscheinlich für 2026?

Die Rechnungen, die der Staat anbietet, führen in seinen Augen nicht dazu, dass sich die Lage der Krankenkassen langfristig verbessert. Tenhagen: "Das Sparpaket der Bundesregierung ist eine Notlösung. Es soll die Kassen kurzfristig um rund zwei Milliarden Euro entlasten, indem die Meistbegünstigungsklausel gestrichen und so Krankenhausvergütungen begrenzt und Verwaltungsausgaben gedeckelt werden."

Doch das reicht nicht. Auch wenn die Kassen bei diesen Maßnahmen mitziehen wird die finanzielle Krise bleiben. Der Finanztip-Chefredakteur ist sich sicher: "Das reicht nicht, um die Finanzen der GKV langfristig zu stabilisieren. Ohne echte Strukturreformen wird sich die Beitragsspirale weiterdrehen."

Höhere Beiträge zum Jahreswechsel sind für ihn "wahrscheinlich". Ein Großteil der Krankenkassen müsse "ihre gesetzlich vorgeschriebenen Mindestreserven wieder auffüllen". Einige seien demnach bereits in den roten Zahlen. Die Rücklagen seien aufgebraucht. Laut TK-Chef Baas würde dieser Fakt auch bei der Prognose durch den Schätzerkreis nicht "berücksichtigt". 

Beitrags-Zahlen der Politik erscheinen unrealistisch

Auch beim Verband der Ersatzkassen (vdek) sieht man, auf Nachfrage von inFranken.de, die Zusatzbeiträge bereits jenseits der Drei-Prozent-Marke. 

In eine entsprechende Statement durch die vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner heißt es dazu: "Die Politik darf die Finanzsituation nicht schönreden – viele Krankenkassen werden Anfang 2026 erneut ihre Zusatzbeitragssätze erhöhen müssen. Die Drei-Prozent-Grenze wird unserer Einschätzung nach überschritten."

Mit den angegeben 2,9 Prozent werde "eine Beitragssatzstabilität suggeriert, die sich nicht mit der Realität deckt". 

Gibt es eine Liste mit allen Krankenkassen und aktuellen Zusatzbeiträgen?

Der GKV Spitzenverband Bund der Krankenkassen bietet auf seiner Internetseite die Möglichkeit an, immer die tagesaktuell gültigen veröffentlichten Zusatzbeitragssätze der Krankenkassen abzurufen. Hinweis: Plant eine Krankenkasse, den Zusatzbeitragssatz zu verändern, ist der neue ab dem Tag seiner Gültigkeit in dieser Liste zu finden. 

Und auch beim GKV Spitzenverband ist man nicht glücklich mit der Prognose und den Aussagen der Politik. Gegenüber unserer Redaktion verweist man dazu auf die Aussagen des Vorstandsvorsitzenden Oliver Blatt. Auch ihm sind die Zahlen, mit denen die Bundesregierung arbeitet zu schön gerechnet. 

Blatt: "Auf den ersten Blick scheint die finanzielle Situation stabil, aber wer genauer hinschaut, erkennt, dass weiterhin Beitragsanhebungen zu erwarten sind." Schon 2025 seien demnach die tatsächlich erhobenen Zusatzbeiträge bei den meisten Kassen im Durchschnitt meist schon bei 2,94 Prozent.

Für 2026 müsse daher unter den aktuellen Bedingungen mit weiteren Erhöhungen gerechnet werden. Ob es bereits entsprechende Signale einzelner Krankenkassen gibt, konnte die GKV auf Anfrage keine Angaben machen. GKV: "Über die Höhe des jeweiligen Zusatzbeitragssatzes entscheiden die Verwaltungsräte der einzelnen Krankenkassen. Dies geschieht meistens zum Ende eines Jahres im Rahmen der Haushaltsplanung für das Folgejahr."

Welche Prognose hat der GKV-Schätzerkreis abgegeben?

Wie ist die Prognose durch den GKV-Schätzerkreis ausgefallen? 

Der Kreis, bestehend aus Experten des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), des Bundesamtes für Soziale Sicherung (BAS) und des GKV-Spitzenverbandes, schätzt bei seinen Auswertungen auch die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für das laufende und das nächste Jahr:

  • Hinsichtlich der erwarteten Ausgaben im Jahr 2026 konnte kein Einvernehmen erzielt werden. Die voraussichtlichen Ausgaben betragen nach Schätzung des Bundesministeriums für Gesundheit und des Bundesamts für Soziale Sicherung 369,0 Mrd. Euro. Der GKV-Spitzenverband erwartet Ausgaben in Höhe von 369,5 Mrd. Euro. Aus den Schätzergebnissen für das Jahr 2026 ergibt sich ein rechnerischer durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz in Höhe von 2,9 Prozent. 
  • Für 2025 gilt: Die voraussichtlichen Ausgaben der Krankenkassen werden auf 346,6 Mrd. Euro prognostiziert.

Hinweis durch das Bundesamt für Soziale Sicherung: "Das Bundesministerium für Gesundheit legt nach Auswertung der Ergebnisse des Schätzerkreises den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz für das Jahr 2026 fest".