Die Bundesregierung ist um Schadensbegrenzung bei den Krankenkassen bemüht. Experten sollen Lösungen für die finanzielle Krise erarbeiten. Doch was können die Reformen bewirken? Eine neue Studie zeichnet ein düsteres Bild für die Zukunft der Kassen und des Gesundheitssystems in Deutschland.
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte hat neue Zahlen zur Entwicklung geliefert. Es zeigt sich eine Kostenspirale großen Ausmaße, mit extremen Summen. Die Maßnahmen der Regierung lösen laut den Unterlagen das Problem weder kurz- noch langfristig. Das Defizit bei den Einnahmen wird sich demnach im Jahr 2030 bereits auf 89 bis 98 Milliarden Euro belaufen.
Was zeigt die Studie zu den Kosten der Krankenkassen?
Was zeigt die Studie noch? Schaut man sich die Ergebnisse auf der Internetseite von Deloitte an, dann zeigen die Ergebnisse:
- 2023 lag das Defizit noch bei rund 25 Milliarden Euro
- 2030 liegt es bei den bereits genannten 89 bis 98 Millionen Euro
- Bis 2050 droht eine sogenannten Unterdeckung von bis zu 400 Milliarden Euro
Sollten sich die Zusatzbeiträge im Jahr 2026 nicht um 0,4 Prozent auf 2,9 Prozent erhöht werden, dann geht man in der Studie davon aus, dass das Finanzloch der gesetzlichen Kassen im nächsten Jahr auf 56 Milliarden Euro anwachsen wird.
Allein in der ersten Hälfte dieses Jahres sind die Ausgaben der gesetzlichen Kassen demnach weit überdurchschnittlich um 7,8 Prozent gestiegen.
Schlechte Zahlen für die Kassen: Welche Möglichkeiten sieht die Deloitte-Studie?
Die langfristigen Aussichten für die Krankenkassen und das Gesundheitssystem sind laut der Zahlen noch viel schlechter, als bisher gedacht. Für eine nachhaltige Stabilisierung der GKV-Finanzen werden entsprechend weitergehende Maßnahmen benötigt.
In der Studie heißt es: "Unsere Berechnungen von 14 vielfach diskutierten ausgabenseitigen und fünf einnahmeseitigen weitergehenden Maßnahmen zeigen, dass die ausschließliche Umsetzung nur von ausgaben- bzw. nur von einnahmenseitigen Maßnahmen allein nicht ausreichen wird, die GKV-Finanzen nachhaltig zu stabilisieren."
Und weiter: "Vielmehr benötigt es für eine nachhaltige Stabilisierung der GKV-Finanzen eine Kombination aus umfassenden Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch der Ausgabenseite. Einnahmeseitige Maßnahmen wirken schneller und schaffen somit finanziellen Spielraum für weitere langsamer wirkende Reformen auf der Ausgabenseite".
Zudem gehen die Experten davon aus, dass die Herausforderungen des demografischen Wandels und des medizinisch-technischen Fortschritts langfristig jedoch so groß sind, "dass für einen langfristigen, finanzierbaren Zugang zu Innovationen über unsere berechneten Maßnahmen hinaus noch weiterreichende Reformpakete notwendig werden".
Düstere Zukunft der Krankenkassen: Wo liegen die Gründe dafür?
Deloitte sieht das Hauptproblem darin, dass einerseits die Bevölkerung altert und die Zahl der aktiven Arbeitnehmer sinkt. Die Kosten wiederum werden der Studie zufolge nicht nur steigen, weil ältere Menschen häufiger krank sind, sondern auch, weil der medizinische Fortschritt teuer ist und neue Medikamente und Behandlungsmethoden viel Geld verschlingen.
Hierzu wird in dem Bericht erklärt: "Viele der neuen Therapien sind für kleine Patientengruppen oder gar personalisiert (z.B. Zell- & Gentherapien). Was für die einzelnen Patient:innen ein Segen ist, belastet die Solidargemeinschaft mit Therapiekosten oft im hohen sechsstelligen Bereich.
In der Konsequenz wachsen die Gesundheitskosten in Deutschland demzufolge seit mehr als zehn Jahren schneller als das Bruttoinlandsprodukt (BIP) oder die beitragspflichtigen Einnahmen aus der solidarischen Finanzierung.
Kürzungen und Kosten-Notbremse für die Krankenkassen: Worüber diskutiert wird
Was in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder zum Thema gemacht wurde, waren Kürzungen der Leistungen der Krankenkassen. Der CDU-Wirtschaftsrat hatte zuletzt ganz offensiv eine Streichliste für Leistungen veröffentlicht.
Vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen GKV kam die Forderung nach einer Kosten-Notbremsung. Noch, so erklärte es der GKV-Chef Oliver Blatt könnte man Beitragerhöhungen vermeiden. Aber: "Auf politischer Ebene ist bisher nichts passiert, um das abzuwenden."
Für Blatt gehen die Planungen zu langsam voran. Gegenüber der dpa erklärte er: "Hätten wir nur halb so viele Gesetzesvorschläge auf dem Tisch, wie gerade Kommissionen gebildet werden, dann hätten wir schon mehr erreicht."
Kürzungen und mehr Eigenverantwortung für Versicherte sieht man beim Sozialverband VdK kritisch. Auf Nachfrage von inFranken.de fand VdK-Präsidentin Verena Bentele deutliche Worte: "Es wird oft behauptet, dass mehr Eigenverantwortung leicht umzusetzen sei. Für viele Menschen ist dies jedoch nicht realistisch." Eine solche Forderung würde die Lebenswirklichkeit zahlreicher Bürger ignorieren.