Viele Paare, die sich entscheiden, im höheren Alter zu heiraten, tun dies nicht nur aus Liebe und gegenseitiger Wertschätzung: Eine späte Ehe ist oft ein Ausdruck der Verbundenheit und ein Bekenntnis zueinander, das zeigt, wie wichtig romantische Beziehungen und enge Partnerschaften auch in einem späteren Lebensabschnitt sein können.

Allerdings sollte man sich vor einer Eheschließung nach dem 65. Lebensjahr über die möglichen finanziellen Konsequenzen im Klaren sein – insbesondere, wenn es um die Witwen- oder Witwerrente geht. 

Kann die Witwenrente bei einer späten Heirat gekürzt werden?

Die Witwen- oder Witwerrente, auch Hinterbliebenenrente genannt, soll den Lebensunterhalt nach dem Tod des Ehepartners sichern. Wenn der überlebende Ehepartner wieder heiratet, entfällt der Anspruch auf die Hinterbliebenenrente, unabhängig vom Alter.

Eine späte Heirat kann einen neuen Anspruch auf die Hinterbliebenenrente schaffen, wenn der neue Ehepartner verstirbt. Voraussetzung dafür ist, dass der Verstorbene entweder bereits eine gesetzliche Rente bezog oder die Mindestversicherungszeit von fünf Jahren erfüllt hat. Allerdings greift bei kurzen Ehen die sogenannte Ein-Jahres-Regelung: Bei einer Ehe, die weniger als ein Jahr dauerte, wird zunächst vermutet, dass die Heirat nur aus finanziellen Gründen erfolgte. Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn der Tod des Partners unerwartet eintrat, etwa durch einen Unfall oder eine unvorhersehbare Erkrankung.

Für Beamte gelten eigene Vorschriften zur Hinterbliebenenversorgung. In vielen Fällen entfällt der Anspruch des hinterbliebenen Ehepartners, wenn die Ehe nach Eintritt in den Ruhestand geschlossen wurde. Einige Versorgungswerke sehen zudem vor, dass die Ehe vor Vollendung des 65. Lebensjahres geschlossen sein muss, um einen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen zu begründen. Die genauen Regelungen hängen von der jeweiligen Versorgungseinrichtung oder dem zuständigen Arbeitgeber ab. Grundsätzlich sollte bereits vor einer Heirat die individuelle Rentensituation geprüft werden. Ein Gespräch mit der Deutschen Rentenversicherung oder einem Fachanwalt für Sozialrecht bringt Klarheit und spätere unangenehme Überraschungen können dadurch vermieden werden.

Was passiert mit der bisherigen Witwenrente bei Wiederheirat?

Grundsätzlich gilt: Wer nach dem Tod eines Partners eine Witwen- oder Witwerrente bezieht, muss eine erneute Heirat der Rentenversicherung melden. Versäumst du das, können Rückforderungen entstehen, die finanziell belastend sind. Diese Regelung gilt auch für Eheschließungen im Ausland.

Zwar endet mit einer neuen Ehe der Anspruch auf die Witwenrente, doch die Hinterbliebenen bleiben nicht unversorgt: Nach § 107 des sechsten Sozialgesetzbuchs erhalten sie bei der erstmaligen Wiederheirat eine Abfindung. Diese beträgt das 24-Fache des monatlichen Bruttobetrags der zuletzt bezogenen Hinterbliebenenrente vor Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Ein Beispiel: Wer monatlich 1000 Euro brutto erhält, kann mit einer Abfindung von 24.000 Euro rechnen. Diese einmalige Abfindung ist steuerfrei, während die Hinterbliebenenrente der Einkommensteuer unterliegt. Wichtig ist, dass diese Regelung nur für Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung gilt. Bei anderen Versorgungssystemen, wie der Beamtenversorgung oder privaten Rentenversicherungen, greifen möglicherweise abweichende Regelungen.

Bei einer Wiederheirat lohnt es sich, die Abfindung in die finanzielle Planung einzubeziehen. Wer unsicher ist, wie sich die Abfindung berechnet, kann bei der Rentenversicherung eine individuelle Auskunft anfordern.

Welche weiteren Auswirkungen kann eine späte Heirat mit sich bringen?

Im Gegensatz zu einer Lebensgemeinschaft hat eine Ehe erhebliche Auswirkungen auf das Erbrecht. So erhält der Ehepartner durch die Eheschließung ein gesetzliches Erbrecht, das ab dem Tag der Hochzeit greift, unabhängig von der Ehedauer. Dadurch wird verhindert, dass der Partner im Erbfall leer ausgeht. Allerdings können konkurrierende Erbansprüche entstehen, insbesondere durch Kinder aus früheren Beziehungen. Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollten Paare rechtzeitig eine klare Nachlassregelung durch ein Testament oder einen Erbvertrag treffen.

Sollte die neue Ehe scheitern, sind die finanziellen Folgen in der Regel überschaubar, vor allem wenn keine neuen Rentenansprüche während der Ehezeit erworben wurden. So wird ein Versorgungsausgleich nur für Ansprüche vorgenommen, die während der Ehezeit entstanden sind. Interessant ist, dass der Anspruch auf die frühere Hinterbliebenenrente wieder aufleben kann, wenn die neue Ehe aufgelöst wird. Das muss jedoch ausdrücklich beantragt werden. 

Neben emotionalen und sozialen Aspekten bringt eine späte Heirat viele rechtliche und finanzielle Überlegungen mit sich. Der Verlust der bisherigen Hinterbliebenenrente, mögliche neue Rentenansprüche, erbrechtliche Veränderungen sowie potenzielle Abfindungen und Versorgungsausgleiche sollten gut abgewogen werden. Um individuell abgestimmte Informationen und Empfehlungen zu erhalten, sollten sich Betroffene daher frühzeitig an die Deutsche Rentenversicherung, einen Steuerberater oder einen Fachanwalt für Familien- und Erbrecht wenden.