- Rückwärtsgang bei den Geldautomaten
- Banken sparen auf Kosten des Handels
- Einheitlich maximal 200 Euro an der Ladenkasse
- Streit hinter den Kulissen
Immer mehr Menschen nutzen die Möglichkeit, an der Kasse im Supermarkt oder der Drogerie Geld abzuheben. Meist muss man, um überhaupt Geld abheben zu können, einen Mindesteinkaufswert erreichen. Der Discounter Lidl hat seinen Mindestwert auf 0,99 Euro gesenkt, wie das Unternehmen auf seiner Website berichtet. In der Regel lassen sich an den Kassen im Supermarkt bis zu 200 Euro abheben. Was viele jedoch nicht wissen: Das Bargeldabheben an der Kasse verursacht hinter den Kulissen teils hohe Kosten.
Rückwärtsgang bei den Geldautomaten
Die Banken und Sparkassen wollen mit Bargeld möglichst wenig zu tun haben. Das macht nur Arbeit, bindet Personal und verursacht damit nur Kosten. Deshalb haben sie bei den Geldautomaten, die vorher auch an unmöglichen Orten zu finden waren, den Rückwärtsgang eingelegt.
Von den rund 61.000 Geldautomaten im Jahr 2015 sind acht Jahre später (2023) nur noch rund 52.000 übrig, besagt eine Statistik des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Abschreckend für die Banken sind auch brutale Überfälle auf Geldautomaten. Es passt den Banken also gut in den Kram, wenn immer mehr Supermärkte, Drogerien und Baumärkte die Ausgabe von Bargeld übernehmen. Supermarkt statt Geldautomat wird deshalb immer populärer.
Auch wenn immer öfter das Handy oder die Kreditkarte als Zahlungsmittel genutzt wird, wollen die meisten nicht komplett auf Bargeld verzichten. Auf dem Wochenmarkt, für die Currywurst oder den Döner, zahlen viele dann doch mit Barem. Rund 36 % der Einkäufe wickelten die Deutschen, laut Retail Institut (EHI), 2024 noch mit Bargeld ab.
Banken sparen auf Kosten des Handels
2023 gingen so bei der Ladenkasse bei 122 Millionen Auszahlungen insgesamt 12,31 Mrd. Euro an die Kunden (Cashback). Damit verausgaben die "Ausgabestellen" im Handel 13,3 % des vereinnahmten Bargelds wieder an die Kundschaft. Im Jahr 2019 lag diese Quote noch bei 2,8 %.
Der Einzelhandel zeigt sich zunehmend unzufrieden damit, dass sie für diesen "Ersatzservice für abgebaute Geldausgabeautomaten" Gebühren an die Deutsche Kreditwirtschaft abführen müssen.
"Immerhin werden die Banken und Sparkassen durch die Reduktion der Geldausgabeautomatendichte massiv von Investitions-, Pflege- und Bestückungskosten entlastet", heißt es in der EHI-Studie zu den Zahlungssystemen im Einzelhandel. "Wenn wir irgendwann Bargeld teuer zukaufen müssen, ist endgültig Schluss mit lustig", sagte ein Handelsmanager im Zuge der aktuellen EHI-Studie.
Einheitlich maximal 200 Euro gibt es an der Ladenkasse
Wie funktioniert die Praxis an SB-Kassen von Aldi, Denns Biomarkt, Edeka, Kaufland und Rewe sowie den Drogerien wie dm und Rossmann oder Baumärkten wie Obi und Toom? Das hat die Stiftung Warentest bei 37 Handelsketten und vier großen Tankstellenbetreiber untersucht. 23 machten mit und erklärten, unter welchen Bedingungen sie Geld auszahlen.
Unterschiede gibt es bei den geforderten Mindesteinkaufswerten und der Akzeptanz der gängigen Karten. Die Bank oder Sparkasse, bei der du dein Konto hast, spielt allerdings keine Rolle. Wer maximal 200 Euro haben will (einheitliche Obergrenze), sagt das an der Kasse, zeigt seine Girocard vor und tippt seine Geheimzahl (PIN) ein. "Damit ist der Einkauf bezahlt, der gewünschte Abhebetrag autorisiert – und es gibt Geld an der Kasse", schreibt die Stiftung in ihrem Report.
Mastercard und Visa akzeptieren Globus Baumärkte, Kaufland und Rewe nicht. Bei Kreditkarten kann es ebenfalls Probleme geben. Oftmals ist der Grund, dass die Karteninstitute hohe Gebühren verlangen.
Cashback-Verfahren: Welche Kosten entstehen für die Händler?
Der Handelsverband Deutschland (HDE) informiert auf seiner Internetseite über das Cashback-Verfahren und auch, welche Kosten dem Händler dadurch entstehen. Der Auszahlungsbetrag wird im Rahmen des unbaren Zahlungsverfahrens abgerechnet, im Falle der Girocard fallen dabei die gleichen Entgelte an wie für eine normale Kartenzahlung.
Hier geht es zur Extra Kreditkarte der Novom BankBei einem Auszahlungsbetrag von 100 Euro und einem umsatzabhängigen Entgelt von ca. 0,2 % wären dies 20 Cent. HDE-Experte für Zahlungsverkehr, Ulrich Binnebößel, weiß, wie viel das in Summe im Jahr dem Handel kostet: "Im Jahr 2023 summierten sich die Gebühren auf 17,23 Millionen Euro. Tendenz steigend."
Obendrein kassieren die Banken auch noch Autorisierungsgebühr: Diese beträgt aktuell nochmals 0,18 % der Transaktionssumme.
Streit zwischen Handels- und Bank- bzw. Sparkassenverbänden
Im Hintergrund rumort es gewaltig: Der Handel will nicht länger dafür zahlen, dass Kunden beim Einkaufen Bargeld abheben können. Der Handelsverband Deutschland (HDE) fordert von den Banken und Sparkassen, auf die erhobenen Gebühren zu verzichten. "Die Banken reduzieren vielerorts Automaten und Filialen. Der Handel übernimmt einen Teil der Aufgaben, auf die Kunden angewiesen sind. Das sollte auch etwas wert sein. Es ist untragbar, dass die Banken an einem Service verdienen, den sie nicht anbieten", sagte der HDE-Experte, Ulrich Binnebößel, der Deutschen Presse-Agentur.
Mit 'sehr gut' getestet: Hier geht es zum kostenlosen Girokonto 'BestGiro' der Santander-BankDer Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DGSV) wies die Forderung und die Kritik auf Nachfrage des Handelsblatt prompt zurück. "Die Händler bieten diesen Service freiwillig an. Viele von ihnen werben sogar damit und stellen die Möglichkeit, Bargeld an der Kasse zu erhalten, als besonderen Service für ihre Kundschaft dar", sagte ein Sprecher. Unklar ist, wie der Streit am Ende des Tages ausgeht.
Und noch ein Tipp, wenn du Geld vom Supermarkt, Baumarkt oder vom Discounter haben willst. Morgens, kurz nach Ladenöffnung, ist die Kasse meist noch leer. Deshalb lieber abends "Geld kaufen", empfiehlt die Stiftung Warentest.
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