Der Gang aufs Amt ist für viele nur lästig. Der Ärger fängt für viele schon bei der Terminbuchung an. Die Zeit, die dann für den eigentlichen Besuch aufzuwenden ist, ärgert viele. Dafür gibt es eine bessere Lösung – und die heißt digitalisierte Verwaltung. Nur die lässt auf sich warten. Es gibt aber nicht die eine Lösung. Viele müssten mitmachen: Kommunalverwaltung, Bundes- und Landesbehörden, Finanzämter, Arbeitsagenturen. Wir prüfen, wie der Stand bei den Ämtern ist.  

Viel Zeit und Geduld sind notwendig

Personalausweis verlängern, Kindergeldantrag stellen oder sich nach dem Umzug ummelden: Für die meisten Bundesbürgerinnen und Bundesbürger sind Behördengänge echte Zeitfresser. Im Durchschnitt dauert der Besuch auf dem Amt zwei Stunden und 21 Minuten. Dabei entfallen 57 Minuten auf die An- und Abreise, 48 Minuten auf die Wartezeit vor Ort sowie 36 Minuten auf die Bearbeitung des Anliegens selbst.

Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung unter 1.007 Menschen in Deutschland ab 18 Jahren im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. "Das Ziel muss sein, künftig alle Behördenkontakte digital abzuwickeln. Die Menschen in Deutschland würden dadurch viel Zeit sparen. Vor allem aber würde der Aufwand in den Behörden durch einen vollständig digitalen Antrags- und Bearbeitungsprozess drastisch reduziert", sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. Rund die Hälfte (51 %) hatte schon Schwierigkeiten bei der Terminzuteilung. Für 16 % gestaltete sich die Terminfindung eher "schwierig", für 35 % war sie sogar "sehr schwierig".

Angesichts dieser Fakten wundert es dann nicht, dass Deutschland im "Digital Government Citizen Survey" der Boston Consulting Group (BCG) beim Leistungsvergleich mit 41 Ländern (Gesamtzufriedenheit mit den digitalen Behördendiensten) ganz weit hinten landet. Schlechter sind nur noch Österreich und Japan. Fazit von BCG: "Deutschland ist in den vergangenen zwei Jahren bei digitalen Verwaltungsdiensten entgegen dem globalen Trend weiter zurückgefallen." Das in der Digitalstrategie der Bundesregierung ausgegebene Ziel, bis 2025 einen Platz unter den Top Ten zu belegen, ist kaum noch zu erreichen.

Die Bundesregierung arbeitet zu langsam

Die Bundesregierung hat in der Digitalpolitik zuletzt zwar an Tempo zugelegt, die Geschwindigkeit reicht aber bei weitem nicht aus, um die selbstgesteckten Ziele auch nur annähernd zu erreichen. Zum Januar 2024 sind erst 60 der insgesamt 334 digitalpolitischen Vorhaben dieser Legislatur umgesetzt – das entspricht einem Anteil von 18 %. Im zweiten Halbjahr 2023 konnte die Bundesregierung lediglich 22 Digitalvorhaben abschließen, wovon sie fünf im dritten und 17 im vierten Quartal über die Ziellinie brachte. Das zeigt die neueste Auswertung des "Monitor Digitalpolitik" des Bitkom.

Um vor den nächsten Bundestagswahlen alle 334 Vorhaben abzuschließen, wären noch 274 Projekte in sieben Quartalen umzusetzen. Macht die Ampel-Koalition in dem aktuellen Tempo von 17 abgeschlossenen Digitalvorhaben pro Quartal weiter, würde sie allerdings lediglich 119 schaffen. Einschließlich der bereits abgeschlossenen 60 Vorhaben brächte sie mit insgesamt 179 nur etwas mehr als die Hälfte ihrer Digitalvorhaben (54 %) ins Ziel. Der Rest bliebe auf der Strecke.

"Viele zentrale Vorhaben sind von Abschluss oder Umsetzung weit entfernt, dazu gehören insbesondere der Digitalpakt 2.0 für Deutschlands Schulen, die Digitalisierung der Verwaltung und auch Projekte wie der digitale Führerschein", sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. Die Bundesregierung müsse das Tempo in der Digitalpolitik mehr als verdoppeln, wenn sie ihre Ziele noch erreichen wolle. "Jetzt wird sich entscheiden, ob die Ampel-Parteien zur nächsten Bundestagswahl eine digitalpolitische Erfolgsbilanz präsentieren können. Noch ist dies möglich. Die Ampel hat es selbst in der Hand, zu einer echten Fortschrittskoalition zu werden. Dafür muss sie 2024 zum Digital-Jahr machen."

Mit Elster hat die Finanzverwaltung den Sprung geschafft

Seit 1999 gibt es das ständig wachsende elektronische Dienstleistungsangebot der Finanzämter. Finanzverwaltung ist vor allem Ländersache, also mussten beim Programm Elster die Ämter zusammenarbeiten – was aber geklappt hat. Das eGovernment-Projekt aller 16 Länder und des Bundes steht unter Federführung des Bayerischen Landesamtes für Steuern. 28,2 Millionen, ca. 93 % der insgesamt geschätzten Steuererklärungen pro Jahr in Deutschland, wurden über Elster abgewickelt.  

99 % aller Unternehmen nutzen Elster für die elektronische Übermittlung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen, Lohnsteuer-Anmeldungen sowie Lohnsteuerbescheinigungen. Die Basis ist die gesetzliche Pflicht zur Nutzung des elektronischen Verfahrens. Über die Steuerkontoabfrage kommen täglich 150.000 Abfragen von Unternehmen und von Steuerberatern.

Der Name steht für Elektro­nische Steuererklärung und ermöglicht eine völlig papierlose Abgabe der Steuererklärung. Die "Mein-Elster-Registrierung" ist etwas umständlich. Ist sie einmal erledigt, funktioniert der Zugriff gut. Statt Benutzername und Passwort sind bei Mein Elster eine Zertifikatsdatei und ein Passwort nötig. Über Elster.de kannst du nicht nur die Steuererklärung online erledigen, sondern auch Freibeträge beantragen, Steuerklassen ändern und rund um die Uhr mit deinem ­Finanz­amt kommunizieren. Insgesamt ist die digitale Steuererklärung mit Elster ein gelungenes Beispiel für die Digitalisierung der Verwaltung.

Auf dem Weg zum digitalen Dienstleister?

"Digitalisierung ist in der BA schon lange ein Thema – bereits 2012 haben wir bundesweit die eAkte eingeführt und damit Papierakten endgültig aus unserem Arbeitsalltag verbannt", erinnert sich Frauke Schwietert, Leiterin der Herforder Arbeitsagentur. Die eAkte ist ein elektronisches Aktensystem, welches die traditionellen Papierakten ersetzt.

Die Bundesagentur führte nach der eAkte auch die eServices ein – und damit zeigten sich die Digitalisierungsprozesse erstmals auch nach außen für die Kundinnen und Kunden der Behörde. Zunächst war online nur die Arbeitsuchendmeldung möglich. Man musste fortan nicht mehr persönlich bei der Agentur erscheinen, um zum Beispiel beim Auslaufen eines befristeten Arbeitsvertrags eine drohende Arbeitslosigkeit anzuzeigen.

Auch die Online-Arbeitslosmeldung ist mit dem digitalen Personalausweis kein Problem. "2021 haben wir die BA Mobil App eingeführt, die alle Funktionen der eServices dann auch Mobil bietet", weiß Schwietert. Durch die Coronapandemie haben alle Vermittlungs- und Beratungsfachkräfte die technische Ausstattung, um Videoberatung flexibel und ortsunabhängig durchzuführen. 

Die Arbeitsagentur stößt aber an rechtliche Grenzen

Stefan Latuski, Chief Information Officer der BA, erläuterte im Gespräch mit Deutschen Presse-Agentur den Stand der Digitalisierung. Zwar seien fast alle Dienstleistungen für den Kunden inzwischen online im Angebot, aber die Behörden stoßen auf ihrem Weg zu mehr Digitalisierung an rechtliche Grenzen

"Wir haben heute Verwaltungsvorschriften, die es schlicht nicht erlauben, stringent zu automatisieren", sagte er. Um etwa Beratungsgespräche mit Kunden per Videoschalte führen zu können, kann die BA nicht auf Cloud-Produkte zurückgreifen. Bisher behilft sie sich mit einem eigenen Server, der sie mit der Plattform Skype verbindet. "Wir betreiben die weltweit größte Skype-Plattform, die der Firma Microsoft bekannt ist", sagte Latuski.

Ein höherer Automatisierungsgrad ist nach Einschätzung von Latuski für die BA und ihre Leistungsfähigkeit als Behörde zentral – schon alleine wegen der bevorstehenden Personalknappheit. In den nächsten Jahren gingen 37.000 der bisher gut 100.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ruhestand. "Wir verlieren eine ganze Menge Menschen an die Rente", sagte er der dpa.

München liegt bei den Kommunen ganz weit vorne

Der Branchenverband Bitkom hat 2023 zum fünften Mal 81 deutsche Städte mit mindestens 100.000 Einwohnern in den Themenbereichen Verwaltung, IT und Kommunikation, Energie und Umwelt, Mobilität und Gesellschaft untersucht. Daraus entstanden ist der Smart City-Index 2023. Im Jahr 2023 ist die Stadt München Spitzenreiter. Nach den Ergebnissen des Smart City Index 2023 hat München erstmals Platz 1 erreicht. Hamburg liegt nach vier Jahren an der Spitze auf dem zweiten Platz und Köln kommt als Dritte auf das Treppchen. Auf Platz vier landet Nürnberg.

Im Bereich der Verwaltung liegt München auf dem ersten Platz. Hier konnte die bayerische Landeshauptstadt, nach den Ergebnissen der Studie, damit punkten, dass viele Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern digital zu bearbeiten sind. Auch intern ist die Verwaltung überwiegend digital aufgestellt. München gehört zu den führenden Städten bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG).

Es stelle sich natürlich die Frage, was du konkret digital machen kannst in München? Die Liste ist nach Auskunft des Methoden-Handbuchs des Smart City Index' im Bereich Verwaltung ziemlich lang:

  • Online-Terminvergabe
  • Elterngeld
  • Kindertagesbetreuung
  • Eheschließung
  • Bürgergeld
  • Ummeldung
  • Führerschein
  • Einbürgerung
  • Handwerksgründung
  • Unternehmensanmeldung
  • Kfz-Zulassung
  • Bauvorbescheid und –genehmigung
  • Meldebescheinigung und –registerauskunft
  • Bewohnerparkausweis