Aktienkauf per Smartphone und das fast kostenfrei - das ist das Geschäftsmodell der sogenannten Neo-Broker. Wer sein Geld in Wertpapieren anlegen oder sparen will und auf eine erträgliche Marge setzt, kommt um Aktien und ETFs nicht herum. Mit ihnen zu handeln, bleibt aber den Profis, den Brokern vorbehalten. Den richtigen zu finden, ist nicht ganz einfach. Die Neo-Broker haben als Letztes die Bühne betreten. Ihr anlegerfreundliches Kostenmodell hat inzwischen Millionen Kunden überzeugt. Ganz so einfach ist es allerdings nicht, deshalb hier der Überblick.

Wer braucht Neo-Broker?

Sich mit Neo-Brokern zu beschäftigen, lohnt sich natürlich nur, wenn du dein Geld in Aktien, Fonds, ETFs oder in Sparpläne auf der Basis von Wertpapieren anlegen willst. Für die "normalen" Bankgeschäfte sind Neo-Broker nicht geeignet. Nur eine Minderheit aller Bürger legt sein Geld in Aktien, Fonds und ETFs an. Insgesamt nutzen 12,3 Millionen Bürger diese Form der Geldanlage, wie das Deutsche Aktieninstitut in Frankfurt am Main für das Jahr 2023 ermittelte. Das sind 17,6 % der Bevölkerung ab 14 Jahren – also gut jeder Sechste. 

Gehörst du zu dieser Gruppe oder planst du in Wertpapiere zu investieren? Dann solltest du überlegen, wer für dich die Geschäfte (An- und Verkauf, Verwaltung etc.) mit Wertpapieren abwickelt: Neo-Broker oder die Beratungskräfte deiner Bank oder Sparkasse kommen dafür infrage. Neo-Broker sind deshalb so interessant, weil sie für dich ausgesprochen kostengünstig sind. 

Die Voraussetzung, um dein Vermögen in Wertpapiere anzulegen, ist ein Depot. Dies richtet der von dir ausgewählte Neo-Broker oder deine Bank ein. Dafür können allerdings jährliche Gebühren (für Verwahrung, Handel und Verwaltung) anfallen. Weitere Kosten entstehen beim An- und Verkauf von Wertpapieren. Ein Vergleich zwischen der Sparkasse Berlin und dem Neo-Broker Trade Republic zeigt, wie unterschiedlich die Finanzakteure bei diesem Service aufgestellt sind.

Die Kostenmodelle unterscheiden sich

Bei der Sparkasse Berlin fallen folgende Depotkosten (Depot-Classic) an: Der Grundpreis für dein Depot beträgt 24 Euro pro Jahr. Dieser entfällt, wenn du einen Sparplan mit Wertpapieren ab 100 Euro pro Monat abschließt. Hinzu kommt ein sogenannter Verwahrpreis in Höhe von 0,18 % pro Jahr auf das Depotvolumen, mindestens 6,00 Euro je verwahrtem Einzelposten. Weitere Kosten entstehen durch Transaktionen: Für Kauf und Verkauf von Aktien, Zertifikate, ETFs, Genussscheine/-rechte, Optionsscheine fällt für den Berater eine Provision von 1 % an. Maßgeblich für die Summe ist der Kurswert der Order. Erteilst du deine Order direkt online, verringert sich die Berater-Provision auf 0,8 %. Hinzu kommt ein Grundpreis je Transaktion von 9,90 Euro, egal ob der Verkauf online oder mithilfe des Beraters erfolgt. 

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Beim Neo-Broker Trade Republic (und ebenso bei den anderen) gibt es ein komplett anderes Kostenmodell. Das Depot ist kostenfrei. Eine Orderprovision fällt nicht an, lediglich eine Fremdkostenpauschale von einem Euro je Auftrag (Festpreis) für den Handel mit Aktien, ETF und Kryptowährungen. Außerdem wird ein Verrechnungskonto von Trade Republic eingerichtet, für das aber keine Kontoführungsgebühr anfällt. Der Broker Trade Republic arbeitet mit vier Partner-Banken zusammen: der Deutschen Bank, J. P. Morgan, der Citibank Europe und HSBC Continental Europe. Du hast keinen Einfluss darauf, bei welcher dieser vier Banken dein Konto eingerichtet wird. Das Cash-Guthaben (bis 50.000 Euro) auf dem Verrechnungskonto ist verzinst, aktuell mit 3,75 %. Die Zinsen werden täglich berechnet und monatlich ausgezahlt.

Der Vergleich zeigt, dass die Kosten für den Handel mit Wertpapieren sehr unterschiedlich ausfallen. Sie sind abhängig vom Partner (Bank oder Broker), den du wählst, wie umfangreich dein Depot ist und wie häufig du An- und Verkäufe in Auftrag gibst. In der Regel gilt folgende Faustformel: Neo-Broker haben die günstigste Kostenstruktur, danach kommen Direktbanken und an dritter Stelle die klassischen Banken und Sparkassen.    

Wovon leben die Neo-Broker?

Bei den geringen Kosten, die du als Kunde bei den Neo-Brokern zahlen musst, ergibt sich die Frage: Wie verdienen die Startup-Finanztechnologie-Unternehmen (Fintech) eigentlich ihr Geld? Schließlich hat beispielsweise Trade Republic in Berlin rund 700 Beschäftigte.

Erster Punkt: Neo-Broker versuchen ihre Kosten niedrig zu halten: Sie beackern nur ein eng abgegrenztes Geschäftsfeld (Konzentration auf Wertpapiere), digitalisieren ihre Geschäftsprozesse bzw. Kundenkontakte und setzen außerdem auf ausgewählte Finanz-Partner. Solltest du als Kunde von Trade Republic auf die Idee kommen, eine Order per Brief zu übermitteln, verlangt das Unternehmen dafür üppige 25 Euro als Gebühr.

Zweiter Punkt: Für jede Order erhält der Broker vom Market-Maker eine Provision. Im Fachjargon heißt das "Payment for Orderflow (PFOF)" oder auch Rückvergütung. In der Kundenvereinbarung (Stand: 9/2021) von Trade Republic ist beispielsweise von einer Provision von bis zu drei Euro und in Ausnahmefällen bis zu 17,60 Euro pro Order die Rede. Über die Höhe der PFOP-Provision sprechen die Neo-Broker nicht gerne. Aber: Die Höhe der Rückvergütung ist offenzulegen, wie Lars Frölich und Jan Lembach, Mitarbeiter der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), in ihrem lesenswerten Aufsatz "Was Neo-Broker versprechen – und halten" schreiben.  

Die Kunden zahlen an anderer Stelle

Neo-Broker betreiben keine eigenen Börsen, sondern leiten die Kauf-Verkauf-Wünsche ihrer Kunden an Handelsplätze wie LS Exchange, gettex oder Tradegate weiter. Trade Republic, wie auch andere Neo-Broker, arbeiten mit dem Tradecenter Lang & Schwarz zusammen, der den Handelsplatz LS Exchange betreibt. Für die Kunden-Order erhalten Neo-Broker von den Market-Makern (Großhändlern) an den Handelsplätzen Provisionen.  Für die Neo-Broker ist es verführerisch, die Frage, zu welchem Handelsplatz bzw. Market-Maker sie Aufträge weiterleiten, von der Höhe der Rückvergütung abhängig zu machen. Dies ist ein kritischer Punkt, auf den noch einzugehen ist.

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Aufgabe des Market-Makers ist es, mit den Wertpapieren zu handeln. Der Wert für die An- und Verkäufe, auf der Grundlage von Kundenorders, ist in Form von Geld- und Brief-Kursen abgebildet. Aus der Spanne zwischen Geld- und Brief-Kurs, dem Spread, erwirtschaftet der Market-Maker seine Marge (Differenz zwischen dem Einkaufs- und Verkaufspreis). Deshalb trägst du als Anleger über die Differenz zwischen Geld- und Brief-Kurs die Kosten für die Wertpapiergeschäfte.

"Da Kunden spätestens beim Market-Maker zur Kasse gebeten werden, hat die BaFin ein Auge darauf, ob die Neo-Broker dennoch mit kostenlosen Angeboten werben. Was immer noch vorkommt. Schwierig wird es, wenn die Neo-Broker im Ausland sitzen, denn dann hat die BaFin keinen Zugriff", erläutern Lars Frölich und Jan Lembach von der BaFin.  

Wie sicher und seriös sind Neo-Broker?

Inzwischen gibt es viel Konkurrenz bei den Neo-Brokern. Die wichtigsten acht sind hier alphabetisch gelistet.  

Aber ist dein Geld bei den Neo-Brokern auch sicher? Der Experten von justETF haben sich mit dieser Frage beschäftigt und kommen zum Ergebnis: Ja, es ist sicher. "Denn genau wie bei jedem anderen deutschen Broker sind die Konten, auf denen dein Geld liegt, dank der gesetzlichen Einlagensicherung bis 100.000 Euro geschützt." ETF-Anteile und andere Wertpapiere sind Sondervermögen und fallen, im Falle eines Konkurses, nicht in die Insolvenzmasse.

Darüber hinaus werden alle Neo-Broker von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) reguliert und kontrolliert. Das gilt natürlich auch für Trade Republic, dem 2015 von Christian Hecker, Thomas Pischke und Marco Cancelliere, gegründeten Neo-Broker. Das Unternehmen hat sich schnell zu einem der führenden Neo-Broker in Deutschland entwickelt. Trade Republic verfügt seit Ende des letzten Jahres über eine Vollbanklizenz, die noch einiges erwarten lässt. Alle der über 2.400 ETFs und mehr als 2.600 Aktien sind sparplanfähig, wobei die Mindestsparplanrate bei einem Euro pro Monat liegt. Neuerdings umfasst das Angebot auch den Handel mit Anleihen und über 50 Kryptowährungen. 

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Tipps im Umgang mit Neo-Brokern

Das sollten Kundinnen und Kunden von Neo-Brokern laut BaFin beachten: Wichtig ist, skeptisch gegenüber Neo-Brokern zu sein. Sie haben ein klares Geschäftsinteresse und nichts zu verschenken. Kein Neo-Broker-Angebot ist wirklich kostenlos. Die Höhe seiner Rückvergütung muss der Broker offenlegen. Üblicherweise sind sie in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die viele Seiten umfassen, versteckt.

Genauso kritisch, wie du ein Wertpapier bewertest, solltest du auch den Broker bewerten – egal, ob neo oder traditionell. Nicht alle Neo-Broker bieten alles an, was dir wichtig ist. Sind dir Limit-, Stop-Loss- und Stop-Loss-Limit-Order wichtig, musst du prüfen, ob sie der ausgewählte Neo-Broker anbietet. Vor allem jüngeren Kunden gefällt der Handel mit geringen Gebühren und einer simplen Betriebsoberfläche bei der Trading-App auf dem Smartphone. Den ein oder anderen Kunden verleitet diese schnelle und einfache Variante der Order zum spekulativen Handel. 

Geld- und Briefkurse an verschiedenen Handelsplätzen zu vergleichen, gibt dir ein Gefühl dafür, mit welchen Margen die Akteure kalkulieren. Erfahrungsgemäß weichen Geld- und Briefkurse, die außerhalb der üblichen Börsenzeiten sind, zum Teil deutlich vom Kurs des nächsten Handelstages ab. Deshalb ist es sinnvoll, nur zu den üblichen Börsenzeiten zu ordern. Generell gilt, dass Wertpapieraufträge limitiert sein sollten. 

Verbot von Rückvergütungen zwingt Neo-Brockern zu Veränderungen 

Neo-Broker haben ein großes Interesse daran, dass sie möglichst viele Kunden haben, die viele Order aufgeben. Dann können sie eine möglichst hohe Rückvergütung einstreichen. "Derartige Zahlungen und Vereinbarungen bergen die Gefahr, dass die Kundenaufträge von den Neo-Brokern nicht an die Handelsplätze weitergeleitet werden, die die besten Kurse bieten, sondern an diejenigen mit den höchsten Rückvergütungen", kritisiert die Verbraucherzentrale (vzbv). Deshalb steht das Modell der PFOF in der europäischen Kritik. Die EU will das Modell ab dem Jahr 2026 verbieten. Die entsprechenden Gesetze sind auf den Weg gebracht.

"Das Verbot von Payment for Order Flow ist ein Riesenerfolg für die Monopolbörsen", vertraute Christian Hecker, Chef von Trade Republic der tagesschau.de an. "Sie wollen sich damit verbraucherfreundliche, günstige und einfache Konkurrenz vom Leib halten und haben auf diesem Weg in Brüssel nun einen Meilenstein erzielt." Mitbewerber Erik Podzuweit, Chef von Scalable Capital, nennt das Verbot von "Payment for Order Flow" eine böse Überraschung. Auch er sieht darin einen Lobbyerfolg der großen europäischen Börsen, etwa in Frankreich.

"Denen geht nämlich durch 'Payment for Order Flow' Geschäft verloren, weil kleine Anleger nicht auf diesen großen Börsen handeln. Dort sind die Kurse zwar sehr gut, aber die Nebengebühren sind viel zu groß. Sondern die handeln in Deutschland auf spezialisierten Börsen für Kleinanleger", so verkündete er seine Haltung bei der ARD. Die Bundesregierung bewertet das beschlossene Verbot des Geschäftsmodells kritisch. Man habe sich in den Verhandlungen auf EU-Ebene dagegen ausgesprochen, sei aber mit dieser Haltung isoliert gewesen, heißt es aus dem FDP-geführten Bundesfinanzministerium.  

Die Neo-Broker bleiben vermutlich dran

Vermutlich finden die Neo-Broker einen Weg, um die Einnahmeverluste aus dem Verbot von "Payment for Order Flow" auszugleichen. Das vermutet zumindest das Vergleichsportal Verivox, das erwartet, dass die Konditionen bei Neo-Broker dann etwas teurer werden könnten. Die Anbieter können aber weiterhin mit schnellen und einfachen Apps punkten. Denn die EU-Regelung ändert nichts an der grundsätzlichen Attraktivität des Geschäftsmodells für die Kunden im Vergleich zu den behäbigen Banken und Sparkassen.