Wer kennt diese Momente nicht, wenn man das Haus verlässt und sich fragt: Habe ich das Bügeleisen ausgesteckt? Ist der Herd aus? Habe ich die Haustüre abgeschlossen? Und auch, wenn man manchmal mehr als einmal checkt, ob alles in Ordnung ist, muss man sich nicht gleich Sorgen machen. Doch es gibt auch extremere Formen dieser Verhaltensweisen.

Innerlicher Druck durch Zwangsstörung

Gerät der Alltag nämlich durch das ständige Kontrollieren außer Kontrolle, liegt oftmals eine Zwangsstörung vor, wie Neurologe Professor Alexander Münchau von der Universität Lübeck erklärt. In solchen Fällen verspüren die Betroffenen einen enormen innerlichen Druck. Sie können nicht anders als 30 oder 40 Mal zu kontrollieren, ob Fenster oder Kühlschrank tatsächlich verschlossen sind. Solche Zwangsstörungen gibt es in verschiedensten Formen.

Diese Technik hilft zur Entspannung und steigert die Konzentration

Beispiel Waschzwänge

Eine Ausprägung solcher Kontrollzwänge ist ein Waschzwang. Die Betroffenen haben oft Ekel oder Angst vor Schmutz und Bakterien. "In der Folge werden die Hände, der Körper und unter Umständen auch die gesamte Wohnung ständig gewaschen oder gereinigt", erläutert Wolf Hartmann, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen. "Auch Zwangsgedanken, die sich dem Betroffenen permanent gegen seinen Willen aufdrängen und etwa aggressiver Art sind, können ein Problem sein", erklärt Christian Schmidt-Kraepelin, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie am LVR-Klinikum Düsseldorf.

Auslöser für Zwangsstörungen noch unbekannt

Bislang ist noch nicht erforscht, was solche Zwangsstörungen genau auslöst. Möglicherweise ist die Erkrankung erblich bedingt. Aber auch Faktoren in der Umwelt können Zwangsstörungen entstehen lassen. "In einer Familie, in der Perfektionismus eine große Rolle spielt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass eines der Mitglieder an einer Zwangsstörung erkranken könnte", sagt Hartmann.

 

Professionelle Hilfe durch Verhaltenstherapie

Wird eine Zwangsstörung richtig erkannt, kann sie durch eine Verhaltenstherapie behandelt werden. Doch oft vergehen viele Jahre bis sich Betroffene professionelle Hilfe holen. In der Therapie analysieren Therapeuten gemeinsam mit der betroffenen Person, in welchen Momenten die Zwangsstörung auftritt und was sie auslöst. Der Patient wird dann später bewusst Situationen ausgesetzt, in denen der Druck zur Zwangshandlung aufkommt. Der Therapeut hält ihn dann dazu an, dem Druck nicht nachzugeben um dann zu erkennen, dass die befürchteten negativen Folgen nicht entstehen, auch wenn das Verhalten unterlassen wird.

Tics als ähnliche Form von Zwängen

Nicht dasselbe, aber zumindest etwas ähnliches wie Zwangsstörungen sind sogenannte Tics. Hier handelt es sich häufig um motorische Tics, also bestimmte Bewegungen, die wiederholt werden oder vokale Tics, also eine Form von Lautäußerungen. Diese Tics treten auf, wenn die Betroffenen unter Spannung stehen. Schätzungen zufolge entwickeln 15 Prozent aller Grundschüler vorübergehend Tics. Allerdings gehen sie in vielen Fällen auch schnell wieder vorbei. Vor allem dann, wenn ihnen möglichst wenig Beachtung geschenkt wird. Erst, wenn der Tic chronisch wird, also über ein Jahr lang anhält, und der Betroffene darunter leidet, kann man eine Therapie in Erwägung ziehen.

Entspannungsübungen als Hilfe

Egal, ob es sich um eine Zwangsstörung oder einen Tic handelt, können auch Entspannungsübungen helfen, bevor man eine Therapie beginnt. Zum Beispiel können Yoga oder Autogenes Training hilfreich sein. . "Häufig verspüren Betroffene ein Vorgefühl", erklärt Münchau. Um dem etwas entgegenzuhalten, kann es helfen, die Faust anzuspannen, sich zu besinnen und seine Energie in andere Bahnen zu lenken. "Auch eine Achtsamkeitsübung kann den sich aufbauenden Druck lösen", ergänzt Hartmann.