- Mythen und Zahlen: Woher stammt der Sieben-Jahres Mythos?
- Was ist wirklich dran am Mythos?
- Welche Zellen erneuern sich, welche nicht?
- Erkenntnisse für medizinische Therapien
Unser Körper erneuert sich permanent. Ständig werden alte Zellen durch neue ersetzt. Nach sieben Jahren soll man so quasi ein "neuer Mensch" sein. Doch was ist wirklich dran am "Sieben-Jahres-Mythos" und wie hilft er der Medizin weiter?
Mythen und Zahlen
Was lange Zeit als Mythos galt, hat die moderne Zellforschung mit dem Nachweis der physiologischen Zell-Regeneration belegt: Unser Körper erneuert sich tatsächlich - jedoch dauert es keine sieben Jahre. Woher stammt dann aber der Mythos? Einen grundlegenden Ursprung findet der Sieben-Jahres-Mythos unter anderem im anthroposophischen Weltbild von Rudolf Steiner. Der Begründer der sog. Waldorfpädagogik ging in seinem umfassenden Werk "Der Kreislauf des Menschen innerhalb der Sinnes-, Seelen- und Geisteswelt" unter anderem dem Geheimnis der Wiedergeburt und dem Aufbau des Menschen mit seinen feinstofflichen Körpern nach.
Darüber hinaus wirst du vielleicht schon häufiger über die magische Bedeutung der Zahl Sieben gestolpert sein. Mit ihr sind viele Mythen verbunden: Es gibt sieben Schöpfungstage, sieben Todsünden, das Buch mit den sieben Siegeln, die Siebenmeilen-Stiefel oder die sieben Brücken, über die du gehen musst.
Bereits in der Antike galt die Zahl Sieben als "vollkommen", was Antipatros von Sidon in einem seiner Epigramme mit der Aufzählung der sieben Weltwunder zum Ausdruck brachte. Und so entstand letztlich auch mit dem Sieben-Jahres-Mythos eine Theorie, die allerdings noch nach ihren Beweisen sucht.
Unser Körper erneuert sich immer wieder
Dazu versuchte der schwedische Zellbiologe Jonas Frisén, tätig am europaweit angesehensten Karolinska-Institut in Stockholm, etwas Licht ins Dunkle zu bringen. Der renommierte Forscher auf dem Gebiet der Zellerneuerung kam dabei zu dem Ergebnis, dass sich der menschliche Körper in der Tat alle sieben bis zehn Jahre erneuert. Jedoch gehen diese Veränderungen unterschiedlich schnell vonstatten und betreffen auch nicht alle unsere Organe. In dem Zusammenhang veröffentlichte Frisén im Jahr 2005 eine Aufstellung unterschiedlicher Körperteile und deren Austauschzeit. Während sich beispielsweise ein Skelett etwa alle zehn Jahre erneuert, braucht die Leber dazu nur weniger als ein Jahr und die Haut wird nicht einmal zwei Wochen alt. Nur zwei bis vier Tage dauert es, bis sich die Gewebeoberfläche im Dünndarm vollständig ersetzt. In acht Tagen sind unsere Lungenbläschen wie neu, eine Fettzelle lebt dagegen leider acht Jahre.
Wie lange dein Körper nun für all das braucht, hängt sowohl von deinen individuellen genetischen Gegebenheiten als auch von deinem Alter und deinem Lebensstil ab. So können zum Beispiel lange ungeschützte Sonnenbäder oder regelmäßig übertriebener Alkoholgenuss den Prozess der Zellerneuerung nicht nur von Haut und Leber deutlich verzögern. Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und mentale Achtsamkeit sind für alle Erneuerungsprozesse dagegen förderlich. Im Alter lässt der Zellaustausch aber so oder so kontinuierlich nach und wird zunehmend fehleranfällig. Im schlimmsten Fall verläuft die Neubildung der Zellen auch krankhaft und es bildet sich Krebs. Bei der Erkrankung an Alzheimer, die häufigste Ursache von Demenz (lateinisch de= "weg von", mens= "Geist"), verursachen das schnelle Absterben beziehungsweise krankhafte Störungen von Zellen im Gehirn auch psychische Ausfälle und eine Veränderung der Persönlichkeit.
Gehirn, Herz, Ohren und Augen sind dabei wahre Dauerbrenner und müssen ein Leben lang halten. Denn dort finden leider keine vergleichbar bedeutsamen Wiederherstellungsprozesse von Zellen statt. Im Gehirn zum Beispiel arbeiten rund 20 Milliarden Nervenzellen rund um die Uhr. Täglich gehen bis zu 100.000 solcher Zellen unwiderruflich verloren. Glücklicherweise macht der tägliche Verlust nur etwa Zweihunderttausendstel der vorhandenen Hirnzellen aus. Das Herz kann im Laufe des Lebens immerhin eine Austauschquote von bis zu 40 Prozent schaffen. Seh- und Hörzellen regenerieren sich leider gar nicht. So erklärt sich trotz der ständigen Erneuerung von Zellen auch unser langsamer Abbau des Körpers im Alter.
Erkenntnisse für medizinische Therapien
Die Medizin ist in Teilen schon sehr weit mit dem Verständnis rund um die Prozesse der Zell-Regeneration. Zellforscher Jonas Frisén ist daher optimistisch, dass bei noch tieferem Wissen um den Austausch von Körperzellen, diese Erkenntnisse für medizinische Therapien genutzt werden können.
Nachweislich ist beispielsweise bei von Depression betroffenen Patienten*innen der Hippocampus (Schaltstelle zwischen Kurz- und Langzeitgedächtnis) verkleinert. Weil sich genau dort aber einer der wenigen Bereiche des Gehirns befindet, in dem lebenslang doch neue Nervenzellen gebildet werden können, lassen sich mit diesem Wissen Medikamente dagegen entwickeln.
Auch Vitamine können bei Depressionen helfen. Wie, das erfährst du hier.