- Psycho-Epigenetik untersucht Wechselwirkungen zwischen Psyche und Genregulation
- Externe Faktoren können Genaktivität beeinflussen, Prozess noch wenig erforscht
- Psycho-Epigenetik relevant für Behandlung von psychischen Störungen
Bereits seit 20 Jahren versuchen Wissenschaftler zu ergründen, inwieweit Genetik von äußeren Einflüssen beeinflusst wird. Eine spezielle Ausrichtung findet sich in der Psycho-Epigenetik. Doch was verbirgt sich hinter dem Begriff? Wir informieren dich über dieses Forschungsfeld und die Ergebnisse.
Forschung zur Epigenetik
Die Forschung hat sich in den letzten zwanzig Jahren zunehmend mit Epigenetik beschäftigt. Epigenetisch bedeutet so viel wie zusätzlich zur Genetik und beschreibt die Informationsebene oberhalb des Genoms. Das heißt, es besteht die Möglichkeit, dass die Genexpression, also ob eine bestimmte vererbte Eigenschaft zum Tragen kommt, auch von externen Faktoren beeinflusst werden kann.
Wenn du zum Beispiel die Veranlagung hast, leicht an Gewicht zuzulegen, dich aber immer gesund ernährst und viel Sport treibst, bleibt das zugehörige Gen vermutlich inaktiv. Weitere Beispiele finden sich in der Zwillingsforschung. Warum erkrankt der eine eineiige Zwilling an einer Erbkrankheit und der andere nicht? Die Ursache muss bei Umweltfaktoren oder Verhaltensweisen der Personen liegen, denn genetisch sind sie identisch.
Es gibt also externe Faktoren, die ein Gen ein- oder ausschalten. Diese nennt man DNA Methylierung. Dieser biochemische Prozess beeinflusst die Umsetzung der Erbinformation, ohne die DNA zu verändern. Dabei werden Enzyme an den DNA-Strang angehängt, sogenannte epigenetische Marker, die für die Aktivierung oder Deaktivierung des Gens sorgen. Es stellt sich die Frage, ob man die angehängten Enzyme wieder entfernen und den Prozess umkehren kann. Während die Mechanismen bei der Vererbung von Krankheiten über Generationen gut erforscht ist, steckt die Forschung zur Epigenetik noch in den Anfängen.
Psycho-Epigenetik
Einen speziellen Forschungsansatz in der Epigenetik stellt die Psycho-Epigenetik dar. Sie untersucht, inwieweit Gedanken und emotionale Zustände auf das Immunsystem, die Stressreaktionen und die Genregulation wirken.
Bei der Psycho-Epigenetik handelt es sich um ein interdisziplinäres Forschungsfeld, das die Wechselwirkungen zwischen psychologischen Prozessen und epigenetischen Mechanismen untersucht. Die Forscherinnen versuchen herauszufinden, wie psychologische Faktoren wie Stress, Trauma, emotionale Erfahrungen und Verhaltensweisen das Epigenom verändern.
Die Universität Göttingen hat in Zusammenarbeit mit dem Yerkes National Primate Center Altlanta Studien ausgewertet, die zeigen, dass bei Nagern und Rhesusaffen psychische Einflüsse die Genexpression in Gehirnregionen beeinflussen können, die mit Emotionen verknüpft sind. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Tiere, die weniger Betreuung durch die Mütter hatten, ein schwächeres Immunsystem entwickelten, als die in der Vergleichsgruppe. Da sich diese Ergebnisse nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen lassen, besteht hier noch Forschungsbedarf.
Anwendungsgebiete der Psycho-Epigenetik
Psychische Störungen zählen in Deutschland neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Erkrankungen des Bewegungsapparates zu den am häufigsten auftretenden Erkrankungen. Gerade hier sind die medizinischen Kenntnisse aber teilweise nicht so weit entwickelt wie in den klassischen Bereichen der Schulmedizin. Daher gibt es auch nicht immer gesicherte Behandlungsmethoden. Oft ist die Ursache der psychischen Erkrankungen unklar und es wird versucht, mit verschiedenen Therapieansätzen und Medikamenten dagegen anzugehen.
Buchtipp: 'Gesundheit ist kein Zufall: Wie das Leben unsere Gene prägt - Die neuesten Erkenntnisse der Epigenetik' - hier direkt ansehenWürde man die Gründe für die Störungen genauer kennen, könnte auch die Behandlung gezielt erfolgen. Wie Spektrum.de berichtet, scheinen bestimmte Genvarianten die Entstehung von psychischen Störungen zu fördern. Wann die entsprechenden Gene zum Tragen kommen, ist aber noch unklar. Die Max-Planck-Gesellschaft forscht genau auf diesem Gebiet und vermutet, dass molekulare Vorgänge bzw. Störungen zur Entstehung psychischer Erkrankungen beitragen könnten.
Diese Erkenntnisse der Psycho-Epigenetik könnten helfen, Präventions- und Behandlungsstrategien zu entwickeln und folgende Fragen zu beantworten: Warum verarbeiten manche Menschen traumatische Erfahrungen besser als andere? Wie wirken Psychotherapien? Wieso reagieren Patienten unterschiedlich auf Behandlungen? Wie können die Therapien verbessert werden? Psycho-Epigenetik ist vielleicht der Schlüssel zu innovativen, gezielten Behandlungsmethoden psychisch Kranker. Viele Betroffene, die bisher eine Ärzte- oder Psychotherapeuten-Odyssee hinter sich haben, könnten von den Forschungsergebnissen dieser Wissenschaft profitieren und individualisierte Therapien erhalten.
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