• Symptome bei Migräne?
  • Welche Ursachen werden diskutiert?
  • Ergebnisse der Studie
  • Was kannst du gegen Migräne tun?

Bei Migräne handelt es sich um eine neurologische Erkrankung mit anfallsartig auftretenden Kopfschmerzen, die in unregelmäßigen Abständen auftreten. Manche Betroffene erleiden nur ein- bis zweimal im Jahr einen Migräneanfall, andere mehrmals im Monat oder sogar täglich. In einer Studie wurde untersucht, weshalb vor allem Frauen davon betroffen sind. 

Symptome bei Migräne

So viele Blitze schlugen 2021 in Rheinland-Pfalz ein.
CC0 / Pixabay / FelixMittermeier

Häufig zeigen sich die mäßigen bis starken Schmerzen einseitig an einer Kopfseite, sie können sich aber auf die andere Kopfseite ausdehnen. Patienten beschreiben die Schmerzen häufig als pulsierend, pochend oder stechend. Dabei können die Migräneattacken wenige Stunden bis zu mehreren Tagen lang andauern. Häufig treten Begleitsymptome wie Appetitlosigkeit, Übelkeit, Lärmempfindlichkeit und Lichtscheu oder eine Überempfindlichkeit gegenüber Gerüchen auf. Körperliche Bewegung verschlimmert die Symptome häufig noch zusätzlich, sodass Migränepatienten ihren normalen Tagesablauf häufig nicht mehr absolvieren können.

Was bedeutet Migräne mit Aura?

Hierbei handelt es sich um eine Sonderform der klassischen Migräne. Etwa 10 bis 15 % der Patienten nehmen vor den eigentlichen Kopfschmerzen Sehstörungen oder andere Erscheinung wahr. Dabei können Wahrnehmungsstörungen wie Lichtblitze, bizarre Formen oder verwackelte bis verschwommene Bilder auftreten. Außerdem leiden manche Patienten unter Sensibilitätsstörungen, Drehschwindel oder Lähmungserscheinungen. Dies bezeichnet man als „Aura“. Typischerweise verschwindet die Aura innerhalb einer Stunde wieder und der eigentliche Migränekopfschmerz stellt sich ein. 

Wie häufig tritt die Erkrankung auf?

Bei Migräne handelt es sich um eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen, von der in Deutschland etwa 12 bis 14 % aller Frauen und 6 bis 8 % aller Männer betroffen sind. Etwa zwei Drittel aller Betroffenen sind weiblich. Auch bei Kinder können Migräneanfälle auftreten. Bis zur Pubertät erleiden etwa 4 bis 5 % der Kinder einen Migräneanfall. Hinsichtlich ihrer Häufigkeit und Schwere erreicht die Migräne zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr ihren Höhepunkt und nimmt ab dem 55. Lebensjahr kontinuierlich ab. 

Was passiert im Gehirn während eines Migräneanfalls?

Verschiedene Theorien deuten darauf hin, dass entzündliche Prozesse in den Blutgefäßen stattfinden. Dabei sind bestimmte Regionen im Bereich des Hirnstamms, welche als „Migränegenerator“ bezeichnet werden, besonders aktiv. Bei erhöhter Aktivität werden bestimmte Äste des Trigeminusnervs, eines Hirnnervs mit drei Ästen, stimuliert. Diese Stimulierung ruft an Blutgefäßen der Hirnhaut und am Nervengewebe schmerzhafte Entzündungen hervor. Zeitgleich kommt es zur Freisetzung bestimmter Entzündungs- und Hirnbotenstoffe, sogenannter Neurotransmitter.

Dem gegenüber stehen Studien, die nicht im Hirnstamm, sondern im Bereich der Hirnrinde verstärkte Aktivitäten erkannt haben. Interessanterweise wurden diese überschießenden Reaktionen auch zwischen den Migräneanfällen beobachtet. Dies erhärtet den Verdacht, dass bei Migränikern eine erhöhte Netzwerkaktivität zwischen den Gehirnbereichen besteht, die für das Hören, Sehen, Fühlen und die Bewegung zuständig sind. Dies könnte erklären, warum Migränepatienten so empfindlich auf äußere und innere Auslösefaktoren reagieren.

Welche Ursachen werden diskutiert?

Zu viel Stress kann Migräne auslösen.
CC0 / Pixabay / geralt

Bisher konnten die komplexen Prozesse, die bei einer Migräneattacke im Gehirn ablaufen, noch nicht vollständig erforscht werden. Diskutiert werden allerdings verschiedene Einflussfaktoren, die auch als Triggerfaktoren bezeichnet werden. Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) listet unter anderem folgende Faktoren auf:

  • Genetische Ursachen kombiniert mit äußeren Einflüssen
  • Hormonelle Ursachen, z. B. Schwankungen im weiblichen Monatszyklus
  • Unterschiedliche Verarbeitung von Schmerzsignalen im Gehirn
  • Hohe Stressbelastung, aber auch nachlassender Stress
  • Unregelmäßige Schlaf- und Essenszeiten
  • Bestimmte Ernährungsgewohnheiten
  • Wetterumschwünge
  • Reizüberflutung durch bestimmte Gerüche, Geräusche oder Lichter
  • Körperliche Bewegung
  • Alkohol, Nikotin, schwankender Koffeinspiegel bei regelmäßigem Kaffeegenuss 

Um den Triggerfaktoren auf die Spur zu kommen, kann ein Migränetagebuch* sehr hilfreich sein, in dem Zeitpunkt, Schmerzstärke, Begleitsymptome und mögliche Auslöser notiert werden.

Studienergebnisse zeigen geschlechtsspezifische Unterschiede

Epigenetische Effekte könnten das Migränerisiko beeinflussen
CC0 / Pixabay / qimono

In der neuen Studie wurden geschlechterspezifischen Unterschiede bei Migräne erforscht. Die Zwillingsstudie widmet sich den Mechanismen, die dafür verantwortlich sein können, dass etwa zwei Drittel aller von Migräne betroffenen Personen weiblich sind. Hierzu wurden knapp 52.000 Teilnehmer aus dem schwedischen Zwillingsregister dahingehend untersucht, welche genetischen Faktoren zum vermehrten Auftreten der Migräne bei Frauen führen könnten. Aus vorangegangenen Zwillings- und Familienstudien ist bekannt, dass die Genetik eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer Migräne spielt. Hierbei stützt sich das klassische Zwillingsdesign auf den Vergleich zwischen eineiigen Zwillinge, die zu 99,99 % über identisches Erbmaterial verfügen und zweieiigen Zwillingen, bei denen im Mittel etwa 50 % der Gene identisch sind.

Die Ergebnisse der Studie bestätigten, dass das Risiko, Migräne zu vererben bei Männern und Frauen gleich verteilt ist und rund 45 % beträgt. Über die Geschlechter hinweg konnte kein Beweis erbracht werden, dass verschiedene Gene bei Männer und Frauen das Migränerisiko beeinflussen. Ein Großteil dieser genetischen Ursachen wurden den sogenannten nicht-additiven Faktoren zugeschrieben. Hierbei handelt es sich um einzelne dominante Risikogene, die allein schon eine Migräne auslösen können. Additive Faktoren sind solche, die erst in Summe und in Interaktion miteinander zu einem Migräneanfall führen können. Diese beeinflussen das Vererbungsrisiko allerdings weniger stark. Das Restrisiko erklärten Forscher mit verschiedenen Umwelteinflüssen

Das vorgeburtliche Hormonmilieu kann die Migräneanfälligkeit beeinflussen

Bisher gingen Wissenschaftler von der Hypothese aus, dass höhere Östrogenspiegel bei Frauen das Migränerisiko erhöhen könnten. Studien konnten zeigen, dass Männer ein geringeres Migränerisiko haben, was unter anderem der Wirkung von Testosteron zugeschrieben wurde. Aus diesem Grund nahmen die Forscher auch bei dieser Studie an, dass bei zweieiigen Zwillingen die Produktion des Sexualhormons Testosteron durch den männlichen Zwilling das Migränerisiko beim weiblichen Co-Zwilling senken würde. Die Studie brachte jedoch ein gegensätzliches Ergebnis hervor. Denn bei Frauen, die sich den Mutterleib mit einem männlichen Zwilling teilten, trat Migräne öfter auf. Eine mögliche Erklärung könnte das Testosteron selbst bieten. Denn es ist bekannt, dass ein bestimmtes Enzym weiblichen Ungeborenen die Möglichkeit bietet, das mütterliche Testosteron in Östrogen umzuwandeln. Zusätzlich könnte nun das Testosteron des Zwillingsbruders im Organismus der Schwester in Östrogen umgewandelt werden. Das würde den Östrogenspiegel im Organismus des weiblichen Zwillings zusätzlich steigern. Eine weitere Hypothese besagt, dass der männliche Zwilling das Hormonsystem des weiblichen Ungeborenen so beeinflussen könnte, dass es lebenslang empfindlicher auf Östrogen oder Veränderungen dieses Hormons reagiert.

Können vererbte Gen-Schalter das Migränerisiko beeinflussen?

Mit dieser Frage beschäftigt sich der Wissenschaftszweig der Epigenetik. Dieses noch junge Wissenschaftsgebiet erforscht, wie Genabschnitte durch verschiedene Markierungen, die biochemische Veränderungen auslösen, wie mit einem Schalter an- und abgeschaltet werden können. Der genetische Code bleibt dabei unverändert und wird von dieser epigenetischen Struktur nicht beeinflusst. Sie ist aber sehr wohl in der Lage, die Lesbarkeit bestimmter Genabschnitte zu verändern, sodass der Code für den Bau bestimmter Proteine abgelesen werden kann oder eben nicht. So können Zellen individuell steuern, wann welches Protein in welchen Mengen produziert werden soll. Im Gegensatz zu Mutationen sind die Veränderungen, die die epigenetischen Strukturen hervorrufen, umkehrbar und können somit flexibel auf Umweltveränderungen reagieren.

Inwiefern die Aktivierung oder Stilllegung bestimmter Genabschnitte eine Rolle bei der Migräne spielt, ist noch nicht klar. In der vorliegenden Studie wurde die Hypothese aufgestellt, dass das vorgeburtliche Hormonmilieu das epigenetische Nervensystem beeinflussen könnte. Insbesondere bei zweieiigen Zwillingen scheinen die männlichen Sexualhormone in der Gebärmutter bei den weiblichen Zwillingen eine dauerhafte Veränderung beim Ablesemechanismus bestimmter Genabschnitte zu bewirken. Da diese Veränderungen auch das Nervensystem betreffen, kann ein Zusammenhang mit der Migräneanfälligkeit angenommen werden.   

Bewertung der Studie und Ausblick

Betrachtet man allein die Genetik, liegt bei Frauen und Männern die Wahrscheinlichkeit Migräne zu vererben bei 45 %. Allerdings fanden die Forschenden bei den Frauen mehr Gene, deren Kombination eine Migräne auslösen kann. Außerdem stellten die Forschenden fest, dass Frauen, die einen Zwillingsbruder haben, häufiger Migräne haben als Frauen mit einer Zwillingsschwester. Warum, ist noch unklar. Die Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass geschlechtsspezifische Unterschiede bei Migräne nicht ausschließlich von genetischen Faktoren abhängen. Es wurde aber deutlich, dass eine "Vermännlichung" des vorgeburtlichen Milieus das Migränerisiko bei Frauen erhöhen kann, was auf mögliche hormonelle Wirkmechanismen vor der Geburt hindeuten könnte. Auch der Einfluss von epigenetischen Veränderungen auf das Nervensystem könnte sich auf die Wahrscheinlichkeit auswirken, dass Frauen eher eine Migräne entwickeln als Männer.  In Zukunft werden größere Studien notwendig sein, um die Bedeutung der Geschlechtsunterschiede bei Migräne besser zu verstehen und damit die Diagnose- und Therapiemöglichkeiten zu verbessern.

Was kannst du gegen Migräne tun?

Entspannungstechniken können beim Stressabbau unterstützen
CC0 / Pixabay / Juuucy

Migräne ist nicht heilbar, allerdings verschaffen dir Medikamente bei akuten Beschwerden Linderung und können im Rahmen einer Migräne-Prophylaxe dabei helfen, zukünftigen Attacken vorzubeugen.

Einige Medikamente sind verschreibungspflichtig, wie zum Beispiel die meisten Triptane. Diese speziellen Migräne-Medikamente bewirken eine Verengung der erweiterten Gefäße im Gehirn und unterdrücken die Ausschüttung von Botenstoffen, die die Entzündungsreaktion anfachen. Geht der Migräneanfall mit Erbrechen einher, sind sogenannte Antiemetika hilfreich. Gegen die Kopfschmerzen werden herkömmliche Schmerzmittel (Analgetika) empfohlen. Jedoch solltest du dich vor Einnahme von Medikamenten, die rezeptfrei in Apotheken erhältlich sind, von deinem Arzt hinsichtlich Auswahl und Dosierung beraten lassen. 

Zusätzlich stehen auch verschiedene nicht-medikamentöse Methoden zur Verfügung:

  • Informationen geben Sicherheit: Zunächst solltest du dich genau über das Krankheitsbild informieren und mit deinem Arzt darüber sprechen, damit du die Symptome einordnen kannst und eine beginnende Migräne schneller erkennst.
  • Regelmäßige Bewegung kann Migräne vorbeugen: Ausdauersportarten wie Schwimmen, Radfahren oder Laufen können einer Migräne vorbeugen. Hierbei ist noch nicht ganz geklärt, ob eher der entspannende Faktor positiv wirkt oder andere Effekte. Bei manchen Patienten kann Sport allerdings auch Migräneanfälle auslösen. Hier ist das individuelle Maß entscheidend, dass du für dich finden musst. 
  • Ernährung mit Omega-3-Fettsäuren ergänzen: Studienergebnisse deuten darauf hin, dass Omega-3-Fettsäuren aus fettreichen Meeresfischen wie Lachs oder Hering die Schmerzintensität bei Migräne und die Anzahl der Migränetage verringern können. Allerdings besteht noch Klärungsbedarf, ob die positive Wirkung auch bei Kindern, Männern und ältere Erwachsene zutage tritt, da an der Studie hauptsächlich jüngere Frauen teilnahmen. Wer sich vegan ernährt, kann entsprechend auf Algenöl zurückgreifen.
  • Biofeedback als effektive Migräne-Vorbeugung: Bei der Biofeedback-Methode lernst du Körperprozesse zu kontrollieren, die eigentlich unbewusst ablaufen. Dazu zählen zum Beispiel der Herzschlag oder die Muskelspannung. Diese Prozesse werden dir mittels Sensoren, die am Körper angebracht werden, akustisch oder visuell rückgemeldet. Somit kannst du nun mit deiner Willenskraft versuchen, diese Prozesse zu verändern. Jede Veränderung wird dir rückgemeldet, sodass du jederzeit über die Wirkung deiner Willenskraft informiert bist. Besonders effektiv ist das sogenannte Blutvolumenpuls-Biofeedback. Dabei übst du in schmerzfreien Intervallen, kraft deines Willens, die rechte oder linke Schläfenarterie zu verengen. Diese Fähigkeit kannst du dann während einer Migräneattacke einsetzen und damit den Blutfluss in dem Gefäß verringern und den Schmerz einschränken. Die Methode hat sich als sehr erfolgreich erwiesen, obwohl Wissenschaftler heute eher davon ausgehen, dass eine Fehlsteuerung der Nerven im Bereich des Hirnstamms für die Auslösung der Migräne ursächlich ist.
  • Mit kognitiver Verhaltenstherapie hilfreiche Strategien erlernen:  Mit dieser Methode lernst du, insbesondere in Stresssituationen bestimmte Bewältigungsstrategien einzusetzen. Außerdem werden bisherige Denkmuster analysiert, die eventuell Stress auslösen können, und entsprechend bearbeitet. Hierdurch soll deine Selbstkontrolle gesteigert und das Gefühl des Ausgeliefertseins gemindert werden. In Bezug auf einen Migräneanfall könnten beispielsweise bestimmte Schmerzbewältigungsstrategien dabei helfen, sich vom Schmerz zu distanzieren und die Aufmerksamkeit auf andere Dinge zu lenken. Dieses Verfahren eignet sich besonders für Menschen, die sehr stressanfällig sind und bei denen Stress zu Migräneattacken führt. 

Zum Weiterlesen: Von Migräne bis Spannungsschmerzen: Was bei Kopfschmerzen hilft

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