- Intensivpflege-Gesetz geändert: Wer darf noch zu Hause gepflegt werden?
- Wann treten die Regeln in Kraft?
- Welche Regeln gibt es in Bezug auf die außerklinische Intensivpflege?
- Was ist neu im Bereich der medizinischen Rehabilitation?
- Kritische Stimmen: Verbände gehen von erhebliche Einschränkung des Selbstbestimmungsrechtes von intensivpflegebedürftigen Menschen aus
Wer einer Intensivpflege bedarf, hat es im Hinblick auf die Pflege nicht immer leicht. So kommt es oft vor, dass die außerklinische Intensivpflege nicht in ausreichendem Maße geleistet wird. Um laut Bundesgesundheitsministerium die Versorgung der Patient*innen mit außerklinischem Intensivpflegebedarf zu verbessern, greift nun ein neues Gesetz.
Neue Regelungen: Das gilt für die außerklinische Intensivpflege
Bereits im Oktober des Jahres 2020 wurde das neue Gesetz beschlossen, jedoch mit einer Übergangsfrist von drei Jahren. Für die Intensivpflege bedeutet dies, dass seit dem 1. Januar 2023 neue Regeln gelten. Das neue Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (IPReG) hat sich zum Ziel gesetzt, dass Intensivpflegebedürftige zukünftig besser versorgt werden. Zudem sollen Fehlanreize in der Intensivpflege beseitigt, die Selbstbestimmung der betroffenen Menschen gestärkt und der Zugang zur medizinischen Rehabilitation erleichtert werden. Aufgrund einer Übergangsregelung dürfen Ärztinnen und Ärzte die außerklinische Intensivpflege bis zum 30. Oktober wie bisher verordnen. Ab diesem Datum muss jedoch alles nach den neuen Regeln laufen.
Derzeit ist es so, dass der Ort, an dem die Pflegebedürftigen versorgt werden, maßgeblich von den finanziellen Möglichkeiten abhängt. Mit dem neuen Gesetz soll sich das jedoch ändern. Aus diesem Grund werden einerseits verbindliche Vorgaben für die Intensivpflege zu Hause geschaffen, andererseits soll die Pflege in stationären Einrichtungen bezahlbar gemacht werden. Damit soll eine verbesserte und fachgerechte Pflege gesichert werden.
In das Sozialgesetzbuch V wird in diesem Zuge ein neuer Leistungsanspruch auf die außerklinische Intensivpflege aufgenommen. Dies bedeutet, dass zukünftig nur besonders qualifizierte Ärztinnen und Ärzte eine außerklinische Intensivpflege verordnen dürfen.
Auch diese Änderungen solltest du kennen
Eine außerklinische Intensivpflege kann beispielsweise an folgenden Orten erfolgen:
- Pflegeeinrichtungen
- Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen
- Qualitätsgesicherte Intensivpflege-Wohneinheiten
- Eigene Häuslichkeit
- Betreutes Wohnformen
- Schulen
- Kindergärten
- Werkstätte
Es soll zukünftig sichergestellt werden, dass die Intensivpflege dort auch dauerhaft qualitätsgesichert erbracht wird. Dies soll durch eine jährliche persönliche Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD) am Leistungsort erfolgen. Der Medizinische Dienst prüft im Auftrag der Krankenkassen, ob die medizinische und pflegerische Versorgung tatsächlich und dauerhaft sichergestellt werden kann. Ist die Unterbringung in einer stationären Einrichtung aus finanziellen Gründen nicht möglich gewesen, soll nun eine weitgehende Entlastung von Eigenanteilen erfolgen. Intensivpflegebedürftige erhalten die Kostenübernahme für sechs Monate; auch dann, wenn sich der Gesundheitszustand der betroffenen Person verbessert hat. Es ist möglich, dass Krankenkassen die Leistungsdauer in ihrer Satzung entsprechend verlängern.
Es soll außerdem ein Entwöhnungsversuch für Patient*innen mit einer Beatmung erfolgen, bevor diese aus dem Krankenhaus entlassen werden. Dafür muss im Individualfall entschieden werden, ob eine Entwöhnung möglich erscheint. Damit der Entwöhnungsversuch tatsächlich durchgeführt wird, wird eine zusätzliche Vergütung gezahlt sowie weitere Anreize gesetzt. Eine außerklinische Intensivpflege darf nur noch durch qualitätsgeprüfte Pflegedienste erbracht werden. Grund dafür ist unter anderem, dass es jahrelang zu milliardenschweren Betrügereien von Pflegedienstleistern kam. Wie unter anderem das Aerzteblatt berichtet, wurde durch Razzien in mehreren Bundesländern ein organisierter Betrug aufgedeckt. Inzwischen werden jedoch bundeseinheitliche Maßnahmen zur Qualitätssicherung formuliert. Betrügereien sollen damit eingedämmt werden.
Regelungen im Bereich der medizinischen Rehabilitation
Auch im Bereich der medizinischen Rehabilitation soll sich im Zuge des Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetzes einiges verändern. So wird der Zugang zur medizinischen Rehabilitation zukünftig leichter sein. Stellen verordnende Ärztinnen und Ärzte die Notwendigkeit für eine geriatrische Rehabilitation fest, müssen sich Krankenkassen an diese halten. Von der Verordnung kann nur abgewichen werden, wenn die Krankenkasse vorher eine Überprüfung durch den Medizinischen Dienst hat durchführen lassen.
Für die geriatrische Rehabilitation wird eine Regeldauer festgelegt. Handelt es sich um eine ambulante Rehabilitation, beträgt diese 20 Behandlungstage. Bei einer stationären sind es drei Wochen. Darüber hinaus wird das Wahl- beziehungsweise Wunschrecht der Versicherten gestärkt. Einerseits wird die Mindestwartezeit für eine erneute Reha von Kindern und Jugendlichen gestrichen. Andererseits wird auch der Mehrkostenanteil halbiert, welchen Versicherte bisher zahlen mussten, wenn sie eine andere als von der Krankenkasse zugewiesene Reha-Einrichtung wählen.
Des Weiteren wird die sogenannte Grundlohnsummenbindung für Vergütungsverhandlungen aufgehoben. Ziel dessen ist laut Bundesministerium für Gesundheit, dass Reha-Einrichtungen ihren Pflegekräften ein angemessenes Gehalt zahlen können. Bei der Grundlohnsumme handelt es sich um das zentrale Bemessungsinstrument für die Lohnentwicklung im Gesundheitsbereich. Um für einheitliche Vorgaben für Versorgungs- und Vergütungsverträge zu sorgen, werden außerdem Rahmenempfehlungen auf Bundesebene beschlossen.
Strittige Aspekte: Der Weg bis hin zur finalen Gesetzesfassung
Während des gesamten Verfahrens blieb der Gesetzesentwurf in weiten Teilen umstritten. So wurde der erste Referentenentwurf von dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) nach Protesten und deutlicher Kritik bereits überarbeitet. Ursprünglich sah der Entwurf vor, dass die Intensivpflege mit Beatmung in der eigenen Häuslichkeit nur noch die Ausnahme sein soll. Bei dieser ursprünglichen Fassung sahen unter anderem Sozial- und Behindertenverbände eine erhebliche Einschränkung des Selbstbestimmungsrechtes von intensivpflegebedürftigen Menschen.
Der zweite Gesetzesentwurf blieb ebenfalls lange umstritten. Hier lag die Kritik vor allem darin, dass Krankenkassen nun die Möglichkeit hätten zu entscheiden, ob jemand zu Hause oder in einer stationären Einrichtung behandelt wird.
Im Gesundheitsausschuss wurde sich final auf einen Kompromiss geeinigt. So ist es jetzt auch wichtig, dass nach den berechtigten Wünschen der versicherten Person zu entscheiden ist. Dies bedeutet, dass der Medizinische Dienst (MD) zwar dennoch zu einer jährlichen Prüfung kommt, jedoch nicht gegen den Willen des oder der Pflegebedürftigen eine stationäre Pflege auferlegen darf. Stattdessen soll eine Vereinbarung zwischen Kasse und der versicherten Person zu Nachbesserungsmaßnahmen getroffen werden. Dennoch sind medizinische Fachkräfte laut Merkur besorgt, dass es nicht genügend spezialisierte Ärztinnen und Ärzte in Deutschland gäbe.
Fazit - die neue Regelung soll bessere und sicherere Umstände schaffen
Die neue Richtlinie über die Verordnung von außerklinischer Intensivpflege ist im Januar 2023 in Kraft getreten. Betroffen sind davon Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die schwerstkrank sind und beispielsweise beatmet oder künstlich ernährt werden. Intensivpflegebedürftige benötigen eine umfangreiche medizinische und pflegerische Betreuung, die nun durch die neue Regelung besser als zuvor gesichert werden soll.
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