Die Folgen der Corona-Pandemie machen sich noch immer bemerkbar. Auch nach einer überstandenen Infektion leiden viele Betroffene unter Folgekrankheiten. Zum Beispiel haben mehrere Studien gezeigt, dass Covid-19 Diabetes Typ 2 begünstigen kann. Die Stoffwechselerkrankung hat bekanntermaßen viele Auslöser: Bewegungsmangel, Übergewicht, ungesunde Ernährung oder erbliche Veranlagung. Diabetes Typ 1 ist dagegen rätselhafter. Forschende haben inzwischen aber festgestellt, dass auch die Autoimmunkrankheit in Zusammenhang mit einer Corona-Infektion stehen kann.

Typ-1-Diabetes entsteht meist schon im Kindesalter. Über die Ursache ist nur wenig bekannt. Klar ist nur, dass es eine Autoimmunreaktion des Körpers gegen sich selbst ist. Die Immunzellen greifen fälschlicherweise die Beta-Zellen an, die in der Bauchspeicheldrüse sitzen und für die Insulin-Produktion zuständig sind. Menschen mit Diabetes Typ 1 haben deshalb kaum körpereigenes Insulin. Sie müssen das Hormon ihr Leben lang spritzen, um ihren Blutzuckerspiegel zu regeln. Was der genaue Unterschied zwischen Diabetes Typ 1 und Typ 2 ist und was passiert, wenn beide Formen gleichzeitig auftreten, erfährst du hier.

Kann Corona Diabetes Typ 1 auslösen? Studien geben wichtigen Hinweis

Diese Form von Diabetes mellitus ist allerdings relativ selten, fast 95 Prozent der Diabetiker*innen haben Typ-2-Diabetes. Gemessen an der Gesamtbevölkerung haben derzeit nur rund 0,4 Prozent der Deutschen Diabetes Typ 1. Jährlich kommen ungefähr 3100 neue Fälle dazu - mit der Corona-Pandemie ist diese Zahl jedoch deutlich gestiegen. Eine Forschungsgruppe um Clemens Kamrath von der Justus-Liebig-Universität in Gießen stellte fest, dass zwischen Januar 2020 und Juni 2021 deutlich mehr Kinder und Jugendliche an Diabetes Typ 1 erkrankt sind als sonst. Etwa drei Monate nach dem Höhepunkt der Pandemie wurden auch die meisten Neuerkrankungen mit Typ-1-Diabetes gemeldet. Einen direkten Zusammenhang konnte die Studie nicht nachweisen. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin "Diabetes Care" veröffentlicht.

Erst 2023 konnte eine weitere Studie einen Hinweis liefern, die auf dem Fachportal Jama veröffentlicht wurde. Eine Forschungsgruppe des Helmholtz Zentrums München und der TU Dresden haben dazu die Daten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern ausgewertet. Dabei zeigte sich ein möglicher Zusammenhang: Bei Kindern zwischen zwei und zwölf Jahren, die bereits Corona hatten, sei häufiger Diabetes Typ 1 diagnostiziert worden. Laut den Fachleuten hätten die Kinder nach der Corona-Infektion ein 57 Prozent höheres Risiko, an Typ-1-Diabetes zu erkranken, als Kinder, die noch kein Covid hatten. Der Diabetes habe sich oft im selben Quartal wie die Infektion entwickelt, teils erst im darauffolgenden. 

Die Studienergebnisse deuten somit darauf hin, dass Covid-19 die Autoimmunerkrankung auslösen könnte - ein abschließender Beleg steht aber noch aus. "Wir sind vorsichtig mit der Interpretation unserer Ergebnisse", erklärt Ezio Bonifacio von der TU Dresden, Mitautor der Studie. "Aber das Virus könnte entweder die dem Typ-1-Diabetes zugrundeliegende Entstehung der Autoimmunität begünstigen, oder eine bereits bestehende Autoimmunität verstärken und so die Zerstörung der insulinproduzierenden Beta-Zellen beschleunigen." Um den genauen Mechanismus dahinter aufzuklären, seien weitere Studien notwendig.

Studien machen Hoffnung: So könnte Diabetes Typ 1 verzögert werden

Auch die Aussagekraft der Studiendaten ist mit Vorsicht zu betrachten. Wie die Forschenden betonen, gab es auch in der Gruppe von Kindern, die keine Corona-Infektion hatte, einen leichten Anstieg an Diabeteserkrankungen. Das könne auch daran liegen, dass viele Infektionen symptomfrei und damit unbemerkt verlaufen. Zudem wurden die Daten der Kassenärztlichen Vereinigung pro Quartal erfasst. Es lässt sich also nicht feststellen, ob der Diabetes Typ 1 vor oder nach der Corona-Infektion aufgetreten ist, wenn beide Diagnosen im selben Quartal gestellt wurden.

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Ganz neu ist die Annahme aber nicht. Forschende des Penn State College of Medicine hatten ähnliche Schlüsse gezogen. In ihrer Meta-Analyse wurde jedoch nicht zwischen Diabetes Typ 1 und Typ 2 unterschieden. Darüber hinaus vermuten Wissenschaftler*innen bereits seit mehr als 40 Jahren, dass Viren der wahre Auslöser von Diabetes Typ 1 sein könnten. Nur gab es lange Zeit keine ausreichenden Beweise dafür. Im Jahr 2012 haben italienische Forschende entdeckt, dass Grippeviren zur Entstehung von Typ-1-Diabetes beitragen könnten. Die Untersuchungen zum Coronavirus stützen somit diese Annahme. 

Und wozu das Ganze? Diabetes Typ 1 kann bislang nicht geheilt werden. Forschende suchen aber nach Möglichkeiten, den Ausbruch der Krankheit zu verzögern. Gibt es ausreichende Belege dafür, dass Viruserkrankungen zu Diabetes führen, könnten gezielte Impfungen möglicherweise helfen. Kinder aus Familien mit Typ-1-Diabetiker*innen könnten etwa mit einer Grippe- oder Corona-Impfung zumindest zeitweise geschützt werden. 

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