- Was genau ist ALS?
- Wie entsteht die Krankheit?
- Krankheitsverlauf und Therapien
- Verläuft sie bei Männern anders als bei Frauen?
ALS – Amyotrophe Lateralsklerose ist eine Krankheit der Bewegungsneuronen, die zu Muskellähmung führt. Sie ist fortschreitend und führt meist innerhalb weniger Jahre zum Tod. Eine Heilung gibt es momentan nicht. Forschungen deuten darauf hin, dass es möglicherweise Unterschiede bei den Symptomen und im Verlauf zwischen Mann und Frau gibt. Claudia Albreit aus Nürnberg leidet an der Krankheit. Ihr Sohn kann sich kaum noch an ihre Stimme erinnern.
ALS: Wie entsteht sie und was kann man tun?
Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) wurde erstmals vor rund 150 Jahren vom französischen Arzt Jean-Martin Charcot beschrieben. Er gilt als Begründer der modernen Neurologie und ihm gelang es, klinische Symptome mit anatomischen Befunden überein zu bringen und grenzte damit ALS von der Multiplen Sklerose ab. Er beschrieb die Veränderungen im Nervengewebe äußerst genau und sagte voraus, dass es noch sehr lange dauern wird, bis ALS erfolgreich behandeln werden kann.
ALS ist eine Erkrankung des zentralen und peripheren Nervensystems. Die Ursachen sind weitgehend unbekannt. Jedes Jahr erkranken etwa ein bis zwei Personen je 100.000 an ALS, meist bricht sie zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr aus, jüngere Erwachsene sind selten betroffen. Allerdings scheint die Häufigkeit weltweit etwas zuzunehmen. Bekanntester Patient ist wohl der Physiker Stephen Hawking, bei dem die Krankheit diagnostiziert wurde, als er gerade 21 Jahre alt war. Männer erkranken etwas öfter als Frauen im Verhältnis 1,2 zu 1. Die Krankheit betrifft fast ausschließlich das motorische Nervensystem. Empfindungen wie Berührung, Schmerz und Temperatur.
Sehen, Riechen, Hören, Schmecken sowie die Funktionen von Blase und Darm bleiben weitgehend normal. Unsere Muskeln werden vom "motorischen System" kontrolliert, welches auch die Bewegungen steuert. Dieses erkrankt sowohl in seinen zentralen (1. motorisches Neutron im Gehirn bis ins Rückenmark) als auch in seinen peripheren Anteilen (2. motorisches Neutron in Hirnstamm und Rückenmark bis zum Muskel). Dies führt zu unwillkürlichen Muskelzuckungen, Muskelschwäche und Muskelschwund an Armen und Beinen sowie in der Atemmuskulatur. Auch können Sprech-, Kau- und Schluckmuskulatur geschwächt werden. Ebenso können Muskellähmungen und Spastiken auftreten.
Symptome und Diagnostik: So läuft die Krankheit ab
Die ersten Symptome können bei den Erkrankten an unterschiedlichen Stellen auftreten. So können zunächst nur Schwächen an einzelnen Muskeln in der Hand- und Unterarmmuskulatur spürbar werden, dies auch nur an einer Seite, bevor sie sich auf die Gegenseite oder die Beine ausdehnen. Seltener beginnen die Symptome in der Unterschenkel- oder Fußmuskulatur und in der Oberarm- oder Schultermuskulatur. Teilweise beginnt die Krankheit mit Symptomen im Bereich der Sprech-, Kau- und Schluckmuskulatur. Selten hingegen sind am Anfang spastische Lähmungen.
Buchtipp Spiegel-Bestseller: 'ALS und andere Ansichtssachen' - hier ansehenDoch bereits im Frühstadium wird häufig über unwillkürliche Muskelzuckungen oder schmerzhafte Muskellähmungen geklagt. Die Krankheit schreitet in der Regel langsam fort und dehnt sich dabei auf weitere Körperregionen aus, was zu einer zunehmenden Atemschwäche führt. Die Lebenserwartung ist in der Regel auf drei bis vier Jahre verkürzt, es sind allerdings auch sehr langsame Verläufe über zehn Jahre und mehr bekannt.
Diagnostiziert wird die Krankheit durch den Neurologen, der die Muskulatur im Hinblick auf Muskelschwund, Kraft und Zuckungen beurteilt. Ebenso müssen Sprache, Schluckakt und Atemfunktion sowie die Reflexe geprüft werden. Darüber hinaus ist eine Beurteilung der Funktionen des Nervensystems unabdingbar, um Fehldiagnosen zu vermeiden, dies ist vor allem im Hinblick auf die Prognose und Behandelbarkeit nötig.
Behandlung von ALS
ALS ist aktuell nicht heilbar. Durch Medikamente lässt sich der Verlauf verlangsamen, aber nicht aufhalten oder rückgängig machen. Die Krankheit verläuft meist sehr schnell, die meisten Betroffenen versterben innerhalb von zwei bis fünf Jahren, auch wenn es Ausnahmen gibt, wie Stephen Hawking, der allen Voraussagen zum Trotz mehr als 50 Jahre mit ALS lebte.
Mittels Medikamenten und Therapien sowie medizinischen Geräten ist es möglich, das Fortschreiten zu verlangsamen und die Lebenserwartung zu verlängern. Diese sind:
- Medikamentöse Therapie: Einige Medikamente können den Krankheitsverlauf verzögern und die Symptome lindern.
- Physiotherapie: Krankengymnastik und Ergotherapie können helfen, die Beweglichkeit zu erhalten und den Alltag zu erleichtern.
- Kommunikationstherapie: Logopäden können bei Schluck- und Sprechproblemen helfen und den Umgang mit Kommunikationshilfen wie speziellen Computern erleichtern.
- Medizinische Geräte: Medizinische Geräte wie Beatmungsgeräte können bei Atemproblemen helfen und die Lebensqualität verbessern.
- Unterstützung: Eine offene Kommunikation mit Ärzten und Selbsthilfegruppen kann den Erkrankten unterstützen und zu einer besseren Lebensqualität verhelfen.
- Prognose: Da die Krankheit fortschreitend verläuft und nicht heilbar ist, konzentriert sich die Behandlung auf die Linderung der Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität.
Als Medikament wird in der Regel Riluzol verabreicht, was die Lebenserwartung um ca. 25 Prozent verlängert, wobei jedoch Nebenwirkungen wie Schwindel, Magen-Darm-Beschwerden und Leberprobleme auftreten. Ein anderes Medikament, Edaravone, ist in der EU nicht zugelassen und wirkt auch nur bei einer Untergruppe der Patienten. Zusätzlich werden unterstützende Medikamente verschrieben, um die Symptomlast zu mindern, wie Antidepressiva oder Sedativa. Dazu muss auf eine kalorienreiche Ernährung geachtet werden, um die Muskeln mit genügend Energie zu versorgen.
Unterschiede zwischen den Geschlechtern
Auch wenn ALS momentan nicht heilbar ist, geht die Forschung an den Ursachen und möglichen Behandlungsmethoden weiter. Forschende an der Technischen Universität München haben die molekularen Hintergründe systematisch untersucht und fanden heraus, dass man ALS in Subtypen unterteilen kann. Je nach Subtyp könnten daher unterschiedliche Medikamente wirksam sein. Deutliche Unterschiede bei den molekularen Vorgängen gibt es zwischen Männern und Frauen. Die molekularen Prozesse, die dazu führen, dass man zunehmend die Kontrolle über die motorischen Funktionen verliert, sind nach wie vor schlecht verstanden. Bisher hatte man sich in den Studien auf einzelne Aspekte der molekularen Vorgänge beschränkt. Mit der jetzt durchgeführten Studie hat man ALS mit einem "Multi-Omics"-Ansatz untersucht, hier wurden die codierten und nicht codierten RNA-Moleküle und die Gesamtheit der Proteine betrachtet.
Eine zentrale Erkenntnis der Studie führte zur Identifikation von insgesamt vier Subtypen. Anhand der klinischen Symptome sind diese nicht unterscheidbar, nur auf molekularer Ebene. Auf molekularer Ebene passiere jedoch sehr unterschiedliche Dinge. So könnte ein Wirkstoff, der bei der einen Variante hilfreich ist, bei einer anderen überhaupt keine Wirkung zeigen. Bisher seien bei klinischen Studien nur die Auswirkungen über alle Typen hinweg betrachtet worden. Dadurch könnten möglicherweise effektive Substanzen nicht erkannt worden sein. Während bei einem Subtyp Gene betroffen waren, die mit Entzündungsprozessen und Immunantworten verbunden sind, gab es bei einem anderen Störungen bei der Transkription von DNA in RNA-Moleküle. Bei anderen ließen sich unterschiedliche Anzeichen für oxidativen Stress in den Zellen feststellen. Es wäre auch möglich, dass sich der ALS-Subtyp im Lauf der Erkrankung ändern könne.
Männer erkranken etwa 1,2 Mal häufiger an ALS als Frauen. Die Aufschlüsselung der molekularen Prozesse zeigte auch deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Die Subtypen scheinen offenbar bei beiden gleichermaßen häufig aufzutreten, allerdings stellten die Forschenden bei Männern eine größere Anzahl an veränderten Genprodukten fest. Das könnte zur Folge haben, dass Männer und Frauen in Zukunft unterschiedlich behandelt werden müssen. Durch die Multi-Omics Analyse wurde ein Signalweg identifiziert, der ein besonders gutes Ziel für neue Medikamente gegen die Krankheit sein könnte. Dieser Signalweg, MAPK, wäre gut erforscht und spiele für verschiedene Abläufe bei ALS eine Rolle. Die Forscher sind sich sicher, dass ein bereits zugelassenes Krebsmedikament, das auf MAPK einwirkt, auch gegen ALS einsetzbar sei. Weitere Schritte sollen jetzt einen Weg finden, den ALS-Subtyp bei den Patienten und Patientinnen festzustellen. Damit würde man den Ursachen der Krankheit auf die Spur kommen und somit gezieltere Therapien entwickeln.
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