- „Harry Potter - Fang den Goldenen Schnatz“: Rezension des ultra-hektischen Action-Kartenspiels
- So spielt sich die Echtzeit-Jagd auf den fliegenden Schnatz
- Infos, Bewertung und Fazit
Für die wenigen Menschen, die mit den Begriffen Quidditch und Schnatz nichts anfangen können, wollen wir diesen Erfahrungsbericht mit einer komprimierten Erklärung einleiten: Quidditch ist die populärste Sportart für Zauberer, stammt aus den Harry-Potter-Romanen und wird auf fliegenden Besen gespielt. Ziel ist es, Tore zu erzielen – aber auch, den Schnatz zu fangen, eine kleine geflügelte Kugel aus Gold. Dieser bringt mächtig Extrapunkte und das sofortige Spielende. Für das vorliegende Spiel, „Harry Potter - Fang den Goldenen Schnatz“ von Spin Master Games, ist dieses Wissen insofern wichtig, weil es ganz offensichtlich die Intention der Macher war, den Zaubersport möglichst detailgetreu in ein kartenbasiertes Action-Spiel zu verwandeln. Ob das gelungen ist, zeigt unser Test.
Wie spielt sich Harry Potter - Fang den Goldenen Schnatz?
Der Zauber des Spiels, das laut Verpackung ein „Quidditch-Spiel für Hexen, Zauberer und Muggel“ sein will, setzt sofort ein, wenn man es zum ersten Mal in Händen hält: Alle Komponenten stecken in einer schön gestalteten Quidditch-Truhe - 100 Karten, ein großer Quaffel (ein größerer Ball), zwei Klatscher (kleinere Bälle) und besagter goldener Schnatz. Alles davon ist aus Plastik, bis auf die Karten. Der Schnatz steckt in einer Halterung mit Federmechanismus, die Klatscher sind auf Knöpfen platziert, die nach unten gedrückt werden konnten.
Der Zauber des Spiels bröckelt, sobald man sich durch die Anleitung arbeitet. Es ist ein Echtzeit-Spiel – sehr schön, genau wie das „echte“ Quidditch. Man sammelt Karten und legt Drillinge ab – okay, super. Man hat einen Nachziehstapel – bekannt. Wenn der alle ist, nutzt man den Ablagestapel des Nachbarn als Nachziehstapel – hmm, okay. Außerdem gibt es zwei zusätzliche allgemeine Nachziehstapel, von denen man zieht, wenn es sonst keine Möglichkeit mehr gibt, an Karten zu kommen – ähh, wie jetzt? Legt man zwei Jägerkarten ab, kann man ausgelegte Sets eines Mitspielers klauen – ganz schön fies. Lege ich zwei Sucher ab, kann ich den Quaffel vor mir platzieren und damit signalisieren, dass Stehlen hier verboten ist – öhm. Spiele ich ein Paar mit Treibern aus, nehme ich mir einen der beiden Plastikbälle („Klatscher“) aus der Truhe und werfe ihn auf einen Mitspieler, nachdem ich laut seinen Namen gerufen habe – häh?. Dieser muss den Klatscher mit der Hand so schlagen, dass er damit einen anderen Spieler trifft. Gelingt das, muss er der getroffene seine komplette Kartenhand ablegen, gelingt es nicht, passiert nichts – euer Ernst?
Der Zauber des Spiels ist endgültig vorbei, wenn es ungefähr eine Minute lang läuft. Denn spätestens dann erlebt man, was man beim Regelstudium schon geahnt hatte: Das funktioniert so einfach nicht.
Das Chaos bricht aus
Vor dem Start bekommt jeder Spieler 12 Karten, fünf davon nimmt er auf die Hand, die restlichen bilden den Nachziehstapel. Sobald es losgeht, bricht das Chaos am Tisch aus. Jeder zieht eine Karte von seinem Stapel, prüft die Möglichkeit, Drillinge oder Paare auszulegen, oder legt eine Karte auf seinen Ablagestapel – man darf nie mehr als 5 Karten auf der Hand haben. Das große Problem dabei ist die Echtzeit: Alle tun das alles gleichzeitig (wodurch – ganz nebenbei – Mogeleien möglich sind, weil niemand prüfen kann, was die anderen gerade so treiben).
Und dann geschieht, was absehbar war: Irgendwann hat jemand zwei Treiber beisammen und spielt sie aus. Er nimmt sich eine Klatscher aus der Box, ruft deinen Namen und wirft den Ball Sekundenbruchteile später aus ungefähr 15 Zentimetern Entfernung zielsicher in Richtung deines linken Auges. Bedenkt man, dass du gerade abwägst, ob du lieber Zauberstäbe statt Besen sammelt und von welchem Ziehstapel du jetzt eigentlich noch Karten bekommen kannst: Die Chance, diesen Klatscher abzuwehren und ihn obendrein, wie vom Spiel gefordert, auf einen anderen Spieler zu lenken, liegt ziemlich genau bei null Prozent.
Weiter geht es damit, dass du dich jetzt auf die Suche machst – und zwar nicht nach dem Schnatz, sondern nach dem verlorenen Klatscher, der durch die bescheuerte Aktion von eben unter den Schrank in der hintersten Zimmerecke gerollt ist. Hast du das Ding endlich mit diversen Hilfsmitteln hervorgeholt und kehrst zum Spieltisch zurück, warten dort deine Mitspieler auf dich. Und zwar nicht, weil sie freundlich sind. Sondern weil sie in der Zwischenzeit – auch das will das Spiel ja so – weitergespielt, Kartentrios gebildet und Einzelkarten ausgespielt haben. Die Folge: Irgendwann sind alle verbliebenen Karten reihum gewandert – und stauen sich jetzt bei dir.
Immer wieder Klatscher-Zwischenfälle
Das alles ist nicht die Beschreibung einer einmaligen Situation. Vielmehr kam es in unseren Testrunden sehr oft zu diesem Klatscher-Zwischenfall, genau genommen so gut wie immer, wenn Treiberkarten-Paare gelegt wurden. Allen, die gerade den brillanten Einfall haben, die Klatscher einfach per Hausregel aus dem Spiel zu lassen, sei gesagt, dass das keine Option ist – denn sie haben einen (mechanischen) Zweck.
An dieser Stelle dieses Erfahrungsberichts kommen wir nämlich endlich zur titelgebenden Aufgabe, nämlich den Goldschnatz zu fangen. Ermöglicht wird dies folgendermaßen: Ein Klatscher kommt nach Gebrauch (und mehr oder weniger umständlicher Suche) immer zurück in die Truhe – und muss dabei immer fest in seine Aussparung gedrückt werden. Ein Klicken signalisiert, dass die Halterung einrastet.
Nach einer zufälligen Anzahl von eingerasteten Klatschern auf beiden Seiten (gefühlt waren es meistens fünf bis sechs solcher Vorgänge) löst der Mechanismus die Feder des goldenen Schnatzes, dieser fliegt in die Höhe – und wer ihn fängt, bekommt Extrapunkte. Natürlich werden dann aber noch Siegpunkte für ausgespielte Kartensets vergeben.
Bewertung: Schönes, aber unausgegorenes Quidditch-Spiel
Was „Harry Potter: Fang den Goldenen Schnatz“ auf der Habenseite hat, sind die schön gestalteten Karten, die tolle Truhe und die dem „Original“ nachempfundenen Quidditch-Spielgeräten wie dem netten Spring-Schnatz. Und natürlich die gut gemeinte Idee, die Brettspiel-Version möglich nah am Besensport zu belassen.
Harry Potter - Fang den Goldenen Schnatz bei Amazon ansehenDoch hier stimmt die Redewendung, wonach das Gegenteil von gut „gut gemeint“ ist: Der Echtzeit-Ablauf sorgt für unangenehme Ultra-Hektik, weil zu viele Kartenoptionen bedacht werden müssen. Überlegt jemand etwas länger, stapeln sich bald bei ihm die Karten. Die wahnwitzige Klatscher-Idee (ja, wir wissen: Das ist bei Harry Potter auch so) ist nicht nur hochgradig aggressiv, sondern sorgt dafür, dass der Betroffene immer wieder aus dem Spiel gerissen wird, was nicht selten (wie oben geschildert) ebenfalls zum Stau im Quidditch-Stadion führt. Einen Klatscher aus der Luft weiter auf einen anderen zu schlagen, ist nicht nur albern, sondern bestenfalls durch Zufall möglich. Angesichts dieser vielen Negativpunkte fällt fast nicht mehr ins Gewicht, was wir von vorneherein schon nicht besonders gut fanden: die stark begrenzte Spielerzahl – das Schnatzfangen geht nur zu dritt oder zu viert.
Unter dem Strich können wir für „Harry Potter: Fang den Goldenen Schnatz“ auch mit zwei (vermutlich durch Klatscherwürfe) zugedrückten Augen keine Empfehlung aussprechen. Vielmehr ist das Spiel ein gutes Beispiel dafür, dass Echtzeit-Spiele nur dann funktionieren, wenn die zu erledigten Aufgaben möglichst einfach zu bewältigen sind (wie etwa bei Ligretto) – das wurde hier definitiv verpasst. Unser Tipp für eine alternative, aber sinnvollere Nutzung: ein einfaches Kartensammelspiel für Kinder darauf machen, schön der Reihe nach und nicht gleichzeitg. Immer wenn ein Treiber mit Klatscher aufgedeckt wird, drückt man den Ball in die Halterung – irgendwann springt den Schnatz und alle haben ihren Spaß.
Infos zu Harry Potter – Fang den Goldenen Schnatz im Überblick:
- Spieleranzahl: 3 bis 4
- Altersempfehlung: ab 8
- Dauer: ca. 15 Minuten (keine Verlagsangabe)
- Verlag: Spin Master Games
- Autor: Nicht bekannt
- Pro:
- Schönes Material
- Springender Schnatz
- grundsätzlich interessante Spielidee
- Contra:
- sehr hektisch
- Echtzeitkonzept führt zu Chaos
- völlig missratene Klatscher-Idee (aggressives Element, Wegschlagen in der Praxis unmöglich, Betroffener wird aus dem Spiel gerissen)
- hohe Gefahr von Kartenstau
- limitierte Spielerzahl
- Redaktionswertung: 3 von 10 Punkten
Fazit: Ein Spiel mit einer guten Idee und schönem Potter-getreuem Material, aber vielen Schwächen im Ablauf. Für ein Echtzeit-Spiel ist „Harry Potter – Fang den Goldenen Schnatz*“ zu überladen in den Kartenoptionen, die Effekte der Klatscher-Einsätze sind nicht zu Ende gedacht. Die Brettspiel-Adaption von Quidditch hat in unseren Testrunden so gar nicht funktioniert – und ist wohl doch nichts für Muggel.
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Transparenzhinweis: Für das Testen des Spiels hat uns der Verlag ein Rezensionsexemplar ohne weitere Auflagen zur Verfügung gestellt.
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