- Verkehrsunfälle mit Kindern: Wer übernimmt die Haftung?
- Tipps für Fahrer*innen und Aufsichtspersonen
Allgemein bekannt ist es, dass vor allem jüngere Kinder oft noch unbedacht handeln und die Gefahren des Straßenverkehrs nicht genau abschätzen können. Entsteht ein Unfall, stellt sich folglich die Frage: Haftet das Kind, die Aufsichtsperson oder der*die Fahrer*in?
Verkehrunfall mit Kindern - wer haftet?
Wer bei einem Verkehrsunfall haftet, an dem Kinder beteiligt sind, kann nicht pauschalisiert werden. Entscheidende Faktoren für die Haftungsfrage sind einerseits das Alter der Kinder, andererseits aber auch, wo genau sich der Unfall ereignet hat. Zudem müssen auch Einzelfälle betrachtet werden, in denen verschiedene weitere Faktoren, wie die Aufsichtspflicht der Eltern, eine Rolle spielen.
Zum Alter gilt: Ist das Kind unter sieben Jahre alt, haftet es nicht. Nach dem siebten und bis hin zum zehnten Lebensjahr gilt bei Unfällen oder anderen Schäden, die im fließenden Verkehr passieren: Das Kind haftet, vorausgesetzt, dass vorsätzlich und wissentlich gehandelt hat. Findet der Unfall im ruhenden Verkehr statt, muss das Kind schon ab Beginn des siebten Lebensjahres die Haftung übernehmen. Nach Abschluss des neunten Lebensjahres hängt die Haftungsfrage vor allem davon ab, wie einsichtig das Kind sich zeigt; in der Regel sollten Kinder ab zehn Jahren jedoch in der Lage dazu sein, die Gefahren des Straßenverkehrs zu erkennen und sich entsprechend verantwortungsbewusst zu verhalten.
Ein Beispielfall kann sein:
Von einem Bürgersteig aus fährt ein siebenjähriges Kind mit dem Roller auf eine Kreuzung ohne anzuhalten. Ein Autofahrer weicht aus und fährt dabei leicht gegen ein anderes Auto. Hier gilt: Die Haftpflichtversicherung des*r eigentlich Geschädigten muss für alle entstandenen Schäden aufkommen.
Wird das Kind bei dem Geschehen verletzt, können die Eltern als Vertreter des Kindes sogar Schmerzensgeld von der Haftpflichtversicherung des*r Fahrer*in fordern. Ein beispielhafter Fall spielte sich in Celle ab: Ein elfjähriges Mädchen überquerte die Straße, und obwohl das Auto bereits zu sehen war, setzte es den Weg fort. Das Auto fuhr schneller als die erlaubten 50 km/h, jedoch hätte der Fahrer des Autos Vorrang gehabt. In diesem Fall wurde entschieden: In Anbetracht der Situation hätte der Autofahrer seine Geschwindigkeit reduzieren müssen. Zudem sei bekannt, dass Kinder oft unbedacht oder impulsiv handeln. Infolge der Entscheidung des Landesgerichtes Celle haftet der Autofahrer und seine Haftpflichtversicherung zu hundert Prozent für den entstandenen Unfall und muss dem Mädchen ein Schmerzgeld von 35.000 Euro zahlen.
Ob die Aufsichtsperson haftet, wird individuell entschieden: Nicht jedes Kind benötigt, je nach Lebensalter, Entwicklungsstand und bisherigem Verhalten, dasselbe Maß an Aufsicht. Um zu beweisen, dass eine Verletzung der Aufsichtspflicht nicht vorlag, muss jedoch darüber ein handfester Nachweis erbracht werden; dementsprechend entscheidet der Individualfall darüber, ob die Aufsichtsperson haftet oder nicht. Eine Aufsichtspflichtverletzung liegt in der Regel nicht vor, wenn das Kind den Weg bereits kennt und eingeübt hat. In diesen Spezialfall fällt zum Beispiel der Schulweg.
Passiert ein Unfall an einer Bushaltestelle vor der Schule, müssen Kinder bereits ab sieben Jahren Haftung übernehmen: Der Schulbus ist verpflichtet, vor der Schule bereits Schrittgeschwindigkeit zu fahren. Drängeln Kinder und schubsen sich, steigt die Gefahr eines Unfalls; folglich müssen die Kinder auch schon ab sieben Jahren mithaften.
Maßnahmen für Autofahrer*innen und Aufsichtspersonen
Bist du als Autofahrer*in unterwegs, ist die Gefahr, dass ein Unfall passiert, vor Kindergärten oder Schulen besonders hoch. Hier solltest du unbedingt darauf achten, sehr langsam und in einzelnen Fällen sogar in Schrittgeschwindigkeit zu fahren: Besonders Kinder in einem Alter zwischen sieben und zehn Jahren handeln oft nicht mit besonderer Vorsicht. Das Verhalten ist also nicht immer vorhersehbar. Ist das Kind jedoch bereits älter als zehn, haftet es mit.
Erkennst du spielende Kinder auf der Straße, solltest du besonders vorsichtig sein: Oftmals sind Kinder so sehr in das Spiel vertieft, dass sie die Umgebung um sich herum kaum noch wahrnehmen. Rollt also beispielsweise ein Ball auf die Straße oder fällt das Modellflugzeug auf die Straße, ist es sehr wahrscheinlich, dass das Kind hinterherläuft, um das Spielzeug wiederzuholen. Ist das Kind älter, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass das Kind unbedacht auf die Straße läuft; dennoch ist auch hier große Vorsicht geboten.
Grundsätzlich gilt, dass dein Kind gesetzlich nur auf dem direkten Weg zur Schule und zurück über die Krankenkasse unfallversichert ist. Es kann ratsam sein, eine Unfallversicherung sowie eine private Haftpflichtversicherung abzuschließen: So gehst du sicher, dass auch die weiterführenden Kosten für Unfälle, die in der Freizeit oder auf Umwegen passieren, übernommen werden.
Auch als Erzieher*in, Lehrer*in oder andere Aufsichtsperson solltest du immer bedenken, dass ein Kind auch unvorhergesehen handeln könnte. Passe also besonders auf jüngere Kinder auf und kläre sie regelmäßig über die Gefahren des Straßenverkehrs auf.