In Deutschland pendeln fast 60 % Beschäftigten zu ihrem Arbeitsplatz. Besonders Großstädte wie München ziehen viele Pendler an. Die meisten nutzen das Auto für den Weg zur Arbeit, obwohl dies zu gesundheitlichen Problemen wie Stress und körperlichen Beschwerden führen kann.
Krankenkassen warnen vor den gesundheitlichen Folgen und raten, genügend Zeit für den Weg zur Arbeit einzuplanen. Eine Fahrtzeit von mehr als 45 Minuten wird als kritisch betrachtet. Tipps wie Fahrgemeinschaften, Zugfahrten und Homeoffice können helfen, die Belastung zu reduzieren.
München hat zahlenmäßig die meisten Pendler*innen
Deutschland ist das Land der pendelnden Personen: Rund 19,6 Millionen Menschen und damit fast 60 Prozent aller Beschäftigten haben im vergangenen Jahr nicht an ihrem Wohnort gearbeitet; mussten also zum Arbeitsort außerhalb ihrer Wohnstätte fahren. Die absolute Zahl der Pendler*innen ist innerhalb von fünf Jahren um 6,6 Prozent gestiegen, hat das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung ermittelt.
Konkret heißt das: Im Schnitt sind es fast 17 Kilometer an jedem Arbeitstag. Bei vielen Beschäftigten sind es sogar deutlich mehr: Mehr als 3,5 Millionen Menschen legen auf ihrem Arbeitsweg mehr als 50 Kilometer zurück - einfache Strecke. Wie viele Fernpendler*innen es gibt, die eher wochenweise unterwegs sind, weiß niemand so genau. München ist die Hochburg der Einpendler*innen. 399.900 Beschäftigte pendelten im Jahr 2021 in die Stadt. Damit stieg deren Zahl seit 2016 um 9,5 Prozent. Es folgen knapp dahinter
- Frankfurt am Main (384.800 Pendelnde, plus 9,4 Prozent gegenüber 2016),
- Hamburg (355.500 Pendelnde, plus 5,2 Prozent),
- Berlin (326.900 Pendelnde, plus 12,4 Prozent) und
- Köln (281.800 Pendelnde, plus 8,8 Prozent).
Großstädte sind Arbeitsplatzmagneten
In Städten, die in direkter Nähe zu den großen Arbeitsmarktmagneten liegen wie Fürth zu Nürnberg, Offenbach zu Frankfurt am Main und Bergisch-Gladbach zu Köln gibt es viele Menschen, die auspendeln. Die teuren Mieten in den Metropolen sind unbezahlbar, deshalb ziehen viele Familien raus aus den Städten. Am häufigsten wird aus Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Brandenburg sowie Sachsen-Anhalt ausgependelt. In Brandenburg arbeiten sogar 30 Prozent der Beschäftigten außerhalb des Bundeslands.
Das Auto ist immer noch das wichtigste Beförderungsmittel für Pendelnde: 68 Prozent der Berufspendler*innen nutzten 2016 den geliebten PKW für den Arbeitsweg. Im Jahr 2000 lag der Anteil mit 67 Prozent nur geringfügig niedriger. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln fuhren rund 14 Prozent der Erwerbstätigen regelmäßig zur Arbeit. Dieser Anteil hat sich im Vergleich zum Jahr 2000 nur um einen Prozentpunkt erhöht.
Die aufgewendete Zeit hat das Statistische Bundesamt in Wiesbaden ebenfalls ermittelt: Sie beträgt für den täglichen Weg zur Arbeit bei dem Großteil der Erwerbstätigen weniger als 30 Minuten (70 Prozent). Zwischen 30 und 60 Minuten brauchen 22 Prozent. Fünf Prozent benötigten eine Stunde und länger für den Weg zur Arbeitsstätte. Drei Prozent der Erwerbstätigen hatten wechselnde Arbeitsstätten und konnten somit keine genauen Angaben zum Zeitaufwand für den Arbeitsweg machen.
Krankenkassen fragen nach den gesundheitlichen Folgen
Mit den gesundheitlichen Folgen der beruflich ausgelösten Pendelei beschäftigten sich die Krankenkassen. Berufspendler*innen fallen laut Report "Mobilität in der Arbeitswelt" der Techniker-Krankenkasse (TK) im Job seltener aus als Beschäftigte mit kurzem Arbeitsweg. Albrecht Wehner, Gesundheitsexperte der TK, vermutet dahinter den sogenannten Healthy-Worker-Effekt: Das bedeutet, dass weite Arbeitswege eher von Menschen mit guter Gesundheit in Kauf genommen werden.
Trotzdem: Pendeln führt zu psychischem Stress, aber ebenso zu einer ganzen Reihe von körperlicher Beschwerden. Pendelnde Menschen leiden häufiger unter Rücken- und Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden und anderen funktionellen Erkrankungen. Zudem gibt es Hinweise auf ein erhöhtes Herzinfarkt- und Adipositas-Risiko.
Dr. Steffen Häfner, Chefarzt der Verhaltensmedizin und Psychosomatik an der Deutschen Klinik für integrative Medizin und Naturheilverfahren in Bad Elster, fasst das Krankheitsrisiko so zusammen: Auf Dauer ist Pendeln offenkundig gesundheitsschädigend.
Pendelnde sollten Termine nicht zu knapp kalkulieren
Die Krankenkasse BARMER gibt Tipps, wie pendelnde Personen ihre Reisezeiten besser in den Griff bekommen. Erster Tipp, Zeitpuffer schaffen: Aus dem Auto oder der Bahn direkt zum Termin - das ist nicht gut und führt zu Stress. Denn häufig klappt ja nicht immer alles bei der Anreise zur Arbeit. Deshalb der Rat, besser einen Puffer einbauen, bevor es richtig losgeht.
Zweiter Tipp, gemeinsam pendeln: Pendel-Fahrgemeinschaft mit dem Auto können sinnvoll sein. So kannst du dich beim Fahren abwechseln und Kosten kannst du dadurch ebenfalls sparen. Die Arbeitszeiten, Ende und Anfang, müssen allerdings synchron verlaufen, sonst entsteht neuer Stress.
Dritter Tipp, Zugfahrten nutzen: Klarer Vorteil von öffentlichen Verkehrsmitteln, du brauchst nicht selber zu fahren. Dafür kannst du dich auf den Tag vorbereiten, E-Mails checken, Bücher lesen und Musik hören. Ein Vorteil von öffentlichen Verkehrsmitteln ist, dass du dich nicht aufs Fahren konzentrieren musst. Auch ein Nackenkissen hilft beim Entspannen und Schlafen. Manchmal erkennt der Arbeitgeber die Fahrtzeit als Arbeitszeit an. Dann musst du aber während der Reisezeit wirklich arbeiten.
Mehr als 45 Minuten Pendeln hat gesundheitliche Folgen
Vierter Tipp, Homeoffice-Tag einplanen: Seit der Corona-Zeit ist Homeoffice in vielen Unternehmen Standard. Bist du Pendler*in mit langen Anfahrtswegen, kommt dir das besonders entgegen. Schon ein Homeoffice-Tag pro Woche trägt übrigens zum Wohlergehen und damit zur Gesundheit und zu einer besseren Arbeitsleistung bei – das hat Antje Ducki, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Beuth-Hochschule für Technik in Berlin herausgefunden.
Fünfter Tipp, gleitende Arbeitszeit nutzen: Gleitzeit hilft beim Pendeln ungemein. Der typische Berufsverkehr mit seinen Unwägbarkeiten verliert so seinen Schrecken.
Diese fünf Tipps können zwar helfen, ab 45 Minuten Fahrtzeit solltest du das Pendeln aber überdenken: "Kritisch wird es, wenn der einfache Arbeitsweg mehr als 45 Minuten beträgt", sagt Dr. Häfner. Pendeln sei deswegen so anstrengend, weil nicht nur die Fahrten belastend seien, sondern auch, weil die sozialen Folgen stressen. Besonders betroffen seien familienorientierte Menschen und solche mit sozialen Netzwerken, denen wegen langer Fahrzeiten schlicht die Möglichkeiten fehlten, die ihnen wichtigen Beziehungen zu pflegen.
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