• Wie hat sich der Verkehr entwickelt?
  • Wo sind seine Grenzen?
  • Wie werden wir in Zukunft am Verkehr teilnehmen?
  • Wie könnte ein klimafreundlicher Individualverkehr aussehen?

Mit der Zeit des Wirtschaftswunders nahm der Automobilverkehr zu. Mit dem eigenen Wagen in den Urlaub fahren wurde möglich, Entfernungen schienen zusammenzuschmelzen. Der Pendlerverkehr nahm im Zusammenhang mit der zunehmenden geforderten Flexibilisierung der Arbeit zu. Doch stößt das System mittlerweile an seine Grenzen. Zu viele Autos, zu viele Straßen, zu viel klimaschädliche Emissionen. Doch wie könnte in Zukunft der Verkehr auf den Straßen aussehen?

Die Entwicklung des Individualverkehrs und seine Folgen

Es war die Zeit des Wirtschaftswunders. Die Wirtschaft boomte, die Menschen konnten sich endlich wieder etwas leisten. Dazu gehörte häufig auch ein Automobil. Gab es 1950 gerade mal 598000 zugelassene PKW in (West-)Deutschland, so stieg der Bestand bis zum Jahr 1960 auf 4,5 Millionen. 1970 waren es bereits 13,9 Millionen Automobile auf Deutschlands Straßen. Im Jahr 2020 waren laut Statistik in nunmehr Gesamtdeutschland 47,7 Millionen PKW angemeldet, das sind etwa 570 Fahrzeuge je 1000 Einwohner, also hat, rein statistisch, mindestens jeder Zweite ein Auto. Hierbei sind Nutzfahrzeuge nicht eingerechnet.

Damit einhergehend wuchs auch der Bestand an Autobahnen. Gab es 1950 etwas mehr als 2000 Kilometer, so waren es bis 1990 etwas weniger als 9000 Kilometer, nach der Wende wuchs diese Zahl bis 2020 auf circa 13000 Kilometer an. Nicht berücksichtigt sind hier die Bundes- und Landstraßen. Nimmt man diese dazu, kommt man auf eine Länge von 231.000 Kilometern. Und damit liegt Deutschland weltweit nicht an der Spitze. Die meisten Straßenkilometer haben die USA mit fast 6,5 Millionen Kilometern. Insgesamt geht man von 32 Millionen Kilometern Fahrstrecke weltweit aus. 

Der weltweite Bestand an PKW liegt aktuell bei fast 1,4 Milliarden. Jedes Jahr werden etwa 100 Millionen neue Autos produziert, das sind 3,1 pro Sekunde. Abgesehen von den Milliarden Tonnen an CO₂, die damit sowohl während der Produktion als auch beim Betrieb der Fahrzeuge produziert werden, sind damit auch immer neue Straßen und damit eine Versiegelung der Natur verbunden. Und die täglichen Staus. Die Verkehrsdichte nimmt weiter zu. Dies spiegelt sich auch in den Längen der Staus wider. Waren es im Jahr 2002 noch 321000 Staukilometer auf deutschen Autobahnen, kam es im Jahr 2018 zu stattlichen 1,5 Millionen Staukilometern. In den beiden Corona-Jahren reduzierten sich die Staus, bedingt durch weniger Verkehr aufgrund Fahrten zur Arbeit und weniger Urlaubsfahrten, auf 679000 im Jahr 2020 bzw. 850.000 Kilometer 2021. Dies zeigt, dass weniger Verkehrsdichte zu weniger Staus führen kann. 

Die Probleme des Individualverkehrs

Eines der größten Probleme ist der Weg zur Arbeitsstätte. Durch die zunehmende Flexibilisierung und die teilweise hohen Wohnkosten in den Städten sind viele Menschen auf das Land gezogen, auch wenn damit der Weg zur Arbeitsstätte weiter geworden ist. So liegt der Anteil der Pendler, die einen Weg zwischen 10 und 25 Kilometern zurücklegen müssen, inzwischen bei über 30 Prozent. Davon fahren über 68 Prozent mit dem Pkw. Damit einhergehend verbringen diese Menschen sehr viel Zeit auf der Straße, das bedeutet auch, dass die Zeit, die der Erholung dienen soll, immer kürzer wird. Dass weniger Fahrten zur Arbeit gleichbedeutend mit weniger Staus sind, kann man an der Statistik ablesen. Das entlastet auch die Innenstädte und Ballungszentren. Doch wie könnte man in Zukunft dafür sorgen, dass weniger Staus entstehen?

Die einfachste Lösung wäre, den Individualverkehr mit eigenen Pkw zu beschränken. Doch motorisierten Individualverkehr wird es wohl immer geben, so Weert Canzler, Leiter der Forschungsgruppe Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung. Eine Zukunft ohne Auto wäre in seinen Augen realitätsfremd. Allerdings würde sich die Bedeutung des Autos ändern. Es verlöre seine Bedeutung als Symbol des demonstrativen Konsums. Dem gegenüber stehen die Forderungen unter anderem der Grünen. Man müsse den Individualverkehr erheblich reduzieren, alleine schon, um einen Beitrag zum Klimawandel zu leisten. 

Durch die massiv gestiegenen Preise für Kraftstoff drängt sich weiterhin die Frage auf, ob man sich den Individualverkehr auch in Zukunft noch leisten kann. Neben den bekannten Auswirkungen auf das Klima durch die Abgase, die Versiegelung von Flächen durch immer mehr Straßen und die immer größer werdenden Staus ist dies ein weiterer Aspekt, der bei der Zukunft des Individualverkehrs zu berücksichtigen ist.

Welche Ansätze gibt es für die Zukunft

Vielleicht eine Möglichkeit: Carsharing.
CC0 / Pixabay / kenny2332

Eine Möglichkeit wäre, den Individualverkehr noch individueller zu gestalten. Was zunächst widersprüchlich klingt, hat dennoch System. Der Hamburger Trendscout Oliver Puhe zum Beispiel sieht die Zukunft nicht mehr in dem Besitz des eigenen Pkw. Mittels einer App fordert man das passende Fahrzeug an, sei es für den Familienausflug oder aber für die Wochenendtour mit dem Cabrio. Das Fahrzeug selber gehört einem Fahrdienst oder Carsharing-Anbieter. Vorteil: Man zahlt nur für die Fahrt, hat selber keine laufenden Unkosten wie Steuer, Versicherung etc. und man braucht keinen eigenen Parkplatz mehr, was gerade in Großstädten immer mehr zum Problem wird. Nachteil: Man muss sich im Vorfeld überlegen, was man machen möchte und möglicherweise ist das gewünschte Fahrzeug zum Wunschzeitpunkt nicht verfügbar. 

Eine andere Möglichkeit klingt eher nach Science-Fiction: Autonomes Fahren. In einschlägigen Filmen wird es gezeigt. Autos, die sich alleine bewegen, ohne dass jemand eingreift. Es reiht sich in die "Autobahn der Zukunft" ein, bringt einen ans gewünschte Ziel und fährt wieder davon. So weit sind wir allerdings noch nicht. Allerdings wurde bereits 1994 mit den Roboterautos des EUREKA Prometheus Projektes in einem Experiment bewiesen, dass es möglich ist, Fahrzeuge mehr oder weniger autonom fahren zu lassen. Man fuhr auf gewöhnlichen mehrspurigen Autobahnen 1000 Kilometer nach Paris in gewöhnlichem Verkehr mit bis zu 130 Km/h. Folgende Funktionen wurden dabei etabliert:

  • Spur halten
  • im Konvoi fahren
  • automatisches Tracking anderer Fahrzeuge
  • automatischer Spurwechsel
  • autonomes Überholen

1995 wurde die Teststrecke auf 1758 Kilometer von München nach Kopenhagen erweitert. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 175 Km/h, im Schnitt musste alle neun Kilometer von Hand eingegriffen werden. Der Rekord ohne menschliches Eingreifen lag bei 158 Kilometern. Die Entwicklung in diese Richtung schreitet weiter voran. In Deutschland gilt seit 2017 das Gesetz zum autonomen Fahren. Damit wurde ein Regelwerk in Kraft gesetzt, dass es ermöglicht, in Deutschland in festgelegten Betriebsbereichen im öffentlichen Straßenverkehr fahren zu können.

Was wäre noch möglich?

Ein anderer Ansatz, der zur Entlastung der Innenstädte führen soll, wäre die Einführung einer City-Maut, gepaart mit "smarten" Verkehrsampeln, die mittels Sensoren und Vernetzung für einen besseren Verkehrsfluss sorgen sollen.  Bereits seit 2003 wird eine solche Maut in London erhoben, sie beträgt je nach Uhrzeit und Fahrzeug bis zu 28 Euro je Tag. Das Ziel war, das Verkehrsaufkommen in der britischen Hauptstadt zu verringern und die Luftverschmutzung damit zu senken. Eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens um bis zu 30 Prozent wurde erreicht.

Seit der Einführung der Maut in London nahm der Verkehr ab.
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Andere Städte sind bereits dem Beispiel gefolgt. So gibt es in beispielsweise in Mailand, Oslo und Stockholm eine City-Maut. In Deutschland ist eine solche Maut bisher nicht vorgesehen. Es wurden allerdings sogenannte "Umweltzonen" in 57 Städten eingerichtet. Die Zufahrt dort ist nur mit einer grünen Umweltplakette erlaubt, welche deutlich sichtbar anzubringen ist. Von der Kennzeichnungspflicht sind generell befreit: u.a. zwei- und dreirädrige Kraftfahrzeuge, Kraftfahrzeuge zum Transport von Personen, die außergewöhnlich gehbehindert, hilflos oder blind sind (Eintrag im Schwerbehindertenausweis "aG", "H" oder "Bl") und Oldtimer (H-Kennzeichen oder rotes 07 Kennzeichen).

2020 hat das ifo-Institut eine City-Maut für die deutschen Städte empfohlen. Laut ihren Forschungen würde eine Gebühr von sechs Euro zu einer Reduktion des Verkehrs auf dem Mittleren Ring in München bis zu 23 Prozent führen. 2021 war die bayerische Verkehrsministerin allerdings strikt gegen eine solche Einführung. Auch Maßnahmen, wie beispielsweise Autobahnmaut oder auch ein Tempolimit, welche in fast allen anderen Ländern üblich sind, stehen zurzeit in Deutschland nicht zur Debatte. Ob diese Maßnahmen allerdings eine wesentliche Wirkung auf den Verkehr haben, ist dabei fraglich.

Fazit

In Zeiten der Klimakrise sowie der immer weiter steigenden Preise für Kraftstoff ist ein Umdenken in Bezug auf den Individualverkehr nötiger denn je. Welche Lösungen am Ende umgesetzt werden, ist heute noch unklar. Ein Ausbau des ÖPNV wäre hier allerdings vielleicht ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es scheint allerdings klar zu sein, dass das Auto als Fortbewegungsmittel kurzfristig nicht ersetzt werden kann, auch wenn es mittel- bis langfristig vielleicht über autonomes Fahren und Carsharing zu einem Umdenken kommt.