Anfang dieses Jahres gab es nach Angaben des Kraftfahrtbundesamts in Flensburg rund eine Million reine E-Autos (BEV: Battery Electric Vehicle) auf deutschen Straßen. Sind sie – und die 865.000 Plug-in-Hybride Fahrzeuge – unterwegs, dann sind alle auf die 85.073 (Angaben der Bundesnetzagentur für Monat März 2023) Ladepunkte angewiesen. Jeden Tag wächst die Zahl der E-Säulen. Aber von einer Million, das ist die Zahl, welche die Bundesregierung anvisiert, ist das Land noch weit entfernt. Wer als E-Fahrer*in reisen und deshalb nicht die vertraute heimische Wallbox nutzen kann, muss sich wappnen für die Ladestopps. Wir erklären, was zu beachten ist.

Zuverlässigkeit, Information, Transparenz und Komfort an den Schnellladesäulen

E-Autos aufzuladen oder zu betanken (beide Begriffe sind gebräuchlich; wobei aufladen der bessere ist, schließlich kannst du eine Batterie nur laden, nicht betanken.) machen die E-Auto-Besitzenden am liebsten an der heimischen Wallbox oder auf dem Parkplatz des Arbeitgebers. Besonders beliebt sind hier die (noch) kostenlosen Ladepunkte. Das Laden des E-Autos an der handelsüblichen Steckdose ist grundsätzlich möglich, viele Expert*innen raten jedoch davon ab. 

Bei längeren Reisen bist du auf die öffentlichen Ladepunkte angewiesen. Da gibt es allerdings viel Kritik von den Nutzenden, wie eine ADAC-Befragung zum Schnellladen auf Langstrecken offenlegt. Die Stromer-Besitzenden kritisieren folgende Punkte:

  • 60 % der E-Fahrenden wünschen sich eine einfachere Handhabung beim Bezahlen, 
  • 59 % fordern bessere Informationen über anfallende Kosten beim Ad-hoc-Bezahlen, 
  • 67 % der Ad-hoc-Bezahlenden möchte mit Debit- oder Kreditkarten via Lesegerät abrechnen können,
  • 65 % der E-Fahrenden befürchten, dass Laden von E-Autos in Zukunft teurer wird,
  • 73 % befürwortet eine "Blockiergebühr" für Parkzeiten, die über das Laden hinaus gehen. 

Fazit des ADAC: Vielen E-Autofahrenden mangelt es an Zuverlässigkeit, Information, Transparenz und Komfort an den Schnellladesäulen – zum Beispiel beim Bezahlen. "Vom alltäglichen Tankerlebnis, wie man es von Verbrennern kennt, ist man noch weit entfernt", so die ernüchternde Bilanz.

Der Markt ist ausgesprochen unübersichtlich

Grundsätzlich gilt: Schnellladen auf langen Strecken ist teuer. Nach Angaben des Vergleichsportals Verivox liegen die Strompreise derzeit (05.06.2023) bei 30 Cent pro Kilowattstunde. Für die Ladetarife bei den Ladepunkten verlangen die Anbieter (ebenfalls vom Vergleichsportal Verivox am 02.06.2023 ermittelt) zwischen 31 Cent und 89 Cent. Wer nicht aufpasst, kann sogar 1,01 Euro zahlen – die Schallschwelle der Ein-Euro-Ladung ist also geknackt, berichtet eFahrer.com und die Experten von Cirrantic. Ende April 2023 lagen im Schnitt die Preise schon bei 65 Cent/kWh. Ganz offensichtlich zeigt die Strompreisbremse an den Ladesäulen keine Wirkung. Für den Geldbeutel ist es also keineswegs egal, welche Säule du ansteuerst. Dazu der Tipp von Verivox: Vergleiche die Anbieter und ihre Tarife miteinander und überlege, welcher für deine Bedürfnisse der am besten geeignete Tarif ist. Achten musst du auf eine einfache Preisstruktur, Zahlungs- und Authentifizierungsmethoden wie etwa eine Ladekarte, die auch unabhängig vom Smartphone funktioniert.

Der Markt für Ladetarife ist ausgesprochen unübersichtlich. Von einer einheitlichen Abrechnung kann nicht die Rede sein. Neben dem Preis pro Kilowattstunde gibt es Abrechnungen nach Ladezeit, pro Ladung oder über eine Flatrate. Preisentscheidend kann ebenfalls die Anzahl der zu ladenden Kilometer im Jahr, die Batteriegröße und die Ladezeit sein. Verivox empfiehlt einen Vertrag mit einem oder mehreren Anbietern (VW-Tochter Elli, EnBW, E.ON., Entega, EWE etc.) abzuschließen.

Verglichen mit Ad-hoc-Laden ohne Vertrag tankst du mit einem festen Tarif an öffentlichen Ladesäulen Strom zu besseren Konditionen. Die meisten Verträge sind mit keiner langen Laufzeit verbunden: Viele Tarife sind ohne Bindung, andere lassen sich mit einmonatiger Laufzeit kündigen. Eine monatliche Grundgebühr verlangen einige, aber nicht alle Anbieter. Dabei fällt die Höhe je nach Anbieter sehr unterschiedlich aus: Der günstigste Anbieter verlangt 4,99 Euro (Elli) und der teuerste 17,99 Euro (EnBW bei Nutzung des Ladetarifs L).

Bei Tesla kann inzwischen fast jeder laden

Laden kannst du mit zwei Systemen: Am weitesten verbreitet ist das Laden mit Wechselstrom, das sogenannte AC-Laden. Üblicherweise hast du dann eine Ladeleistung von 22 Kilowatt (kW). Das zweite System sind die DC-Ladesäulen. Sie arbeiten mit Gleichstrom und haben eine höhere Leistung, inzwischen bis zu 350 kW. Dadurch ist ein schnelles Laden gewährleistet. Das Laden an Schnellladesäulen (HPC) ist in der Regel teurer als an den AC-Säulen. Häufig findest du DC-Ladesäulen an Autobahnraststätten. Am Kamener Kreuz in NRW steht beispielsweise einer der größten Schnellladeparks Europas. Betreiber ist EnBW. Bis zu 52 Elektroautos können dort gleichzeitig laden – und das mit bis zu 300 Kilowatt Leistung in der Spitze.

Wie lange es dauert, bis eine Batterie voll ist, hängt nicht nur von deren Größe und der Leistung der Ladesäule ab. Auch die maximale Ladeleistung des Ladegerätes im Auto spielt eine Rolle. Ebenso hat der Ladezustand der Batterie Einfluss auf die notwendige Zeit – sobald 80 % der Batterie geladen sind, verringert sich die Ladegeschwindigkeit deutlich. Schnellladevorgänge stoppen deshalb oft bei 80 %. Ob du den langsamen Wechselstrom (AC) oder schneller Gleichstrom (DC) nutzt, ist bei den meisten E-Mobility-Service-Providern inzwischen egal – die Preise haben sich in den zurückliegenden Monaten immer mehr angepasst. 

Tesla hat die Tarife an seinen Superchargern in Europa gesenkt, informiert der Branchendienst electrive.net. Je nach Land meldeten Beobachter Preisrückgänge um bis zu 25 %. In Deutschland sank die Tarifspanne von zuletzt 52 bis 59 Cent auf nun 39 bis 47 Cent pro Kilowattstunde, sie schwanken je nach Standort. Dabei handelt es sich um die Preise für Tesla-Fahrzeuge. Nach Informationen von Teslamag sind aber mittlerweile mehr als die Hälfte der Supercharger-Säulen in Europa von anderen Marken nutzbar, in Deutschland sollen es fast alle sein. Die Ad-hoc-Preise für Nicht-Tesla-Fahrzeuge liegen je nach Standort zwischen 55 und 68 Cent pro Kilowattstunde. Über eine kostenpflichtige Ladekarte (12,99 Euro pro Monat) mit monatlichen Grundgebühren lassen sich die Kilowattstunden-Preise für Nicht-Teslas senken.

Stadtwerke München haben die Nase vorn

Wer möglichst günstig fahren will, braucht für verschiedene Ladesituationen unterschiedliche Ladekarten, raten die E-Mobilität-Expert*innen von connect und umlaut. Besonders empfehlenswert ist die "SWM-Ladekarte" der Stadtwerke München. Im Test von umlaut und connect liegen diese Ladestationen an der Spitze. Grund dafür sind die fairen Ladepreise. Im Rennen waren sowohl die E-Mobilität-Anbieter Stadtwerke München, EWE, Maingau, EnBW, NewMotion/Shell Recharge Standard, Plugsurfing, EON und DKV als auch die Autohersteller Tesla, BMW, Audi und Porsche. 

Ihren auffällig günstigen High-Power-Preis (HPC) können die Stadtwerke München allerdings nur realisieren, indem sie Roaming per Tarifbedingungen einschränken. Je höher der Langstreckenanteil, umso unpraktikabler kann dies sein. Dann werden die Tarifangebote von EWE, Maingau und EnBW interessanter – wobei du im letzten Fall einschätzen können solltest, ob du eher "Standard"- Nutzer*in oder "Viellader*in" bist. Dieser Unterschied kann schnell mehr als 100 Euro pro Jahr ausmachen.

Die Verbraucherzentrale hat einen Ladebedarfsrechner entwickelt und eine Checkliste, was du bei der Wahl des Ladetarifs beachten solltest. Erster Tipp: Durchschnittliche Preise kennen. Für AC-Laden bezahlst du meist zwischen 35 und 50 Cent pro Kilowattstunde. DC-Preise bewegen sich häufig zwischen 45 und 90 Cent. Deutliche Abweichungen sind allerdings nicht selten. Eine gute Übersicht über Stromtankstellen und die passenden Ladekarten/Tarifverbände geben zum Beispiel die Stromtankstellenverzeichnisse von Moovility oder von GoingElectric.

Einige Tipps der Verbraucherzentralen

Es kann sich lohnen, mehrgleisig zu fahren und bei mehreren Anbietern registriert zu sein. So erhöhst du die Anzahl nutzbarer, preiswerter Ladesäulen. Sinnvoll kann zum Beispiel ein günstiger Tarif in der Region sein, ein weiterer Tarif für überregionale Fahrten. Außerdem ist es hilfreich, die Preise im Ladeverbund zu kennen. Sofern es sich um ein Ladenetzwerk handelt: Welcher Preis gilt bei den Partnern im Netzwerk? Wünschenswert ist möglichst ein einheitlicher Preis im gesamten Netzwerk.

Grundsätzlich solltest du die Verfügbarkeit von Ladesäulen prüfen. An je mehr Ladepunkten du deinen Tarif nutzen kannst, desto flexibler bist du. Die Ladepunkte der meisten Anbieter sind auf deren Internetseiten einsehbar. Falls ein geeignet erscheinender Anbieter nur Ladesäulen in der Region betreibt, erkundige dich, ob eine Kooperation ("Roaming") mit anderen Anbietern besteht. Es empfiehlt sich zudem, die Vertragslaufzeit kurz zu halten. Gesetzlich darf der Vertrag maximal 24 Monate Erstlaufzeit haben. Besser ist ein Vertrag ohne Mindestlaufzeit oder mit einer Bindung von zum Beispiel nur einem Monat.

Du lädst nur selten unterwegs? Dann solltest du einen Vertrag mit niedriger oder gar keiner regelmäßigen Grundgebühr abschließen. Die meisten Ladesäulen kannst du für das Ad-hoc Laden nutzen, ganz ohne Vertrag. Das ist in der Regel allerdings teurer – zum Teil sehr deutlich. Es lohnt sich, herauszufinden, wo es kostenlose und günstige Angebote gibt. Manche Stadtwerke bieten (noch) kostenfreies Laden an, ebenso können Haushaltsstromkunden bei einigen Stromanbietern an bestimmten Ladesäulen vergünstigte Tarife nutzen.

Fazit

Weil der Markt der Anbieter für Ladestationen unübersichtlich ist, musst du dich als Nutzer*in von E-Fahrzeugen gut informieren. Ganz so einfach wie beim Tanken des Verbrenner-Motors funktioniert Laden bei E-Autos noch nicht. Verbesserungen sind erkennbar, insbesondere die Öffnung der Supercharger-Säulen von Tesla für alle E-Fahrende ist ein wichtiger Schritt. 

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