Bei extremer Hitze im Büro gibt es kein Recht auf Hitzefrei. Arbeitgeber haben jedoch die Pflicht, für eine "gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur" zu sorgen und Maßnahmen zu ergreifen, um das Arbeiten bei hohen Temperaturen zu erleichtern.
Diese können Sonnenschutzsysteme, Gleitzeitregelungen, Lockerung der Kleiderordnung, kostenlose kühle Getränke und die Nutzung von Ventilatoren umfassen. Laut der Gewerkschaft IG Metall sollte die Arbeit bei Raumtemperaturen über 35 Grad eingestellt werden. Das Verlegen der Arbeitszeit in kühlere Morgenstunden und das Einführen regelmäßiger Pausen können ebenfalls helfen.
Hitzefrei im Büro: Was sagt das Arbeitsrecht?
Ein Recht auf Hitzefrei oder gar auf eigenmächtiges Fernbleiben vom Arbeitsplatz besteht nicht. Auch nicht bei extremen Temperaturen über 35 Grad Celsius.
Fakt ist, dass das Arbeiten bei extremer Hitze zu Gesundheitsbelastungen führen kann. Der Arbeitgeber oder Dienstherr muss deshalb dafür Sorge tragen, dass das nicht passiert und den Arbeitsplatz so einrichten, dass keine Gefährdungen durch Hitze vom Arbeitsplatz ausgehen (§ 3a ArbStättV). Daher hat er auch bei hohen Temperaturen eine Fürsorgepflicht. Er muss für eine "gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur" sorgen. So steht es in Ziff. 3.5. des Anhangs zur neuen Arbeitsstättenverordnung. Was allerdings eine "zuträgliche Raumtemperatur" genau ist, sagt das Gesetz nicht.
Es gibt Vorgaben in der Technischen Regel für Arbeitsstätten (ASR) A3.5 Raumtemperatur, welche die Anforderungen der ArbStättV konkretisiert und detaillierte Hinweise für die Raumtemperatur in den Arbeitsstätten eines Betriebs enthält.
Gewerkschaft sieht drei Stufen: 26-30-35 Grad
Die Gewerkschaft IG Metall verdichtet die schwammigen Ansagen und erklärt, dass laut ArbStättV die Temperatur im Büro maximal 26 Grad betragen darf. Steigt sie über diesen Wert, muss der Arbeitgeber reagieren.
Steigt die Temperatur im Büro sogar auf über 30 Grad, sind weitere Maßnahmen einzuleiten (ASR A3.5, Ziffer 4.4 Abs. 2).
Sobald die Raumtemperatur über 35 Grad steigt, ist laut IG Metall die Arbeit einzustellen. Gemäß ASR sind die Räume nur dann zu nutzen, wenn Weiteres passiert: Luftduschen, Wasserschleier, Hitzeschutzkleidung und zusätzliche Pausen (ASR A3.5, Ziffer 4.4 Abs. 3).
Welche Maßnahmen sollte der Arbeitgeber ergreifen?
Bei starker Sonneneinstrahlung sind alle Sonnenschutzsysteme zu nutzen. Das kann laut ArbStättV sein:
- Sonneneinstrahlung mindern: Geeignete Sonnenschutzsysteme helfen, z.B. Jalousien, Balkone, Bepflanzung oder besondere Verglasung der Fenster
- Blendschutzlamellen an den Fenstern sollten zugezogen sein
- Räume müssen gelüftet und gekühlt werden, z.B. nachts oder morgens
- Gleitzeitregelungen einführen
- Lockerung der Kleiderordnung
- Nutzung von Ventilatoren
- Kühle Getränke kostenlos bereitstellen
- Geräte wie Drucker oder andere technische Ausrüstung, die zur Hitze beitragen, sind nach Möglichkeit auszuschalten
Gibt es freie Arbeitsplätze in Arbeits- und Pausenräumen, mit von der Sonne abgewandter Lage, sind Mitarbeitende auf diese zu versetzen.
Mitarbeitende können auch etwas für sich selbst tun. Das gelegentliche Abkühlen der Hände/Unterarme mit kaltem Wasser am Waschbecken oder die Nutzung der Pausen zur Abkühlung und Entspannung können helfen.
Kann das Verlegen der Arbeitszeit sinnvoll sein?
Auch das Verlegen der Arbeitszeit in die frühen und kühleren Morgenstunden kann Abhilfe schaffen. Hilfreich ist ebenso, die Arbeitszeiten in den sommerlichen Hitzeperioden insgesamt zu verkürzen. Zusätzliche Pausen und das Vermeiden von "schweren" Mahlzeiten leisten ebenfalls ein Beitrag.
So könnte der Betriebsrat vorschlagen, dass bei einer Raumtemperatur über 26 Grad nur noch maximal 6 Stunden zu arbeiten sind, bei über 30 Grad nur noch 4 Stunden.
Sinnvoll ist es, stündlich eine kleine Arbeitspause von etwa 5 Minuten einzulegen. Weiter kann dein*e Arbeitgeber*in vorschlagen, den Großteil der Arbeit ins Homeoffice zu verlagern. Am besten regeln Betriebsräte und Personalräte diese Fälle in einer Hitze-Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung.
Gibt es Hitzevorgaben für Arbeiten im Freien?
Fakt ist, dass das Arbeiten im Freien eine ganz besondere Belastung bei Hitze ist. Neben der Hitze stellen UV-Strahlen und die Ozonbelastung eine erhebliche Gefahr dar. Die Berufsgenossenschaft Bau hat deshalb eine Reihe von Ratschlägen parat.
Und vor allem: auch die besten Schutzmaßnahmen reichen oft nicht aus, um die Gefahren vollständig einzudämmen. Daher ist eine Gefährdungsbeurteilung sinnvoll, um langfristig Maßnahmen festzulegen. Bei Arbeiten über 25 Grad im Schatten müssen die Beschäftigten über die Gefahren informiert sein.
Bei extremen Temperaturen ist es besser auf schwere Arbeiten zu verzichten oder diese in die frühen Morgenstunden zu verlegen. Dein*e Arbeitgeber*in sollte Kopfbedeckungen, Sonnenbrillen mit UV-Filter und Sonnenschutzcreme zur Verfügung stellen. Auf Baustellen ist auf ausreichend Beschattung zu achten. Pausen sind einzurichten.
Und was sagen die Arbeitsgerichte?
Es gibt nicht sonderlich viele Anhaltspunkte, aber immerhin diese drei einschlägigen Entscheidungen:
Bei der Deutschen Post gab es Streit um die Kleiderordnung: Männliche Filialmitarbeiter in bestimmten Funktionen sollten eine Krawatte tragen. Ein Betriebsrat wollte die Vorschrift lockern: Ab 30 Grad Raumtemperatur sollten die Angestellten den Schlips ablegen dürfen. Der Arbeitgeber wehrte sich, mit dem Hinweis auf Unzuständigkeit des Gremiums. Eine derartige Abmachung könne kein einfacher Betriebsrat, sondern nur der Gesamtbetriebsrat mit ihm treffen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) sah das anders: Der regionale Betriebsrat dürfe sich mit dem Thema befassen und die Krawatte zu den Akten legen (BAG vom 18.7.2018, Az.: 1 ABR 59/15).
Zu heiße Arbeitsstätte: In Bielefeld stritt eine Anwaltskanzlei mit ihrem Vermieter. Im Somme heizten sich die Büroräume teils extrem auf, selbst bei angenehmen Außentemperaturen stiegen diese schnell über 30 Grad an. Lüften und Sonnenschutz bringe wenig, monierten die Anwälte. Die Ursache seien Baumängel. Der Vermieter müsse für akzeptable Temperaturen sorgen. Der Vermieter hielt die Beschwerde für übertrieben. Das Landgericht (LG) Bielefeld verdonnerte den Vermieter zu Nachbesserungen. Normalerweise dürfe die Raumtemperatur in Büroräumen 26 Grad nicht überschreiten. Bei Außentemperaturen von über 32 Grad müsse die Innentemperatur wenigstens sechs Grad darunter bleiben (LG Bielefeld vom 16.4.2003, Az.: 3 O 411/01).
Verkaufsräume überhitzt: Viel zu heiß zum Arbeiten war es in einem Textilgeschäft in Düsseldorf. Schon in gewöhnlichen Sommern ohne Hitzerekorde überschritt die Innentemperatur häufig 35 Grad. Der Ladeninhaber kündigte den Mietvertrag fristlos wegen einer Gesundheitsgefährdung. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf bestätigte die Kündigung des Mietvertrags: Dem Personal sei nicht zuzumuten, sich bei diesen Temperaturen länger in den Geschäftsräumen aufzuhalten. Die fristlose Kündigung sei gerechtfertigt (OLG Düsseldorf vom 4.6.1998, Az.: 24 U 194/96).