Klein, borstig und bereits sehr aktiv: Im Tiergarten der Stadt Nürnberg gibt es erstmals Nachwuchs bei den stark gefährdeten Chaco-Pekaris (Catagonus wagneri), einer Nabelschweinart aus Südamerika. Das Ferkel – ein Weibchen – wurde am Mittwoch (14. Mai 2025) geboren und lief schon kurz nach der Geburt gemeinsam mit den anderen Tieren durchs Gehege. Aktuell leben im Tiergarten vier Tiere dieser seltenen Art. Besucherinnen und Besucher haben gute Chancen, das Kleine zu Gesicht zu bekommen. Das Gehege der Pekaris befindet sich zwischen der Nashornanlage und dem Gehege der Trampeltiere und Kulane.

"Das Ferkel ist sehr fit und erkundet eifrig die Umgebung. Neben der Mutter kümmern sich auch die anderen beiden erwachsenen Tiere fürsorglich um den Nachwuchs", sagt, "Tierpflegerin" Beatrice Wieners. "Chaco-Pekaris sind sehr soziale Tiere, bei denen auch Tanten oder ältere Geschwister als Ammen fungieren können. Der Eber ist dafür zuständig, das Kleine zu beschützen – eine Aufgabe, die er sehr ernst nimmt." Pekaris als wichtige Ökosystem-Ingenieure: In der Natur kommen Chaco-Pekaris nur in einem begrenzten Gebiet vor, das sich über Teile Argentiniens, Boliviens und Paraguays erstreckt. Sie bewohnen Trockenwälder und Dornstrauchsavannen und übernehmen dort eine wichtige Rolle für das Ökosystem: Sie sind Allesfresser, verteilen über ihren Kot die Samen der Pflanzen und legen auf der Wanderschaft durch ihr Revier Wege an, die auch kleinere Tiere nutzen können.

Die Weltnaturschutzunion IUCN stuft Chaco-Pekaris als stark gefährdet, mit abnehmendem Populationstrend ein. Sowohl das Verbreitungsgebiet als auch die Zahl der Tiere in der Natur gehen zurück. Hauptgrund ist der Verlust des Lebensraums. Die Trockenwälder im Chaco haben die höchste Entwaldungsrate der Welt, einer aktuellen Studie zufolge werden alle Chaco-Pekaris außerhalb von Schutzgebieten bis zum Jahr 2051 verschwunden sein, wenn die Lebensraumzerstörung nicht gestoppt wird. "Umso wichtiger ist die Haltung und Zucht in menschlicher Obhut, um eine stabile Reservepopulation aufzubauen. Jedes Jungtier ist dafür ein wichtiger Baustein", sagt Jörg Beckmann, stellvertretender Direktor und Biologischer Leiter des Tiergartens.


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Das am 14. Mai 2025 geborene Ferkel ist äußerst aktiv, kommt gut in der Gruppe zurecht und erkundet eifrig die Umgebung.
Thomas Hahn/Tiergarten Stadt Nürnberg

Jungtiere sind aber nicht nur aus genetischen und gesundheitlichen Gründen wichtig. Auch für das Sozialleben der Tiere spielen Partnerwahl, Paarung, Geburten und Aufzuchten eine entscheidende Rolle. "Wir möchten unseren Tieren all diese Aspekte ermöglichen und sehen es als unsere Verantwortung, eine sozial funktionierende, gesunde, vielfältige und fortpflanzungsfähige Gruppe zu erhalten", so Beckmann. Vor dem Hintergrund ihrer hohen Gefährdung stimmt eine neue Erkenntnis aus der Wissenschaft hoffnungsvoll: Die Afrikanische Schweinepest (ASP) stellt für Pekaris keine Gefahr dar. Bei ASP handelt es sich um eine oft tödlich verlaufende Virusinfektion bei Schweinen, die sich in den letzten Jahren weltweit drastisch ausgebreitet hat. Das Friedrich-Loeffler-Institut konnte in einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit dem "Tiergarten Nürnberg" und anderen zoologischen Gärten nachweisen, dass Pekaris nicht empfänglich für das Virus sind. Weitere Informationen dazu gibt es unter: tgnbg.de/3l.

Obwohl sie optisch Schweinen ähneln, gehören Chaco-Pekaris nicht zur Familie der Echten Schweine (Suidae), sondern zu den Nabelschweinen (Tayassuidae). Im Unterschied zu den Echten Schweinen ragen ihre oberen Eckzähne nicht nach oben, sondern wie die Fangzähne bei Raubtieren nach unten und dienen den Tieren als Waffe. Außerdem besitzen sie eine Drüse auf dem Rücken, aus der sie ein moschusartiges Sekret abgeben. Der Tiergarten Nürnberg hält Chaco-Pekaris seit Juni 2023 und beteiligt sich mit ihnen am Europäischen Erhaltungszuchtprogramm "EAZA ex-Situ Programme" (EEP). Ziel dieser wissenschaftlich fundierten und koordinierten Zucht ist es, eine stabile und gesunde Population der Art außerhalb ihres natürlichen Lebensraums aufzubauen und zu erhalten. Wenn die Kriterien der IUCN es für sinnvoll und verantwortbar halten, könnten Tiere aus diesem Bestand in Zukunft ausgewildert werden. Derzeit leben insgesamt 71 Chaco-Pekaris in elf EAZA-Zoos.

Bei diesem Text handelt es sich um eine Pressemitteilung.