"Was für eine Lebensleistung!" Auf diese anerkennende Feststellung von Landrat Christian Meißner (CSU) hörte man langanhaltenden Applaus im Saal. Solche Zeichen des Respekts durfte Maria Wiehle bei ihrer Abschiedsfeier viele erfahren. Vor allem die Wertschätzung, die Maria Wiehle als Gesamtleiterin des Heilpädagogischen Zentrums (HPZ) ihren Mitarbeitern entgegenbrachte und genauso auch den Menschen mit Behinderung, für die sie sich unermüdlich einsetzte, kam nun mehrfach zurück. Herzliche Umarmungen waren zu sehen, gute Wünsche zu hören für die kommende Zeit, in der sich die Chefin nun mehr ihrer Familie, dem Enkelkind und der wohltuenden Arbeit im Garten widmen wird.
Zwar war die gelernte Industriekauffrau 1980 für die Buchhaltung bei der Caritas eingestellt worden. Doch sie hatte nie nur die Zahlen im Blick, sondern stets auch die Menschen dahinter. Sie hielt jeden Monat Abteilungsleiterrunden und führte Einzelgespräche, wodurch sie über alles Bescheid wusste und die Mitarbeiter Rückhalt spürten. "Wir haben immer eine Lösung gefunden, haben keinen fallen gelassen, auch wenn er krank war oder private Probleme hatte." Darauf ist sie stolz, das war für sie "gelebte Caritas". Die Mitarbeiter dankten es ihr. "Menschlich ging es immer zu", sagte etwa Katja Brade von der Offenen Behindertenarbeit. Auf die Chefin habe man zählen können. Dass es vorkam, dass nachts um elf noch Licht in ihrem Büro brannte, merkte ein anderer Abteilungsleiter an.
Seitens des Diözesan-Caritasverbandes würdigte Direktor Gerhard Öhlein Wiehles disziplinierten Arbeitsstil und ihre Beharrlichkeit, mit der sie ihre Lösungsansätze gegenüber dem Träger gut begründet und durchgesetzt habe. "Sie haben aufgebaut, umgebaut und neu gebaut", fasste auch Weihbischof Herwig Gössl in einem Dankgottesdienst anerkennend das Wirken Maria Wiehles zusammen.
Treffend schilderte der Landrat, dass sie das Spiel mit ganz vielen Fäden meisterhaft verstanden habe. Ihr gelang es, Menschen einzubinden, so dass die gar nicht anders konnten, als sie zu unterstützen. Sie tat das ja nicht für sich selbst, sondern für die ihr Anvertrauten. Ihre Gabe des beherzten Anpackens stellte auch der Lichtenfelser Bürgermeister Andreas Hügerich (SPD) in den Mittelpunkt seines Grußworts. Sie holte mit ihrem Engagement Menschen mit Behinderung in die Mitte der Gesellschaft. Pfarrerin Anne Salzbrenner stellte anerkennend fest: "Eine Maria Wiehle gibt es nicht noch mal, die Lücke bleibt."
Aus gesundheitlichen Gründen hatte sie 2017 dem Vorschlag zugestimmt, in den vorzeitigen Ruhestand zu gehen. Friederike Müller, Bereichsleiterin für die trägereigenen Einrichtungen beim Diözesan-Caritasverband Bamberg, hatte daraufhin die Leitung des HPZ übernommen. Dieses ist mit über 300 Mitarbeitern dessen größte Einrichtung. Die Wohnheime verfügen über knapp 90 Plätze, die beiden Schulen besuchen zirka 300 Schüler. Als Maria Wiehle ihre Tätigkeit aufnahm, waren im HPZ rund 30 Mitarbeiter beschäftigt, heute sind es rund 320. Für die aufgebauten Strukturen gab es regelmäßig gute und sehr gute Bewertungen durch eine qualifizierte Zertifizierungsgesellschaft. Diese Entwicklung skizzierte sie selbst in ihrer Abschiedsrede nach. Einen Dank richtete sie ferner an Vereine, Organisationen und Unternehmen, die bei Anschaffungen für Bedürftige und manchem Wunsch geholfen haben. "Ich habe meine Arbeit zu jeder Zeit sehr gerne gemacht", unterstrich Maria Wiehle. Und auch bei ihrer Verabschiedung gab die langjährige Gesamtleiterin dem Diözesan-Caritasdirektor mit auf den Weg, welche Bausteine im HPZ noch fehlen: "betreute Wohngruppen und ein gutes Angebot für Senioren". Es wäre schön, wenn die Einrichtungen diesbezüglich vervollständigt würden.

Steter Wandel in der Arbeit mit und für Menschen mit Behinderung
1969 wurde der Grundstein für das heutige Heilpädagogische Zentrum (HPZ) der Caritas gelegt, auch wenn es damals noch nicht diesen Namen trug. Die Keimzelle befand sich im Lichtenfelser Rennleinsweg: das Wohnheim St. Michael. 1984 nahm das Maximilian-Kolbe-Schulzentrum für Menschen mit geistiger - bzw. Lernbehinderung den Betrieb auf. Es folgten Anmietungen, Zwischenstationen, Neubauten, um Wohnraum für Menschen mit Behinderung zu schaffen. Maria Wiehle hat während ihrer beruflichen Tätigkeit vieles angestoßen. Außenwohngruppen entstanden, Förderstätten, Frühförderung, Offene Behindertenarbeit und Betreutes Wohnen. "Es war ein stetiger Wandel und ein stetiges Anpassen an neue Anforderungen" sagt sie rückblickend. Und dies gehe ja weiter. Nach neuen Bestimmungen hat jeder behinderte Mensch Anspruch auf ein Einzelzimmer. Das bringt Einrichtungsträger in Zugzwang, die Vorgabe muss binnen bestimmter Frist umgesetzt werden.
Schulvorbereitende Einrichtungen entstanden unter dem Dach der Caritas ebenfalls; Betriebsträgerschaften oder Geschäftsführungen für Kindergärten wurden durch das HPZ übernommen. Das Netz der Verantwortlichkeit dehnte sich auf viele Orte im Landkreis aus.
Eines der größten Projekte war der Umbau des ehemaligen Lichtenfelser Schwesternhauses zu einem Wohnheim. Die Kosten stiegen durch unvorhersehbare Arbeiten auf rund 2,8 Mio. Euro. Heute ist das Gebäude ein Schmuckstück, und seine Lage mitten in der Stadt wird dem wichtigen Aspekt der Inklusion gerecht. Unterm Dach befindet sich ein Versammlungsraum, der für öffentliche Veranstaltungen zur Verfügung steht und aus diesem Grund auch durch die Oberfrankenstiftung gefördert wurde. Es gab dort schon Theateraufführungen und Vereinstreffen. Er könnte aber besser genutzt werden, findet Maria Wiehle und legt Interessierten ans Herz, doch einfach auf den Leiter Markus Kleinhenz zuzugehen.