Es war ein neuer Anlauf, aber die Lage ist nicht neu. Gemeinderätin Claudia Jung (JB) hält die Situation vor der Süssmosterei Senger für "nicht mehr tragbar", sagte sie in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses. Claudia Jung wohnt neben dem Betrieb, sie ist also nicht nur Gemeinderätin, sondern auch Nachbarin. Sie und ihre Familie tragen mit Senger eine Auseinandersetzung aus, die sich schon über Jahrzehnte hinzieht.
Nun wehrt sich Seniorchef Wilhelm Sänger gegen die Vorwürfe von ihr, es würde dort Stinken und auf der Straße läge überall Abfall von den Anlieferern herum: "Unser Trester wird immer frisch von den Jägern zur Wildfütterung abgeholt und stinkt nicht. Ein Jäger sagte erst neulich zu mir: So ein Schmarrn, darüber lachen ja die Blässhühner."

Der Streit zwischen den Parteien beschäftigt auch die Behörden schon seit Jahrzehnten. "Nur diese Nachbarn haben uns seit 20 Jahren angezeigt, beim Gesundheitsamt, Landratsamt, Zollamt, Gemeinde und Polizei", sagt Wilhelm Sänger.

Diese Anzeigen führten zu Kontrollen und Ortsbesichtigungen, aber keinen Beanstandungen. "Bisher ist dem Betrieb nichts vorzuwerfen", das bestätigt auch Gerhard Schneider von der Gemeinde Ebensfeld. Oder kurz gesagt: Die Anwohner müssen mit der saisonalen Belastung leben.
Hier handelt es sich um ein so genanntes Mischgebiet, also ein Areal, in dem Betriebe und Wohnungen nebeneinander liegen dürfen.

Jung klagte auch, der Verkehr würde durch die parkenden Autos so stark eingeschränkt, so dass Feuerwehr und Polizei Mühe haben würden, im Ernstfall durchzukommen. Wilhelm Senger verweist darauf, dass die Straße dort recht breit sei.

25 Liter Saft für 50 Kilo Obst

Tatsächlich herrscht in der Straße zur Erntezeit viel Betrieb. Senger bietet auch Privatleuten an, ihr Obst vorbeizubringen. Für 50 Kilo Äpfel kann man sich 25 Liter Saft gutschreiben lassen, die man dann innerhalb von zwölf Monaten abholen kann. Dieses Angebot wird gerne genutzt. "Iregendwie kann man doch auch froh sein, wenn die Leute noch Äpfel auflesen und sie zu Saft veredeln lassen. Wie oft sieht man die Früchte um die Bäume herum liegen", sagt Bürgermeister Bernhard Storath (CSU). Ein- und Ausladen, Klappern von Flaschen und das Schlagen von Türen - das müssen die Anwohner tolerieren. Und dazu kommt: Es ist ein gewachsener Betrieb.
Seit über 50 Jahren betreibt die Familie Senger die Süßmosterei in ihrem Anwesen. 1956 eröffnete der gelernte Büttner und heutige Seniorchef Wilhelm Senger das kleine Unternehmen. Er sah in seinem Handwerk keine Zukunft mehr und suchte eine neue Erwerbsquelle. Sein Vater Georg hatte 1929 den Büttnerbetrieb in Ebensfeld übernommen. Wilhelm Senger schulte Mitte der 1950er-Jahre an zum Süßmoster an der staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt in Bad Homburg um.

Die Auseinandersetzung mit den Nachbarn hinterließ bei ihm Spuren: "Ich habe schon viele schlaflose Nächte gehabt. Unsere Akte mit den Anzeigen ist bereits prallvoll. Nun müssen wir eine neue anlegen."
Senger sieht sich seiner Meinung nach auch zu Unrecht mit anderen Aussagen von Claudia Jung konfrontiert. Die Anlieferzeit betrage nicht vier Monate und dauere bis Ende November: "In unserem Schaufenster sind die Zeiten für die Obstannahme angeschrieben: vom 3. September bis 9. November, von 8 bis 12 und 13 bis 17 Uhr." Auch herrsche kein Betrieb bis Mitternacht, etwa durch Lastwagen, wie Jung gesagt habe.
In der Gemeinde wird seine Aussage bestätigt. Es habe einzelne Fälle gegeben. "Ein Lastwagen steckte einmal auf der Autobahn fest und kam deswegen sehr spät", erinnert sich Schneider.

Von regelmäßigem Verkehr um die Uhrzeit wisse er aber nichts. Viele Leute, das hat Schneider beobachtet, würden sich einfach unvernünftig beim Parken zeigen. Ein Problem: Rund 100 Meter entfernt liegt die Ausfahrt für das Feuerwehrhaus. Wer hier seinen Wagen abstellt, hindert die Feuerwehrleute damit am Ausrücken.
Bernhard Storath, dessen Familie ein paar Häuser weiter wohnt, sagt deshalb auch ganz klar, dass sich der Betrieb rechtlich korrekt verhalte. "Es waren zwei Nachbarn bei mir, die haben sich ausdrücklich von der Darstellung von Claudia Jung distanziert."

Und auf der anderen Seite sei man auch froh, wenn es weiter Betriebe im Ort gebe, damit der Ortskern nicht aussterbe. "Früher war auch noch die Gärtnerei Schmidt in der Unteren Straße, da war der Verkehr manchmal noch schlimmer." Aber auch er weist natürlich darauf hin, dass Sicherheit auch ein Thema ist.
Doch wie kann man einen Kompromiss finden? In der Unteren Straße gibt es Kurzzeitparkplätze, die auf zwei Stunden beschränkt sind. Jung schlug vor, die Kurzzeitparkplätze aufzuheben und auf der gegenüber liegenden Straßenseite ein Halteverbot auszuweisen. Als "Lärmschutz" hätten sie und ihre Familie bisher mit ihren Fahrzeugen die Kurzzeitparkplätze vor ihrem Haus belegt. Doch der Bauausschuss lehnte mit 6:1 Stimmen ab, auf einer Seite ein Halteverbot einzurichten, Jung enthielt sich der Stimme als Betroffene, Storath war der Befürworter. Jung kündigte an, sie wolle nun im Gemeinderat einen Antrag stellen.
Immerhin steht man nicht unter Zeitdruck: Am gestrigen Freitag, 9. November, war der letzte Anliefertag für Äpfel und Birnen, schreibt Senger auch auf seiner Homepage. Ab 13 Uhr am Nachmittag fanden sich die letzten Anlieferer ein. Die Saison ist herum.
Nun sollte es in der in der Unteren Sandstraße etwas ruhiger zugehen. Zumindest was den Verkehr angeht.