„Die Wildgänse haben die frisch aufgegangene Saat auf einem Stück komplett abgefressen. Hier ist die Ernte verloren“, klagt Landwirt Klaus Weiß aus Gruben bei Hochstadt. Wie das Landratsamt Lichtenfels mitteilt, steht er damit nicht allein. Graugänse, Kanadagänse und Nilgänse seien im Landkreis Lichtenfels immer mehr auf dem Vormarsch. Mit ihrem Riesenappetit auf Getreide richteten sie vielerorts großen Schaden an.
"Ein Fakt, den das Landratsamt als untere Naturschutz- und Jagdbehörde, Kommunen, Landwirte und politische Mandatsträger seit einigen Jahren mit Sorge beobachten. Deswegen ziehen nun alle gemeinsam an einem Strang, um Lösungsmöglichkeiten zu finden. So sollen in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) gemeinsame Maßnahmen in Form eines Wildgänsemanagement-Projekts im Landkreis Lichtenfels ergriffen werden", heißt es.
Anhand von Erkenntnissen aus den Kreisen Bamberg und Haßberge sollen "verschiedene Regulierungsmaßnahmen, angepasst an die jeweiligen Standort- und Schadsituationen, an einigen Brennpunkten im Landkreis Lichtenfels" umgesetzt werden. Der Startschuss soll mit einer Ende Juli stattfindenden Auftaktveranstaltung gegeben werden.
In den Nachbarkreisen zeigte sich demnach, dass sich Wildgänse gerade in den Mainauen sehr wohlfühlen. Die enge Verzahnung von Ruhegewässern mit Brutmöglichkeiten und landwirtschaftlichen Flächen mit hochwertiger Nahrung biete optimale Bedingungen und sei eine der Ursachen für die enorme Vermehrung. Wenn der Mensch nicht eingreife, werde die Population weiter wachsen.
Sandra Groß von der unteren Jagdbehörde erklärt in der Mitteilung der Behörde, dass die Wildgänsearten zum jagdbaren Federwild zählten und damit dem Jagdrecht unterlägen. Der Abschuss allein könne aber das Grundproblem der wachsenden Population nicht lösen. Insofern komme die zum 1. Mai 2022 in Kraft getretene Änderung des Bayerischen Jagdgesetzes zum richtigen Zeitpunkt.
"Nachdem auch vonseiten des Landesgesetzgebers erkannt wurde, dass die steigende Gänsepopulation zu zunehmenden Problemen in der Landwirtschaft und den Uferbereichen von Badegewässern führt, ist es nunmehr erlaubt, auch die Gelegebehandlung jagdrechtlich zu genehmigen. Damit wird der Bruterfolg der Gänse reduziert und der Populationszuwachs eingedämmt. Gelegebehandlungen waren bislang nur zu wissenschaftlichen oder Lehrzwecken erlaubt", heißt es. Das wissenschaftliche Pilotprojekt in den Landkreisen Bamberg und Haßberge habe mit dieser Maßnahme in bestimmten Problemregionen Erfolge gezeigt. Sowie diesbezüglich nähere gesetzliche Vorgaben vorliegen, soll die Gelegebehandlung als ein Baustein des Wildgänsemanagement-Projektes im Landkreis Lichtenfels ebenfalls etabliert werden.
„An den Äckern entlang von Gewässern ist ein Anbau von verschiedenen Kulturen nicht mehr möglich, weil die Gänse alles abfressen. Unseren Landwirten drohen Verluste im vierstelligen Bereich pro Hektar“, so BBV-Geschäftsführer Hans Rebelein. Fachberater Gabriel Lieb: „Auf die Problematik mit den ausufernden Wildgänsebeständen weisen die Landwirte schon seit Jahren hin. Neben den Schäden an den Feldfrüchten verdrängen auch die Gänse als invasive Arten immer mehr die einheimischen Wildvögel.“
BBV-Kreisobmann Michael Bienlein fordert: „Zukünftige Bauplanungen entlang von Gewässern müssen das Problem mit den Wildgänsen berücksichtigen. Es muss alles dafür getan werden, dass die Schäden im Rahmen bleiben.“
Kreisbäuerin Marion Warmuth: „Wildgänsemanagement funktioniert nur mit den Behörden, Jägern, Jagdgenossenschaften & Landwirten und dem Verständnis der Bevölkerung.“