Auch die Zweitauflage des Klassik-Open-Airs auf dem Lichtenfelser Marktplatz war ein Erfolg. Neben der starken Leistung des Ausnahmepianisten Alexander Yakovlev entstand auch eine einzigartige Atmosphäre auf dem Marktplatz.

Gegen 19 Uhr strömten die Besucher zur Veranstaltung. Noch sommerlich gekleidet, doch nicht selten schon mit legerer Eleganz. Das bewies eine gewisse Verbundenheit mit dem für 20 Uhr anberaumten und kostenfreien Ereignis.

Entsprechend stolz und vorfreudig zeigten sich vor Konzertbeginn auch die Verantwortlichen des Abends und der "Stiftung unser Lichtenfels", in deren Namen das Konzert präsentiert wurde. Bürgermeister Andreas Hügerich streckte auf der Bühne angesichts der vielen Besucher den Daumen weit in die Luft und Roberto Bauer machte sich schon mal warm für seine Rolle als Conferencier, während sich die Besucher auf den rund 600 Stühlen vor der Bühne niederließen, alle weiß bezogen. Im Verlaufe des Abends sollten auch die weiß bezogenen Stehtische grünlich zu schimmern beginnen. Das alles hatte so etwas von Planmäßigkeit, von Cooperate Identity oder kurzum: Stil.


Abonnement auf Klavierpreise

Und dann trat er auf, der Klassik-Star, der Ausnahmepianist, der Mann, der vor Monaten wegen eines Passversehens nicht zur Pressekonferenz anreisen konnte und zu dem die Kontaktaufnahme samt Anfrage für ein Konzert laut Bauer völlig unkompliziert lief. Und kapriziös oder allürenhaft wirkte Alexander Yakovlev, der so etwas wie ein Abonnement auf renommierte internationale Klavierpreise zu haben scheint, wirklich nicht - eher von verschmitzter Bescheidenheit.

55 erste Preise hat er allein zwischen den Jahren 2006 und 2014 eingesackt - bei diesem Tempo müsste er nun bei rund 80 Preisen liegen. Noch am Vortag, so hieß es, habe er ein umjubeltes Konzert in St. Petersburg gegeben.


Aufdringliche Besucherin

Doch was Yakovlevs Konzert auch begleiten sollte, war ein unerfreulicher Zwischenfall. Eine Konzertbesucherin zeigte sich aufdringlich am Bühnenrand, was zwischenzeitlich sogar die Polizei auf den Plan rief. "Er hat sich in seiner Konzentration gestört gefühlt", kommentierte Roberto Bauer gegenüber unserer Zeitung die Gemütslage des Künstlers.

Doch dieser Zwischenfall war bald ausgestanden und Yaklovev bewies schnell, warum er ein Ausnahmekönner ist. In der Ausgestaltung immer glaubwürdig bleibend, gelangen ihm die Phrasierungen um ein Thema aus fünf bestimmenden Tönen in Beethovens "Sonate opus 2 Nr. 3" grandios. Dabei mochte bei manchem im Publikum der Verdacht aufgekommen sein, dass es sich bei besagten Noten um jene handeln dürfte, die auch Pop-Künstler Billy Joel seinem Welthit "Leningrad" im Intro vorausstellte.

Beeindruckend auch die geradezu vaudevillehaften Momente, die er in einer von ihm selbst vorgenommenen Transkription von Mussorgskys "Eine Nacht auf dem kahlen Berge" veranstaltete, oder der Umgang mit dem bestimmenden Lauf des Stücks, den es mit dunklen Mollpassagen druckvoll zu unterlegen galt. Erstaunlich, wie ein Mensch allein all diese Kaskaden an Noten, all die mit ihnen verknüpften Tempowechsel aus weiteren Werken von Tschaikowsky, Gluck oder Rachmaninow zu erinnern imstande ist.

Eine Leistung, die das Publikum zu schätzen wusste: Zwei Zugaben hielt Yakovlev für das Publikum bereit, begleitet von mimisch und gestisch witzigen Einlagen. Nach zwei Stunden war der Abend vorüber. Mit stehenden Ovationen für den Star aus Russland und gewiss auch für die Idee des Klassik-Open-Airs.