Warum darf der Pate eines Firmlings kein evangelischer Christ sein? Warum darf ein wiederverheiratetes Ehepaar nicht zur Kommunion gehen - und besteht selbige Sanktion auch für Priester, die des Missbrauchs an Kindern schuldig geworden sind? Solche und andere Fragen hat Franz Seubold zum Anlass genommen, kirchliche Regeln zu hinterfragen und seine Sicht der Dinge aufzuschreiben. Die Bibel hat er dazu wortwörtlich betrachtet. Das Alte Testament hält er für ein Katastrophenbuch, an Jesu Existenz zweifelt er nicht, wohl aber am Gottessohn. Herausgekommen ist ein Buch, "das dem Klerus nicht gefallen wird", wie der Verfasser ankündigt. Nicht wissenschaftlich und auch sprachlich nicht fehlerfrei. Er selbst beschreibt es als respektlose Betrachtung eines "katholischen Atheisten" oder eines ungläubig gewordenen Katholiken, der lieber das begrenzte irdische Leben genießt, als es auf ein Danach auszurichten.
Wir sprachen mit Franz Seubold über seine Beweggründe, mit über 80 Jahren seine Sichtweise öffentlich darzulegen.
Wie kam es dazu, dass Sie dieses Buch geschrieben haben?
Franz Seubold: Ursprung war der Papst-Besuch in Deutschland 2011. Der kostete 30 Millionen, und die zahlt ja nicht der Papst, sondern es zahlen die Staaten, die er besucht. Ich habe meinen Frust darüber aufgeschrieben. Ich hätte nicht gedacht, dass da mal ein Buch draus wird. Eigentlich war das nur für meine Enkelin.
Wie haben Ihre Kinder und die Enkelin auf das Buch reagiert?
Die haben es noch nicht gelesen, denke ich.
Sie wissen aber, dass das Thema geeignet ist, sich nicht nur Freunde zu machen?
Das weiß ich. (schmunzelnd:) Sie können auch dazu schreiben: Der Seubold ist in einem Alter, in dem er sich nicht mehr lange damit herumärgern muss.
Was war denn Ihre Motivation?
Den Leuten zu zeigen, dass sie eigentlich nur belogen werden. Das Alte Testament ist ein schreckliches Buch. Überall tropft Blut. So etwas als Wort Gottes zu bezeichnen, ist eine Frechheit.
Weil Gott gütiger ist?
Das hat mit Gott nichts zu tun.
Wollen Sie die Leute mit Ihrem Buch vom Glauben abbringen?
Nein! Von mir aus können sie glauben, was sie wollen. Sie sollen sich nur nicht bevormunden lassen. Oder anderen etwas aufzwingen. Man kann sich auch beim Lesen amüsieren.
Worüber zum Beispiel?
Zum Beispiel, wenn ich die Antwort auf meine Frage an praktizierende Katholiken schildere, ob Jesus eigentlich katholisch oder evangelisch war. "Katholisch" kam da wie aus der Pistole geschossen...
Machen Sie Ihre heftige Kritik an der Kirche nur an der katholischen fest?
Von der evangelischen Kirche weiß ich zu wenig.
Sie bezeichnen sich selbst als katholischen Atheisten. Das heißt, Sie sind nicht aus der Kirche ausgetreten.
Ich hoffe, dass die mich rausschmeißen (lacht). Das wär' für mich eine Auszeichnung. Ich selbst trete nur aus, wenn das Buch ein Erfolg würde und ich Kirchensteuer darauf zahlen müsste. Denn die Kleriker werden so negativ von mir beurteilt, da will ich nicht, dass die von mir noch mal profitieren.
Warum sind Sie bisher in der Kirche geblieben?
Bequemlichkeit. Sie sind halt dabei, werden schon als wehrloser Säugling zum Mitglied gemacht. Und wenn Sie später arbeiten, sind Sie zahlungspflichtig.
Während Ihrer jahrzehntelangen Pressearbeit waren Sie ganz oft auch mit kirchlichen Themen befasst, weil diese zum Leben in einer Gemeinde mit dazugehören.
Deshalb bin ich ja auch nicht ausgetreten. Es hat Vieles zum Schreiben gegeben. Ich habe aber schon damals kritische Leserbriefe über die Pfaffen geschrieben. Die widersprechen sich ja ständig und leben nicht nach dem, was sie den anderen predigen. Als Jugendlicher war ich der Meinung, Kirche ist etwas absolut Wahrhaftes. Aber sie ist total verlogen. Meine Ungläubigkeit habe ich der heiligen Kirche zu verdanken.
Eine kritische Haltung zur Institution Kirche haben viele , die sich trotzdem den Glauben an Gott bewahren. Sie aber nicht, oder?
Ich glaub' nicht an einen Gott, auch nicht an Himmel und Hölle.
Seit wann ist das so?
Schon Jahrzehnte. Nur hab' ich das nicht publik gemacht.
Gab es eine Erfahrung, die Sie in dieser Überzeugung bestärkt hat?
Jede Menge. Ich habe schon als Jugendlicher den Pfaffenspiegel (ein kirchenkritisches Buch, erschienen 1845) gelesen... Eigentlich hat mich hauptsächlich der Lebensstil der Pfaffen dazu gebracht.
Jetzt sind Sie wieder bei den Pfaffen - die Frage zielte aber auf den Glauben ab.
Ich glaub' nichts. Da habe ich mich mit einem unserer früheren Pfarrer in Marktgraitz immer wieder auseinandergesetzt. 'Sie glauben auch', hat der zu mir gesagt.
Weil sich gerade kritische Menschen und Zweifler besonders intensiv mit Gott auseinandersetzen.
Das hab' ich ja auch. Aus meiner Sicht gibt es aber kein höheres Wesen.
Ich teile die Ansicht eines englischen Philosophen, der gesagt hat, nicht Gott hat den Menschen erschaffen - der Mensch hat sich Gott erschaffen. Ich beschreibe in dem Buch auch, wie ich mir vorstelle, dass es zu Religionen gekommen ist. Durch eine Urangst.
Und was hat Ihnen im Leben Trost gegeben? Sie mussten ja auch Verluste verkraften wie den Tod Ihrer Frau.
Ausgerechnet am Heiligen Abend... Ich musste damit fertig werden, und bin auch damit fertig geworden. Der Tod gehört zum Leben.
Warum sind Sie trotz Ihrer Haltung ab und zu doch in die Kirche gegangen?
Wegen des Kontakts zu anderen Leuten. Kirche ist auch eine Gemeinschaft. Ich war 1993 in Peking. In meiner Nähe läuteten Kirchenglocken, da bin ich mit meiner Kamera hineingegangen. Es wurde gesungen. Sie verstehen kein Wort, aber es ist die gleiche Melodie wie bei uns. Sie fühlen sich wie daheim. Ein überraschendes Erlebnis, ein Zugehörigkeitsgefühl zu wildfremden Menschen. So geht es mir auch hier in der Kirche: Ich bin einer von denen, die sind mir größtenteils sympathisch.
Haben Sie einen Leitsatz für das Miteinander?
Jeden anderen achten, egal, was der für eine Meinung hat. Ich muss die ja nicht teilen.
Über Autor und Buch
Franz Seubold (*1935) war Fotolaborant mit eigenem Geschäft in seinem Heimatort Marktgraitz, wo er heute noch lebt, und Röntgenassistent in einer Klinik. Nebenbei war er jahrzehntelang als Lokalberichterstatter tätig.
Was Kleriker verschweigen ist der Titel des Buches, das Seubold ab 2015, nach Beendigung seiner Tätigkeit für mehrere Zeitungsverlage, geschrieben hat. Es ist 2018 im Zwiebelzwerg-Verlag erschienen; Erstauflage 1000 Stück; 215 Seiten, 19,50 Euro; im Buchhandel:
ISBN 978-3-86806-819-1
Wir sprachen mit Franz Seubold über seine Beweggründe, mit über 80 Jahren seine Sichtweise öffentlich darzulegen.
Wie kam es dazu, dass Sie dieses Buch geschrieben haben?
Franz Seubold: Ursprung war der Papst-Besuch in Deutschland 2011. Der kostete 30 Millionen, und die zahlt ja nicht der Papst, sondern es zahlen die Staaten, die er besucht. Ich habe meinen Frust darüber aufgeschrieben. Ich hätte nicht gedacht, dass da mal ein Buch draus wird. Eigentlich war das nur für meine Enkelin.
Wie haben Ihre Kinder und die Enkelin auf das Buch reagiert?
Die haben es noch nicht gelesen, denke ich.
Sie wissen aber, dass das Thema geeignet ist, sich nicht nur Freunde zu machen?
Das weiß ich. (schmunzelnd:) Sie können auch dazu schreiben: Der Seubold ist in einem Alter, in dem er sich nicht mehr lange damit herumärgern muss.
Was war denn Ihre Motivation?
Den Leuten zu zeigen, dass sie eigentlich nur belogen werden. Das Alte Testament ist ein schreckliches Buch. Überall tropft Blut. So etwas als Wort Gottes zu bezeichnen, ist eine Frechheit.
Weil Gott gütiger ist?
Das hat mit Gott nichts zu tun.
Wollen Sie die Leute mit Ihrem Buch vom Glauben abbringen?
Nein! Von mir aus können sie glauben, was sie wollen. Sie sollen sich nur nicht bevormunden lassen. Oder anderen etwas aufzwingen. Man kann sich auch beim Lesen amüsieren.
Worüber zum Beispiel?
Zum Beispiel, wenn ich die Antwort auf meine Frage an praktizierende Katholiken schildere, ob Jesus eigentlich katholisch oder evangelisch war. "Katholisch" kam da wie aus der Pistole geschossen...
Machen Sie Ihre heftige Kritik an der Kirche nur an der katholischen fest?
Von der evangelischen Kirche weiß ich zu wenig.
Sie bezeichnen sich selbst als katholischen Atheisten. Das heißt, Sie sind nicht aus der Kirche ausgetreten.
Ich hoffe, dass die mich rausschmeißen (lacht). Das wär' für mich eine Auszeichnung. Ich selbst trete nur aus, wenn das Buch ein Erfolg würde und ich Kirchensteuer darauf zahlen müsste. Denn die Kleriker werden so negativ von mir beurteilt, da will ich nicht, dass die von mir noch mal profitieren.
Warum sind Sie bisher in der Kirche geblieben?
Bequemlichkeit. Sie sind halt dabei, werden schon als wehrloser Säugling zum Mitglied gemacht. Und wenn Sie später arbeiten, sind Sie zahlungspflichtig.
Während Ihrer jahrzehntelangen Pressearbeit waren Sie ganz oft auch mit kirchlichen Themen befasst, weil diese zum Leben in einer Gemeinde mit dazugehören.
Deshalb bin ich ja auch nicht ausgetreten. Es hat Vieles zum Schreiben gegeben. Ich habe aber schon damals kritische Leserbriefe über die Pfaffen geschrieben. Die widersprechen sich ja ständig und leben nicht nach dem, was sie den anderen predigen. Als Jugendlicher war ich der Meinung, Kirche ist etwas absolut Wahrhaftes. Aber sie ist total verlogen. Meine Ungläubigkeit habe ich der heiligen Kirche zu verdanken.
Eine kritische Haltung zur Institution Kirche haben viele , die sich trotzdem den Glauben an Gott bewahren. Sie aber nicht, oder?
Ich glaub' nicht an einen Gott, auch nicht an Himmel und Hölle.
Seit wann ist das so?
Schon Jahrzehnte. Nur hab' ich das nicht publik gemacht.
Gab es eine Erfahrung, die Sie in dieser Überzeugung bestärkt hat?
Jede Menge. Ich habe schon als Jugendlicher den Pfaffenspiegel (ein kirchenkritisches Buch, erschienen 1845) gelesen... Eigentlich hat mich hauptsächlich der Lebensstil der Pfaffen dazu gebracht.
Jetzt sind Sie wieder bei den Pfaffen - die Frage zielte aber auf den Glauben ab.
Ich glaub' nichts. Da habe ich mich mit einem unserer früheren Pfarrer in Marktgraitz immer wieder auseinandergesetzt. 'Sie glauben auch', hat der zu mir gesagt.
Weil sich gerade kritische Menschen und Zweifler besonders intensiv mit Gott auseinandersetzen.
Das hab' ich ja auch. Aus meiner Sicht gibt es aber kein höheres Wesen.
Ich teile die Ansicht eines englischen Philosophen, der gesagt hat, nicht Gott hat den Menschen erschaffen - der Mensch hat sich Gott erschaffen. Ich beschreibe in dem Buch auch, wie ich mir vorstelle, dass es zu Religionen gekommen ist. Durch eine Urangst.
Und was hat Ihnen im Leben Trost gegeben? Sie mussten ja auch Verluste verkraften wie den Tod Ihrer Frau.
Ausgerechnet am Heiligen Abend... Ich musste damit fertig werden, und bin auch damit fertig geworden. Der Tod gehört zum Leben.
Warum sind Sie trotz Ihrer Haltung ab und zu doch in die Kirche gegangen?
Wegen des Kontakts zu anderen Leuten. Kirche ist auch eine Gemeinschaft. Ich war 1993 in Peking. In meiner Nähe läuteten Kirchenglocken, da bin ich mit meiner Kamera hineingegangen. Es wurde gesungen. Sie verstehen kein Wort, aber es ist die gleiche Melodie wie bei uns. Sie fühlen sich wie daheim. Ein überraschendes Erlebnis, ein Zugehörigkeitsgefühl zu wildfremden Menschen. So geht es mir auch hier in der Kirche: Ich bin einer von denen, die sind mir größtenteils sympathisch.
Haben Sie einen Leitsatz für das Miteinander?
Jeden anderen achten, egal, was der für eine Meinung hat. Ich muss die ja nicht teilen.
Über Autor und Buch
Franz Seubold (*1935) war Fotolaborant mit eigenem Geschäft in seinem Heimatort Marktgraitz, wo er heute noch lebt, und Röntgenassistent in einer Klinik. Nebenbei war er jahrzehntelang als Lokalberichterstatter tätig.
Was Kleriker verschweigen ist der Titel des Buches, das Seubold ab 2015, nach Beendigung seiner Tätigkeit für mehrere Zeitungsverlage, geschrieben hat. Es ist 2018 im Zwiebelzwerg-Verlag erschienen; Erstauflage 1000 Stück; 215 Seiten, 19,50 Euro; im Buchhandel:
ISBN 978-3-86806-819-1