Den Sommerschlussverkauf gibt es nicht mehr. Er heißt jetzt eher Saisonschlussverkauf, häufiger aber "Sale". Als solcher ist er auch in Lichtenfels vorkommend. Doch wie, wie lange oder mit welchen Geschichten?
Mal ein Gedankenspiel wagen: Kann es sein, dass ein Sommerschlussverkauf auch einen Effekt auf Wäschereien hat? Im Fachmarktzentrum gegenüber einer solchen stehend, kann einem der Gedanke kommen. Immerhin soll es Menschen geben, die ihre frisch gekauften Hemden zum Waschen gleich mal über die Theke reichen. Zu einem Saisonschlussverkauf könnte das doch gehäuft vorkommen. Tut es aber nicht. Zumindest hat Waltraud Büttner keine eindeutigen Erkenntnisse dazu, auch wenn sie "alleinstehenden Herren" ein solches Verhalten noch am ehesten zutraut. Die Textilfachkraft bei der Kingsgard Reinigung zeigt sich unschlüssig, erinnert sich aber an eine Frau aus der vergangenen Woche, die nach einem Textilkauf die Wäsche in die Reinigung brachte.
Ansturm gibt es keinen mehr
Andrea Deuerling führt das Damenmodengeschäft Deuerling in der Innenstadt. Mit Regularien ist sie ziemlich gut vertraut. "Der letzte Montag im Juli und ab dann zwei Wochen lang", so bringt sie eine Faustregel zur zeitlichen Dauer des Sommerschlussverkaufs auf den Punkt. Aber: "Der offizielle Zeitrahmen ist ja abgeschafft worden, er wird aber propagiert, damit der Kunde nicht verwirrt ist." Einen Run, einen Ansturm zum Saisonschlussverkauf gebe es heutzutage nicht mehr. "In den 70ern war das noch so", sagt sie und eine Angestellte ergänzt: "In den 80ern auch noch."
Sommerschlussverkauf - das sagt man vielleicht noch, aber man schreibt es nicht. Blickt man auf die Schaufensterwerbung oder auf Plakate, dann liest man nahezu ausschließlich von "Sale". Der Anglizismus hat sich durchgesetzt. Ein Schicksal, das der Sommerschlussverkauf mit dem Winterschlussverkauf teilt - aus beiden Begriffen wurde ein Sale.
Geschichtlich interessant ist auch, dass es in Deutschland zu einer ersten Reglementierung des Saisonschlussverkaufs im Jahre 1909 kam. In der Bundesrepublik geschah dies 41 Jahre später, namentlich in der Verordnung über Sommer- und Winterschlussverkäufe des Bundeswirtschaftsministeriums. So durfte der Einzelhandel nach § 7 Abs. 3 Ziff.1 UWG a. F. zwei Saisonschlussverkäufe pro Jahr ausrichten. Für den Sommerverkauf war die letzte Juliwoche und die erste Augustwoche vorgesehen. Doch Reglementierungen hin und Verordnungen her: Kleine Geschäfte ziehen gegenüber großen Ketten keinen Nutzen aus einem "Sale". Selbst dann nicht, wenn er - wie derzeit auch in Lichtenfels - längst über die erste Augustwoche hinaus geht. 20 %, 50 % - in der Rabattgestaltung ist man weitgehend frei. Die Lager müssen geräumt werden, um herbstlicher und winterlicher Neuware Platz zu schaffen. Doch es gibt viele Läden, die sich an einem Schlussverkauf auch dann beteiligen, wenn sie gar kein Lager haben.
Beim Discounter K+K in der Mainau ist dem beinahe so. "Wir haben kein großes Lager", sagt Verkäuferin Olga Kromm. "Ich kann mich nicht an einen Ansturm erinnern", ist eine weitere Aussage von ihr.
Und während sie das sagt, geht eine Kundin zwischen den preislich herabgesetzten sommerlichen Schuhen umher. Auf die Frage, ob sie sich von den Prozentsymbolen angelockt fühlt, erklärt sie: "Nö. Man braucht ja jetzt eh nix und es gibt ja auch über das Jahr immer Prozente."
20 Prozent ist auch die Marge, die Nadja Schubert nachlässt. Schlussverkäufe gibt es auch in ihrem Segment, dort, wo eh schon alles günstig ist: Bei den Waren aus zweiter Hand. In ihrem Warehouse 2 in der Innenstadt gab es auch immer wieder Sommerschlussverkäufe. Einen Ansturm hat Nadja Schubert noch nicht erlebt. Wohl aber Leute, denen vergünstigte Ware auch mit Sommerschlusspreisnachlässen noch zu teuer war.