"Früher hat es Fleckerlteppiche gegeben, heute wird es verflochten." Monika Faber ist mit ihren drei "Michelauer" Enkelkindern ins Deutsche Korbmuseum gekommen. Das knappe Dutzend Hocker zieht die Blicke des Betrachters auf sich, besonders ein Objekt. Er ist mit schmalen Stoffstreifen alter Jeans umwickelt und erinnert an die früheren Fleckerlteppiche. Entstanden ist der Hocker aus einem Stahlrahmengestell im Rahmen eines Upcycling Projekts an der Staatliche Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung in Lichtenfels. Fabers Enkelkind, der fünfjährige Moritz, hat als erster die Knöpfe entdeckt, die seine Schöpferin wie selbstverständlich mit einarbeitete.


Zukunft im Museum?

Bei der Eröffnung der Sonderausstellung "Zukunft Flechten" am Samstagnachmittag im Deutschen Korbmuseum stellte Schulleiter Hans Jürgen Lichy die provokante Frage: Eine Zukunftsausstellung im Museum, ein Widerspruch? "Nein, Zukunft wird gestaltet aus dem Hier und Jetzt", so der Schulleiter. Flechten sei ein Jahrtausende altes Handwerk, das auf der ganzen Welt in den verschiedensten Ausprägungen verbreitet ist. Ein Teil des Handwerks müsse in der Bewahrung von handwerklichen Techniken und regionalen Traditionen liegen. Die Zukunft brauche aber Querdenker, die mit alten Techniken neue Wege gehen. Die Ausstellung zeigt, dass moderne Materialien und alte Techniken durchaus kein Widerspruch seien, dass sie sich auch inspirieren könnten, so Lichy.
Dies zeigen die Arbeiten von Megumi Higuchi auf eindrucksvolle Weise. Die Aufgabe für die Schüler des zweiten Ausbildungsjahres bestand darin, ein geflochtenes Gefäß mit einem Deckel aus einem anderen Material zu versehen. Die junge Japanerin hat sich mit einer Glaskünstlerin zusammengetan, die ihr ein filigranes Gebilde anfertigte. In der Ausstellung sind noch weitere Objekte zur gleichen Aufgabenstellung zu sehen. Die aus Feinarbeit hergestellten Gefäße tragen Deckel aus Keramik, Glas, Eisen oder Kupferdraht. Megumi Higuchi steht für die Generation junger Flechtwerkgestalter, die ein altes Handwerk mit neuen Ideen verbinden und weiterentwickeln wollen. "Schade, dass es immer weniger Korbmacher gibt", sagt die junge Frau. Den Beruf hat sie erst über das Internet kennengelernt, als sie von der Schule erfuhr. Aktuell ist sie im dritten Ausbildungsjahr.


Kontrapunkt zur Digitalwelt

Ein Teil der Zukunft liege, so Lichy, im kreativen Umgang mit frechen und frischen Design. Flechten sei anders als die zweidimensionale digitale Welt ein dreidimensionales Handwerk. Flechten könnte Teil einer Gegenbewegung zur digitalisierten Welt werden. "Bei der zunehmenden Vermeidung von Plastiktüten müsste doch auch der traditionelle Einkaufskorb wieder eine Chance haben", wünschte sich der Schulleiter.
Wie Fachlehrerin Elisabeth Dicker und der Geschäftsführer des Zentrums europäischer Flechtkultur (ZEF), Manfred Rauh, verrieten, soll an der Schule demnächst ein Projekt starten, das den Einkaufskorb unter dem Motto "Lichtenfelser gehen wieder mit dem Einkaufskorb einkaufen" näher in den Fokus rückt. "Das sind wir schon gespannt, welche Ideen uns da erwarten", sagte Rauh.
In seinem Grußwort wies Bürgermeister Helmut Fischer darauf hin, dass sich die Gemeinde ihr Aushängeschild das Korbmuseum jährlich 100 000 kosten lasse. "Das Deutsche Korbmuseum liegt uns sehr am Herzen." Noch immer glaube ein gewisser Teil der Bevölkerung, dass eine Maschine die vielen Körbe herstelle.
Die Sonderausstellung "Zukunft flechten" ist noch bis in den September im Deutschen Korbmuseum zu sehen.