Die kleine Vanessa war im Juli 2014 unbemerkt in den tieferen Bereich des Himmelkroner Freibads gelangt und dort auf den Grund gesunken. Wie lange sie dort lag, ist unklar. Das Mädchen starb einige Tage später, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Wegen fahrlässiger Tötung angeklagt sind nun der Bademeister sowie die Leiterin der Kindergruppe des TSV Himmelkron, mit der Vanessa im Bad war.

Doch konnten der Bademeister oder die Betreuerin von ihren Standpunkten aus überhaupt erkennen, dass sich die Achtjährige leblos am Boden des Himmelkroner Freibads befindet? Das versuchte der Experte des Landeskriminalamts München am dritten Verhandlungstag vor dem Kulmbacher Amtsgericht auf digitale Art zu klären.

Der technische Amtsmann hatte das Schwimmbad eingescannt und Panoramafotos angefertigt. "Wir können uns an jede x-beliebige Stelle im Schwimmbad versetzen", erklärte er Richterin Sieglinde Tettmann. Mit dem dreidimensionalen Scan war es möglich, aus verschiedenen Blickwinkeln und Höhen auf und in das Becken zu sehen, tote Winkel aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln zu erkennen. Auch ein Blick aus dem Bademeisterhäuschen war möglich.

Die knapp zehn Besucher konnten dem virtuellen Rundgang durch das Freibad folgen - die Präsentation erfolgte über einen großen Bildschirm im Sitzungssaal. "Das war wichtig, um zu sehen, was man am Boden des Beckens beobachten kann", erklärte Staatsanwalt Daniel Götz.

Zeugen hatten ausgesagt, dass die Übungsleiterin in unmittelbarer Nähe des Beckens gestanden oder gesessen habe. Der Bademeister soll sich in seinem Kassenhäuschen befunden haben. Was er dort gemacht hat, steht nicht fest. So gibt es eine Aussage, wonach er Zeitung gelesen haben könnte. Doch der Mann bestreitet das. Auch sein Anwalt Oliver Heinekamp hält den Vorwurf für unwahrscheinlich: "Auf den kleinen Tisch passt gar keine Zeitung." Zudem stellte er die Zeugin in Frage, die eigenen Aussagen bei der Polizei nun widerspreche.

War der Bademeister überhaupt für die Vereinsgruppe verantwortlich? Auch das ist eine Frage, die nicht ohne weiteres beantwortet werden kann. Ein Polizist, der sich als Sachbearbeiter mit dem Fall auseinandergesetzt hatte, verwies auf unterschiedliche Verlautbarungen des Gemeindeunfallversicherungsverbands, des deutschen Schwimmvereins, des deutschen Bäderwesens und des Berufsverbands der Bademeister. "Die weichen alle voneinander ab." Unterschiedliche Formulierungen gebe es beispielsweise bei der Aufsichtspflicht, dass bei Schul- beziehungsweise Vereinsschwimmen die Lehrer und Übungsleiter verantwortlich sind, nicht der Bademeister.

Er verwies allerdings auch darauf, dass der Rettungsschwimmmerschein des Bademeisters, der alle drei Jahre erneuert werden muss, zum Unglückszeitpunkt zwei Monate abgelaufen war. Die beiden Vereinsbetreuerinnen hätten gültige Übungsleiterscheine besessen, die auch eine zweistündige Erste-Hilfe-Ausbildung beinhalten. Fraglich sei, ob das für diesen Fall ausreiche. Auch habe es Probleme mit dem Defibrillator gegeben.

Für Rechtsanwalt Gert Nowack, der Vanessas Mutter als Nebenklägerin vertritt, stellte sich deshalb die Frage, wie sich diese Defizite - soweit tatsächlich vorhanden - bis zum Eintreffen der Rettungskräfte ausgewirkt haben.

Die Verhandlung wird am kommenden Donnerstag, 8. März, fortgesetzt.