Cengiz Gündüz war der Hoffnungsträger der Schiedsrichtergruppe Kulmbach. Stets ruhig, abgeklärt und regelsicher leitete der 23-jährige Deutsch-Türke die Fußballspiele in der Region, zuletzt in der Bezirksliga. Ein junger Mann, in seiner Schiedsrichter-Gruppe bestens integriert und prädestiniert für höhere Aufgaben. "Ich habe ihn selbst mehrmals beobachtet, er ist ein sehr guter Schiedsrichter", sagt sogar der oberste Schiedsrichter-Funktionär Oberfrankens, der ehemalige Bundesliga-Referee Siegfried Brehm aus Kemmern.
Doch genau ihm wird nun vorgeworfen, Gündüz' gleich zwei Mal unfair behandelt zu haben. Der Kulmbacher ist jedenfalls von den Funktionären des Bezirksschiedsrichter-Ausschusses - neben Brehm sind dies die Beisitzer Martin Pröhl (Bayreuth) und Thomas Stammberger (Coburg) - dermaßen enttäuscht, dass er nun auf die große Karriere pfeift.
Was war passiert? Cengiz Gündüz hatte sich in der Saison 2015/16 mit starken Leistungen in der Bezirksliga für die Landesliga empfohlen. Lediglich ein schriftlicher Regeltest und eine Überprüfung der Fitness standen dem Aufstieg noch im Wege. Normalerweise reine Formsache - wäre die sportliche Prüfung nicht ausgerechnet Anfang Juni angesetzt worden, im Ramadan. Der 23-Jährige, ein gläubiger Moslem, startete geschwächt von den Entbehrungen des muslimischen Fastenmonats am Abend bei 28 Grad im Schatten zum Laufen. Nach sechs Runden sah Gündüz Sternchen und brach entkräftet zusammen - durchgefallen. "Ich hatte seit dem Vorabend nichts gegessen und getrunken", so die Erklärung von Gündüz. "In den Jahren zuvor habe ich den Leistungstest immer bestanden."
Seine Enttäuschung ist groß. Umso mehr, als er erfährt, dass zwei andere oberfränkische Schiedsrichter in die Landesliga durchgewunken wurden, obwohl sie offensichtlich den schriftlichen Regeltest nicht bestanden haben.
Der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter Siegfried Brehm bedauert, was passiert ist: "Ich kann Cengiz' Enttäuschung verstehen und mich nur entschuldigen. Es war sicher unsensibel von uns, dass er im Ramadan laufen musste." Der ehemalige Gymnasiallehrer, der unter anderem im Fach Religion unterrichtete, betont: "Ich habe immer religiöse Gefühle geachtet und viele türkischstämmige Schüler gehabt. Ich hatte nie Ärger mit ihnen." Doch habe damals die Zeit gedrängt und er Gündüz ohne bestandenen Leistungstest "nicht aufsteigen lassen können".
Doch was entgegnet Brehm auf den Vorwurf der Ungleichbehandlung? "Die beiden anderen Schiedsrichter haben den Test bei meinem Beisitzer Thomas Stammberger geschrieben. Und der hat mir mitgeteilt, dass beide Schwächen gezeigt hätten. Aber Schwächen sind für mich noch kein Durchfallgrund." Wie die betroffenen Schiedsrichter tatsächlich abgeschnitten haben, lässt sich nicht mehr überprüfen. Denn die Unterlagen wurden nicht archiviert...
Für den Kulmbacher Obmann Udo Konstantopoulos ist jedenfalls das Vertrauen in den Bezirksschiedsrichter-Ausschuss derart gestört, dass er dessen Mitglieder Brehm, Pröhl und Stammberger nicht bei der Weihnachtsfeier seiner Gruppe (siehe Seite 21) sehen wollte. Dort sprach er vor über 180 Gästen Klartext: "Wenn unser Bezirksschiedsrichter-Obmann so ein gläubiger Mensch ist, dann müsste er den Glauben einer anderen Religion auch akzeptieren." Konstantopoulos hat die Gruppe Kulmbach nach einer Krise vor ein paar Jahren übernommen und sie zu neuer Stärke geführt. "Es läuft hervorragend, das wollen wir uns durch so einen unnötigen Ärger nicht wieder kaputt machen lassen!"
Der Obmann zieht den Hut vor dem BFV-Bezirksvorsitzenden Karlheinz Bram, der sich bei derselben Veranstaltung ausdrücklich bei Cengiz Gündüz entschuldigt hat. Bram gab eine "Ungleichbehandlung" zu und sprach von einem "Fehler, der so hätte nicht passieren dürfen".
Gündüz ist zwar "froh" über die Entschuldigungen, wird aber trotzdem das nachträgliche Angebot des BFV aus München, noch einmal den Leistungstest zur Landesliga absolvieren zu dürfen, ausschlagen. Pfeifen möchte er nicht einmal mehr in der Bezirksliga, nur noch im Kreis. Denn seine Freunde von der Schiedsrichter-Gruppe Kulmbach will er nicht im Stich lassen.
Für den Kulmbacher Schiedsrichter-Obmann Udo Konstantopoulos passt der Fall "Gündüz" nicht zu den sonstigen Integrationsbemühungen des BFV: "Dabei macht sich ja gerade Präsident Rainer Koch dafür stark."
Patrik Domanski von der BFV-Pressestelle bestätigt, dass es gleich "mehrere Fehler im Schiedsrichterbereich auf Bezirksebene" gegeben habe - "insbesonderes bei der Terminierung des Lauftests". Diese Versäumnisse, so der BFV, hätten aber "keinen fremdenfeindlichen oder gar rassistischen Hintergrund".
Nach Bekanntwerden der Vorgänge hätten der Verbands-Schiedsrichterausschuss mit Walter Moritz an der Spitze und Bezirksvorsitzender Karlheinz Bram sofort reagiert, "um den Fall aufzuklären und eine vernünftige Lösung herbeizuführen".
Anfang Dezember habe es dazu eigens ein Treffen mit dem Verbandsschiedsrichterausschuss, Bram sowie den hochrangisten oberfränkischen Schiedsrichter-Funktionären in der BFV-Geschäftsstelle in Bamberg gegeben, wo "die Fehler allesamt aufgearbeitet" worden seien und "über eine Ausnahmeregelung Herrn Gündüz die Möglichkeit eingeräumt" wurde, seine Tests nachzuholen. Diese habe "Cengiz Gündüz mittlerweile in einem persönlichen Gespräch mit Herrn Bram abgelehnt und nachvollziehbar begründet", heißt es vom BFV.
Der Bayerische Fußball-Verband hat derzeit nicht viel Freude an seinen oberfränkischen Schiedsrichter-Funktionären. Denn es ist innerhalb von wenigen Wochen schon das zweite Mal, dass Vorwürfe gegen einen hochrangigen Funktionär aus der Gilde der Unparteiischen laut werden. So soll sich der Hofer Schiedsrichterobmann Gerhard Rödel als Leiter einer A-Klassenpartie abfällig gegenüber Spielern mit Migrationshintergrund geäußert haben. Das Verbandssportgericht verurteilte Rödel zwar zu einer Geldstrafe in Höhe von 1000 Euro, ließ aber den Vorwurf der "rassistischen Äußerungen" fallen. Es habe Aussage gegen Aussage gestanden - obwohl gleich mehrere Spieler Rödels Ausfälligkeiten bestätigten. Doch warum dann die hohe Geldstrafe? Weil sich Rödel "danebenbenommen" habe, so der Vorsitzende des Sportgerichts. Eine Erklärung, die Fragen offen lässt, vor allem die nach der tatsächlichen Unabhängigkeit eines Verbandssportgerichtes...
Und nun muss sich Bezirksschiedsrichter-Obmann Siegfried Brehm des Vorwurfs erwehren, keine Rücksicht auf die Religion eines muslimischen Kameraden genommen zu haben. Wieder ein Fall von Rassismus? Halt - Brehm hat wohl nur wenig Fingerspitzengefühl gezeigt. Und das hat er auch eingesehen. Beim BFV spricht man diesmal erfreulicherweise Klartext. Sowohl aus München als auch von den örtlichen Funktionären hört man ehrliche Entschuldigungen. Gut so.
Was bleibt? Wenn sich der BFV schon die Integration an die Fahnen heftet, dann muss er noch stärker auf die religiösen Bedürfnisse seiner muslimischen Mitglieder Rücksicht nehmen, und die bestenfalls in Paragrafen seiner Spiel- und Schiedsrichterordnung verankern. Fußballspiele an Karfreitag sind für Christen tabu - Leistungstests für Muslime im Ramadan müssen es auch sein.
Die beste Idee kommt aber von Cengiz Gündüz selbst. Er schlägt dem BFV vor, das Amt des Integrationsbeauftragten in den Kreisen einzuführen. Höherklassig pfeifen mag er nicht mehr - aber für diese Aufgabe könnte er sich durchaus erwärmen. Gut so.
Doch genau ihm wird nun vorgeworfen, Gündüz' gleich zwei Mal unfair behandelt zu haben. Der Kulmbacher ist jedenfalls von den Funktionären des Bezirksschiedsrichter-Ausschusses - neben Brehm sind dies die Beisitzer Martin Pröhl (Bayreuth) und Thomas Stammberger (Coburg) - dermaßen enttäuscht, dass er nun auf die große Karriere pfeift.
Was war passiert? Cengiz Gündüz hatte sich in der Saison 2015/16 mit starken Leistungen in der Bezirksliga für die Landesliga empfohlen. Lediglich ein schriftlicher Regeltest und eine Überprüfung der Fitness standen dem Aufstieg noch im Wege. Normalerweise reine Formsache - wäre die sportliche Prüfung nicht ausgerechnet Anfang Juni angesetzt worden, im Ramadan. Der 23-Jährige, ein gläubiger Moslem, startete geschwächt von den Entbehrungen des muslimischen Fastenmonats am Abend bei 28 Grad im Schatten zum Laufen. Nach sechs Runden sah Gündüz Sternchen und brach entkräftet zusammen - durchgefallen. "Ich hatte seit dem Vorabend nichts gegessen und getrunken", so die Erklärung von Gündüz. "In den Jahren zuvor habe ich den Leistungstest immer bestanden."
Seine Enttäuschung ist groß. Umso mehr, als er erfährt, dass zwei andere oberfränkische Schiedsrichter in die Landesliga durchgewunken wurden, obwohl sie offensichtlich den schriftlichen Regeltest nicht bestanden haben.
Brehm bedauert
Der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter Siegfried Brehm bedauert, was passiert ist: "Ich kann Cengiz' Enttäuschung verstehen und mich nur entschuldigen. Es war sicher unsensibel von uns, dass er im Ramadan laufen musste." Der ehemalige Gymnasiallehrer, der unter anderem im Fach Religion unterrichtete, betont: "Ich habe immer religiöse Gefühle geachtet und viele türkischstämmige Schüler gehabt. Ich hatte nie Ärger mit ihnen." Doch habe damals die Zeit gedrängt und er Gündüz ohne bestandenen Leistungstest "nicht aufsteigen lassen können". Doch was entgegnet Brehm auf den Vorwurf der Ungleichbehandlung? "Die beiden anderen Schiedsrichter haben den Test bei meinem Beisitzer Thomas Stammberger geschrieben. Und der hat mir mitgeteilt, dass beide Schwächen gezeigt hätten. Aber Schwächen sind für mich noch kein Durchfallgrund." Wie die betroffenen Schiedsrichter tatsächlich abgeschnitten haben, lässt sich nicht mehr überprüfen. Denn die Unterlagen wurden nicht archiviert...
Konstantopoulos spricht Klartext
Für den Kulmbacher Obmann Udo Konstantopoulos ist jedenfalls das Vertrauen in den Bezirksschiedsrichter-Ausschuss derart gestört, dass er dessen Mitglieder Brehm, Pröhl und Stammberger nicht bei der Weihnachtsfeier seiner Gruppe (siehe Seite 21) sehen wollte. Dort sprach er vor über 180 Gästen Klartext: "Wenn unser Bezirksschiedsrichter-Obmann so ein gläubiger Mensch ist, dann müsste er den Glauben einer anderen Religion auch akzeptieren." Konstantopoulos hat die Gruppe Kulmbach nach einer Krise vor ein paar Jahren übernommen und sie zu neuer Stärke geführt. "Es läuft hervorragend, das wollen wir uns durch so einen unnötigen Ärger nicht wieder kaputt machen lassen!"Der Obmann zieht den Hut vor dem BFV-Bezirksvorsitzenden Karlheinz Bram, der sich bei derselben Veranstaltung ausdrücklich bei Cengiz Gündüz entschuldigt hat. Bram gab eine "Ungleichbehandlung" zu und sprach von einem "Fehler, der so hätte nicht passieren dürfen".
Gündüz schlägt Angebot aus
Gündüz ist zwar "froh" über die Entschuldigungen, wird aber trotzdem das nachträgliche Angebot des BFV aus München, noch einmal den Leistungstest zur Landesliga absolvieren zu dürfen, ausschlagen. Pfeifen möchte er nicht einmal mehr in der Bezirksliga, nur noch im Kreis. Denn seine Freunde von der Schiedsrichter-Gruppe Kulmbach will er nicht im Stich lassen.
BFV gibt Fehler zu
Für den Kulmbacher Schiedsrichter-Obmann Udo Konstantopoulos passt der Fall "Gündüz" nicht zu den sonstigen Integrationsbemühungen des BFV: "Dabei macht sich ja gerade Präsident Rainer Koch dafür stark."Patrik Domanski von der BFV-Pressestelle bestätigt, dass es gleich "mehrere Fehler im Schiedsrichterbereich auf Bezirksebene" gegeben habe - "insbesonderes bei der Terminierung des Lauftests". Diese Versäumnisse, so der BFV, hätten aber "keinen fremdenfeindlichen oder gar rassistischen Hintergrund".
Nach Bekanntwerden der Vorgänge hätten der Verbands-Schiedsrichterausschuss mit Walter Moritz an der Spitze und Bezirksvorsitzender Karlheinz Bram sofort reagiert, "um den Fall aufzuklären und eine vernünftige Lösung herbeizuführen".
Treffen in Bamberg
Anfang Dezember habe es dazu eigens ein Treffen mit dem Verbandsschiedsrichterausschuss, Bram sowie den hochrangisten oberfränkischen Schiedsrichter-Funktionären in der BFV-Geschäftsstelle in Bamberg gegeben, wo "die Fehler allesamt aufgearbeitet" worden seien und "über eine Ausnahmeregelung Herrn Gündüz die Möglichkeit eingeräumt" wurde, seine Tests nachzuholen. Diese habe "Cengiz Gündüz mittlerweile in einem persönlichen Gespräch mit Herrn Bram abgelehnt und nachvollziehbar begründet", heißt es vom BFV.
Kommentar: Integration muss in die Paragrafen
Der Bayerische Fußball-Verband hat derzeit nicht viel Freude an seinen oberfränkischen Schiedsrichter-Funktionären. Denn es ist innerhalb von wenigen Wochen schon das zweite Mal, dass Vorwürfe gegen einen hochrangigen Funktionär aus der Gilde der Unparteiischen laut werden. So soll sich der Hofer Schiedsrichterobmann Gerhard Rödel als Leiter einer A-Klassenpartie abfällig gegenüber Spielern mit Migrationshintergrund geäußert haben. Das Verbandssportgericht verurteilte Rödel zwar zu einer Geldstrafe in Höhe von 1000 Euro, ließ aber den Vorwurf der "rassistischen Äußerungen" fallen. Es habe Aussage gegen Aussage gestanden - obwohl gleich mehrere Spieler Rödels Ausfälligkeiten bestätigten. Doch warum dann die hohe Geldstrafe? Weil sich Rödel "danebenbenommen" habe, so der Vorsitzende des Sportgerichts. Eine Erklärung, die Fragen offen lässt, vor allem die nach der tatsächlichen Unabhängigkeit eines Verbandssportgerichtes...Und nun muss sich Bezirksschiedsrichter-Obmann Siegfried Brehm des Vorwurfs erwehren, keine Rücksicht auf die Religion eines muslimischen Kameraden genommen zu haben. Wieder ein Fall von Rassismus? Halt - Brehm hat wohl nur wenig Fingerspitzengefühl gezeigt. Und das hat er auch eingesehen. Beim BFV spricht man diesmal erfreulicherweise Klartext. Sowohl aus München als auch von den örtlichen Funktionären hört man ehrliche Entschuldigungen. Gut so.
Was bleibt? Wenn sich der BFV schon die Integration an die Fahnen heftet, dann muss er noch stärker auf die religiösen Bedürfnisse seiner muslimischen Mitglieder Rücksicht nehmen, und die bestenfalls in Paragrafen seiner Spiel- und Schiedsrichterordnung verankern. Fußballspiele an Karfreitag sind für Christen tabu - Leistungstests für Muslime im Ramadan müssen es auch sein.
Die beste Idee kommt aber von Cengiz Gündüz selbst. Er schlägt dem BFV vor, das Amt des Integrationsbeauftragten in den Kreisen einzuführen. Höherklassig pfeifen mag er nicht mehr - aber für diese Aufgabe könnte er sich durchaus erwärmen. Gut so.