Mehr Altstadt geht nicht: Direkt an der Stadtmauer, die Plassenburg im Rücken und die Petrikirche vor Augen - am Festungsberg, wo Michael Sailer mit seiner Familie wohnt, ist das perfekte Kulmbacher Idyll. Bis zu jenem Tag im Spätsommer, als plötzlich der Boden wegbrach. "Wir hatten ein Riesenloch im Garten", sagt Sailer.

Der Krater war 4 x 4 Meter groß. Unfassbar, dass die Erde aufreißen konnte. Der 60-jährige Hausherr rief die Nachbarn zusammen. "Einer meinte, es muss etwas mit Wasser zu tun haben", so Sailer. Der Verdacht bestätigte sich, als die Stadtwerke anrückten: ein Wasserrohrbruch.


Wie ein Schweizer Käse

Davon hatte zunächst aber niemand etwas bemerkt. Denn: Der Burgberg ist durchlöchert wie ein Schweizer Käse: alte Bierkeller, die früher die Brauereien nutzten, und private Vorratskeller. Das Wasser suchte sich seinen Weg. "Es hat Sand und Erdreich ausgespült und lief in einen Felsenkeller im darunterliegenden Kapellengässchen", erläutert Thomas Gremer. Der Sachverständige für Geotechnik spricht von "innerer Erosion durch Wasser".

Es ging so lange gut, bis die Ausspülungen ein Ausmaß erreicht hatten, dass das Erdreich einbrach. So entstand der tiefe Krater an der Stadtmauer. Die Stelle wurde abgedeckt, der halbe Garten abgesperrt.


Wer haftet?

Jetzt ist das große Loch wieder zu. "Ich bin froh, dass es vorbei ist", sagt Sailer. Der Schreck war groß - aber wenigstens hat er keinen finanziellen Schaden. "Wir haften kraft Gesetz, wenn der Schaden von der Wasserleitung ausgeht", erklärt der Chef der Kulmbacher Stadtwerke, Stephan Pröschold. "Ein Hausanschluss war defekt. Das Wasser ist in das Kellersystem reingelaufen, hat den Garten unterspült - bis es dann eingefallen ist", erklärt Pröschold.

Für die Stadtwerke ein normaler Versicherungsfall - auch wenn der Vorfall aufsehenerregend und die Behebung des Schadens schwierig war. Pröschold: "Die von uns beauftragte Baufirma Vogel ist wegen der Hanglage und der Stadtmauer schwer rangekommen, hat's aber hinbekommen."


Schaufeln mit der Hand

Die Arbeiten zogen sich längere Zeit hin. Zunächst rutschte immer wieder Erdreich in den Krater. Aus dem Keller mussten Massen von Sand und Steinen aufwendig mit der Hand rausgeschaufelt werden. Dann wurde der Durchlass mit einer Betonplombe verschlossen, so dass man das Loch auffüllen konnte.

Die Kosten kann der Stadtwerkechef noch nicht exakt beziffern. Er schätzt den Schaden auf 10.000 bis 15.000 Euro. Wobei noch zu klären ist, ob das Wasser auch Feuchteschäden an Wohnhäusern im Kapellengässchen verursacht hat.


Droht weitere Gefahr?

Droht auch anderen Hausbesitzern im Bereich des Burgbergs Ungemach durch Wasser oder einstürzende Keller? Der Geowissenschaftler, der sich in dem Kulmbacher Stollensystem gut auskennt, will nichts ausschließen. "Die Keller haben bis jetzt die ganze Zeit gehalten. Aber man weiß nie, ob eine Kellerdecke nachbricht. Dazu müsste man jeden Keller einzeln anschauen." Eindringendes Wasser, so Gremer, könne immer die Standfestigkeit eines Felsenkellers verringern.