Nach wie vor ist die spektakuläre Verfolgungsjagd im Raum Kulmbach Thema Nummer eins in den Wohnzimmern, an den Stammtischen und in den sozialen Medien. Wie berichtet nahm die Polizei am Dienstagabend in der Kulmbacher Siedlung einen 23-jährigen Mann aus Meißen (Sachsen) fest, der zuvor durch seine Flucht einen zweistündigen Großeinsatz der Polizei ausgelöste hatte.

Vorgebildet durch zahlreiche Polizeiserien und Krimis im Fernsehen, stellt sich dem Laien eine Reihe von Fragen. Zunächst: Warum war es möglich, dass der Tatverdächtig mit dem zur Fahndung ausgeschriebenen Skoda-Octavia-Mietwagen von der Autobahn abfahren konnte? Wie konnte sich der Mann in einem Wohngebiet verstecken, so dass Anwohner möglicherweise gefährdet wurden? Und vor allem: Wie war es möglich, dass der 23-Jährige einen Streifenwagen der Polizei stehlen konnte?


Spekulationen bringen nichts

Dazu befragt, erklärt die Bayreuther Polizeisprecherin Anne Höfer, dass Mutmaßungen und Spekulationen die Ermittlungsbehörden nicht weiterbringen. Der Fall werde - wie immer - professionell abgearbeitet.

Zur Autobahn: Laut Höfer wurden, nachdem der Skoda um 18.15 Uhr aufgefallen war, großflächig Polizeistreifen im Bereich der A 9 und A 70 positioniert. Es sei aber nicht klar gewesen, wo der Mann hinfährt. "Man kann nicht pauschal jede Ausfahrten sperren", erklärt die Polizeisprecherin. Die Situation sei in Bewegung gewesen. Die Polizei habe so gehandelt, dass es der aktuellen Lage angepasst war, und versucht, "ein bisschen vorauszudenken".


Andere Autofahrer massiv gefährdet

Zum Wohngebiet: Der Mann sei bei seiner Flucht rücksichtslos gefahren, habe äußerst riskant überholt und andere Verkehrsteilnehmer massiv gefährdet, so Höfer. Dadurch sei es ihm gelungen, sich auf der B 85 einen kleinen Vorsprung zu verschaffen. Denn: "Unsere Kollegen können auf der Bundesstraße nicht so fahren wie auf der Autobahn. Sie können den Gegenverkehr nicht einfach ignorieren und genauso rücksichtlos fahren. Das muss jedem bewusst sein. Und trotzdem waren sie dem Mann dicht auf den Fersen", betont die Polizeisprecherin und sagt zur möglichen Gefährdung von Anwohnern: "Nur weil sich einer der Polizeikontrolle entzieht, ist nicht gesagt, dass er zum Geiselnehmer wird."

Zum Streifenwagen, den der 23-Jährige bei seiner Flucht zu Fuß in der Siedlung entwendete: Hier hüllt sich die Polizei nach Absprache mit der Staatsanwaltschaft Bayreuth in Schweigen. "Dazu gibt es keine weiteren Details und Hintergründe, das ist Täterwissen", heißt es. "Wir müssen es dabei belassen, dass er damit ein kurzes Stück in der Siedlung fahren konnte und dann gegen eine Mauer stieß."

Wahrscheinlich ist die Antwort ganz einfach: Die Tür des Streifenwagens war offen, und der Schlüssel steckte. Die Polizisten haben in der Hektik bei der Verfolgung des Flüchtigen den Schlüssel nicht abgezogen und die Autotür nicht verriegelt.


Bei der Festnahme kein Widerstand

Um 20.15 Uhr ließ sich der Mann, der sich in der Wohnung einer Freundin versteckt hatte, widerstandslos festnehmen. Er sitzt in Untersuchungshaft. Wegen Unterschlagung, vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in mehreren Fällen, unerlaubten Entfernens vom Unfallort, versuchten Raubes und Diebstahls wurde Haftbefehl erlassen.