Sie haben sich gestritten und wieder vertragen. Schon mehrfach ging das so. Ganz einfach scheint die Beziehung eines jungen Pärchens aus dem Landkreis Kulmbach nicht zu sein. Diesmal wogen die Vorwürfe schwer und brachten den 19-jährigen beschäftigungslosen Arbeiter vor den Jugendrichter. Er soll seine 26 Jahre alte Freundin wieder einmal übel misshandelt haben.

Vor Gericht hatte der Angeklagte Glück und bekam eine allerletzte Chance. Richter Christoph Berner ahndete die zweifache vorsätzliche Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung mit einer Geldauflage von nur 100 Euro und legte fest, dass sich das Pärchen nach Weisung des Caritasverbandes eines Täter-Opfer-Ausgleichs unterziehen muss.


Zum Anti-Aggressions-Training


Dabei handelt es sich um eine Art Paar-Therapie inklusive Anti-Aggressions-Training.
Mit diesem Urteil hatte der Angeklagte wirklich Glück, denn Staatsanwalt Stefan Kolb hatte zuvor eine Geldauflage in zehnfacher Höhe, also von 1000 Euro, plus vier Tage Arrest gefordert, um dem jungen Mann sein Unrecht vor Augen zu führen. Wenn Richter Berner so weit darunter blieb, dann deshalb, weil er dem Pärchen glaubte, dass es sich wieder zusammengerauft hat. Die beiden wohnen längst wieder zusammen und erwarten sogar Nachwuchs.

Noch in der Anklage war von dieser Harmonie nichts zu spüren. Der Mann soll Ende August des vergangenen Jahres den Kopf seiner Freundin gepackt und zusammengedrückt haben, er soll sie gegen Einrichtungsgegenstände geschubst und anschließend gewürgt und dann sogar noch einen Stuhl nach ihr geworfen haben.


Schläge und Tritte


Einen Tag später das annähernd gleiche Szenario: Erneut war von Schubsen und Würgen die Rede, von einem Faustschlag und von Tritten mit den Füßen gegen die wehrlose Frau. Auch Todesdrohungen und heftige Beleidigungen soll der Angeklagte ausgestoßen haben.

"Da stimmt vieles nicht", sagte der Angeklagte noch zu Beginn seiner Vernehmung. Wenig später räumte er die Taten auf intensive Nachfrage des Richters und nach einer Verhandlungspause samt längerer Diskussion mit dem Vertreter der Jugendgerichtshilfe trotzig ein. Die Frau soll das dringend benötigte Geld verspielt haben, behauptete er. Da sei er eben ausgerastet.

Die Frau hatte dagegen in ihrer Zeugenaussage von Anfang an angegeben, dass alle ihre Aussagen bei der Polizei richtig waren. Jetzt habe sich ihr Freund aber wirklich geändert. Er werde nicht mehr gleich aggressiv. "Ich will nicht, dass er wegen dieser Geschichte bestraft wird", sagte das Opfer im Zuegenstand.


Mit dem Fleischerbeil bedroht


Glück hatte der Angeklagte mit dem milden Urteil vor allem deshalb, weil es ziemlich genau vor einem Jahr zu einem gleichgelagerten Übergriff gegen die Freundin gekommen war. Damals hatte sie der Angeklagte mit einem Fleischerbeil bedroht und war immerhin zu einer Geldauflage in Höhe von 500 Euro verurteilt worden.

1000 Euro forderte der Staatsanwalt diesmal und wertete zulasten des Angeklagten unter anderem dessen hohe Rückfallgeschwindigkeit, das zweifach gefährliche Würgen und die einschlägige Vorstrafe.

Angesichts der ohnehin desolaten finanziellen Verhältnisse beließ es der Richter mit 100 Euro aber dann doch eher bei einer symbolischen Geldauflage und verzichtete auf den geforderten Arrest. Der würde nur ein Ungleichgewicht in die Beziehung tragen, soll heißen, für neuen Ärger sorgen. Außerdem wäre dann eventuell die anvisierte Arbeitsstelle des Angeklagten in Gefahr.


Die allerletzte Chance


Die Sache mit dem Täter-Opfer-Ausgleich sei aber wirklich die letzte Chance, so Berner. "Die Stunde des Ausrastens ist vorbei", so der Richter. Beim nächsten Mal könne der Angeklagte auch nicht mehr mit dem wesentlich milderen Jugendstrafrecht rechnen, da er schon bald nicht mehr als Heranwachsender gilt. "Sollten sie diese Chance nicht nutzen, müssen wir auf unser klassisches Repertoire zurückgreifen", sagte Berner und meinte damit, dass beim nächsten Mal urchaus auch eine Gefängnisstrafe im Raum stehen könnte.