Die Abwassergebühr wird in Kulmbach danach berechnet, wie viel Frischwasser ein Haushalt oder Betrieb verbraucht. Da ist ungerecht, sagt Peter Schieber, der gegen den Gebührenbescheid der Stadtwerke Widerspruch eingelegt hat. Schieber fordert die Einführung des Abwasser-Gebühren-Splittings. Sprich: Er will, dass - wie in vielen anderen Kommunen - zwei separate Gebühren verlangt werden: eine für das eingeleitete Schmutzwasser auf der Basis des Frischwasserverbrauchs, eine weitere für das Niederschlagswasser, das nicht versickern kann, sondern in den Abwasserkanal eingeleitet wird.


Das Discounter-Beispiel

Eine naturnahe Regenwasser-Bewirtschaftung würde so gefördert, es würde vor allem aber auch zu mehr Gebührengerechtigkeit führen, sagt Schieber. Mehrköpfige Familien, die viel Wasser verbrauchen, auf deren Grundstück aber wenig Flächen versiegelt sind, würden entlastet. Die müssten nicht mehr die Kosten etwa für Einkaufsmärkte mittragen, die große versiegelte Flächen haben, aber kaum Frischwasser verbrauchen. Schieber führt das Beispiel eines Discounters an, der aufgrund der Parkflächen 3000 Kubikmeter Niederschlagswasser in die Kanalisation einführt, aber aufgrund einer geringen Mitarbeiterzahl nur 100 Kubikmeter Trinkwasser im Jahr verbraucht. "Die Stadt berechnet da nur 100 Kubikmeter. Die Bürger müssen die Abwasserdifferenz von 2900 Kubikmeter bezahlen."

Die System-Umstellung ist seinen Worten zufolge innerhalb weniger Monate möglich, da die für die Niederschlagsgebühr erforderliche Grundermittlung der Flächen mittels Luftbildern und eines Ermittlungsformblatts in kurzer Zeit vorgenommen werden könne. Schieber fordert, dass der Stadtrat innerhalb von drei Monaten die entsprechenden Grundsatzbeschlüsse fasst.
Eingeführt werden muss die gesplittete Gebühr aber erst dann, wenn bei den Gesamtkosten einer Entwässerungseinrichtung der Kostenanteil des Oberflächenwassers über zwölf Prozent liegt. Das hat das Bundesverwaltungsgericht festgelegt. Während Schieber erklärt, dass die Hürde in Kulmbach klar gerissen wird, bestreitet das der Stadtwerke-Leiter Stephan Pröschold. "Wir haben den Widerspruch zurückgewiesen, weil wir unter der Schwelle von zwölf Prozent liegen."


"Erhebliche Mehrbelastung"

Beim Mischgebühren-System, das in der Stadt angewandt wird, werden Schmutz- und Oberflächenwasser nicht getrennt berechnet. In Kulmbach habe der Stadtrat beschlossen, daran festzuhalten, auch weil die Umstellung auf die gesplittete Gebühr immense Kosten verursachen würde, die wiederum auf den Gebührenzahler umgelegt werden müssten. Pröschold: "Das wäre eine erhebliche Mehrbelastung." Dass etwa Supermärkte von der jetzigen Regelung profitieren, wie Schieber erklärt hat, stehe außer Frage. Doch seien auch Schulen oder Vereine mit großen Parkplätzen Nutznießer, sagt der Stadtwerke-Chef und verweist darauf, dass man sich bei den Berechnungen an die Leitlinien des Kommunalen Prüfungsverbandes halte.


Landratsamt prüft Sachverhalt

Der Widerspruch von Peter Schieber wird im Landratsamt geprüft. Wie Juristin Kathrin Limmer mitteilt, könne sie keine Bewertung abgeben, da das Verfahren noch im Laufen sei. In vergleichbaren Fällen hätten die Kläger den Widerspruch zurückgenommen, nachdem ihnen die Behörde das Ergebnis der Sachverhaltsprüfung mündlich mitgeteilt hatte.


Das sagt der Experte

Dass sein Widerspruch unbegründet ist, glaubt Peter Schieber nicht. Er ist sich sicher, dass die Stadt mit ihren vielen Industriebetrieben und großen versiegelten Flächen die Zwölf-Prozent-Hürde reißt.
Davon überzeugt ist auch Heiko Sieker, Honorarprofessor an der TU Berlin und angesehener Experte in Sachen Regenwasser. Wie Sieker mitteilt, gibt es in Deutschland nur wenige Kommunen, die unter der Zwölf-Prozent-Hürde bleiben. In Baden-Württemberg gebe es gar keine, wie eine Erhebung der Gesellschaft für Wasser- und Abwasserservice ergeben habe. "Da war keine Kommune unter 20 Prozent. Und dort gibt es auch viele mit Kulmbach vergleichbare Städte."

Der Kulmbacher Rechtsanwalt Lars Peetz, der Peter Schieber in dem Verfahren vertritt, sieht die Stadt in der Beweispflicht. Gegebenenfalls werde man Akteneinsicht beantragen, sagt Peetz. Sollte der Widerspruch abgelehnt werden, halte man sich den Klageweg offen.