"Lieber Postbote", steht auf einem Schild im Innenhof des Bürgerspitals, "ab dem 11.12.2017 wird der Briefkasten nicht mehr regelmäßig geleert. Bitte schicken Sie die ankommenden Briefe wieder an den Absender zurück."

Die Zeilen zeigen: Der Dezember war für das repräsentative Gebäude in bester Innenstadtlage eine Zäsur. Nach zwei Jahren, während derer sie von den Rummelsberger Anstalten betreut wurden, zogen die letzten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF) aus.

Seitdem steht die Zeit im Bürgerspital still. Eine Staubschicht hat sich über einen Tisch und einen Stuhl im Innenhof gelegt. Ein paar Meter weiter steht noch eine Tasse - in der so manches Getier sein Ende fand. Nebenan schmücken Spinnweben die Laternen. Und dass die kaputten Markisen nicht mehr vor der Sonne schützen - stört im Leerstand niemanden.

Der Löwenzahn, der in kräftigem Gelb blüht, ist das einzige Lebendige an dem Ort, der auf dem Immobilienmarkt durch die Kombination aus Idylle und Innenstadtnähe punkten könnte.


Das lange Warten auf Ergebnisse

"Das Spital wird ein Thema im neuen Jahr sein. Wir können nicht zufrieden sein, wenn es leer steht", unterstrich Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein (FW) schon in der Stadtratssitzung am 9. November 2017. "Wir sind dabei, eine Studie erstellen zu lassen, was aus dem Gebäude werden kann." Ergebnisse lägen aber noch nicht vor.

Und das, obwohl Stadtkämmerer Wolfgang Günther bereits in der Sitzung am 26. September 2017 auf eine Anfrage des SPD-Fraktionsvorsitzenden Ralf Völkl antwortete, ein Auftrag, mögliche Folgenutzungen auszuloten, sei bereits erteilt worden. "Ich erwarte, dass die Ergebnisse nun zeitnah kommen. Das dauert schon über ein Jahr", sagt Völkl heute.

Warum die Ergebnisse noch nicht vorliegen, konnte am Freitag nicht geklärt werden. Hauptamtsleiter Stefan Wicklein sagte: "Es werden intensiv verschiedene Möglichkeiten geprüft, um das Gebäude möglichst schnell einer wirtschaftlichen Nutzung zuzuführen."


CSU will Senioren-WG

Die Kronacher CSU präsentierte unserer Redaktion indes eine eigene Idee. Sie will neues Leben in das Gebäude bringen, in dem Ältere ihren Lebensabend genießen. "Eine Senioren-WG für ältere Kronacher ist ein Zukunftsmodell", sagt Ortsverbandsvorsitzende Angela Hofmann. Darauf habe sich die Stadt-CSU im Rahmen eines Ortstermins am Bürgerspital Ende April ausgesprochen.

Vor der Sommerpause will die Fraktion einen Antrag in den Stadtrat einbringen. Er sieht vor, kleine Wohneinheiten mit Toilette, Dusche sowie Kochzeile separat zu vermieten. Hofmann spricht sich dabei gegen ein Pflegeheim aus, wie es die Caritas vor der UMF-Unterbringung im Gebäude betrieben hatte (siehe Info unten).


Bewohner buchen Pflege selbst

Die Zweite Bürgermeisterin: "Die Bewohner könnten sich je nach Bedarf selbst Pflegedienste buchen. Und für die Hausverwaltung könnte ein Kronacher Hausmeisterservice sorgen."

Die CSU, so Hofmann, habe auch zwei andere Nutzungsmöglichkeiten diskutiert - die Vermietung an junge Menschen, die vorübergehend eine Bleibe suchen (Referendare, Auszubildende), und die Nutzung als Büroräume, etwa für Behörden. Die Senioren-WG entspräche aber am besten der Stiftungssatzung, die die Alten-, Behinderten- und Bedürftigenhilfe vorsieht. "Das Spital liegt im Zentrum der Stadt, die Bewohner hätten kurze Wege", sagt Hofmann. Zur Finanzierung bringt sie Fördergelder der Offensive Nordostbayern ins Spiel, die Leerstand bekämpfen möchte. 2019 sollen laut CSU die ersten Senioren einziehen.

Die beiden anderen größeren Stadtratsfraktionen reagieren auf die Idee wohlwollend und zugleich zurückhaltend. "Dass Senioren im Bürgerspital wohnen, hat schon Charme", sagt FW-Fraktionsvorsitzender Michael Zwingmann. Ob die Investitionen, gerade auch im Bereich Brandschutz, zu stemmen sind, könne er momentan nicht beurteilen. "Wir verschließen uns nicht, müssen aber erst wissen, was genau geplant ist."

Ralf Völkl (SPD) ergänzt: "Es steht und fällt mit der Förderung, niemand kann das bezahlen oder über die Miete wieder einnehmen." Beteiligungen der Stadt, zum Beispiel in puncto Denkmalschutz, könne sich Völkl allerdings vorstellen: "Das Schlechteste ist ein Leerstand."


Das Kronacher Bürgerspital: Daten & Fakten


Geschichte
Das Spital ist vermutlich Ende des 14. Jahrhunderts zur Pflege alter und kranker Bürger und als Herberge mittelloser Durchreisender entstanden. Im 19. Jahrhundert war dort das erste Kronacher Krankenhaus, von 1882 bis 2004 unterhielten die Niederbronner Schwestern ein Pflegeheim. 2005 übernahm die Stadt.

Stiftung
Das Bürgerspital wird von der Spitalstiftung verwaltet. Im Stiftungsrat sitzen die Stadträte. Von 2006 bis 2014 betrieb der Caritas-Kreisverband ein Seniorenheim. Von 2015 bis 2017 betreuten die Rummelsberger Anstalten unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Größe Das denkmalgeschützte Gebäude hat 1600 Quadratmeter Nutzfläche und etwa 40 Zimmer - einige mit Nasszelle und Kochnische. Hinzu kommen Büro- und Verwaltungsräume.