Der Landkreis sieht rot - überspitzt formuliert. Doch zumindest optisch ergibt sich dieses Bild, wenn die aktuellen Einwohnerzahlen des bayerischen Statistikamts zu Grunde gelegt werden: Von den 18 Kronacher Gemeinden erlitten im Vergleich der Jahre 2015 und 2016 lediglich Pressig sowie Weißenbrunn keine Verluste (siehe Grafik).

"Die Zahlen sinken. Zwar nicht dramatisch, aber es wird stetig weniger", bestätigt ein Mitarbeiter einer Gemeinde aus dem Landkreis die Entwicklung. Seinen Namen möchte er aber nicht in der Zeitung lesen - ebenso wie die anderen Gemeindemitarbeiter, mit denen unsere Redaktion sprach. "Die Entwicklung wird wohl überall gleich sein", meint ein weiterer. "Viele verlassen für ihr Studium oder eine Arbeitsstelle ihren Heimatort oder sogar den Landkreis." Das sei vermutlich dem allgemeinen Strukturwandel geschuldet.

Von dem Bevölkerungsrekord, den das Statistikamt für den Freistaat verkündete, sei jedenfalls eher wenig zu spüren. Von den 12,9 Millionen Einwohnern Bayerns (Stand 2016), waren im Kreis Kronach 67 613 gemeldet. Während sich der Freistaat über 87 000 mehr Einwohner als im Vorjahr 2015 freuen durfte, verzeichnete der Kreis Kronach einen Verlust von 303.


Keine große Aufmerksamkeit

Wie im Landkreis gab es auch bayernweit zwar mehr Sterbefälle als Geburten, ins Positive rückten die Zahlen allerdings durch viele Zuzüge. Die Bilanz in den unterschiedlichen Regierungsbezirken bestärke die Staatsregierung in ihrer Strategie, "die ländlichen Räume Bayerns lebens- und liebenswert zu erhalten", frohlockt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU).

In der Kreisstadt sei das bereits gelungen, ist Kronachs Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein (FW) überzeugt: "Wir haben so viele Zuzüge und die Nachfrage nach Bauland ist so groß, dass man die derzeit gar nicht erfüllen kann." Um neue Einwohner zu gewinnen, stehe und falle alles mit Arbeits- sowie Kindergarten- und Kitaplätzen.

Große Aufmerksamkeit schenkt er den vom Statistikamt vorgelegten Zahlen nicht - weil sie ein Bild zeichnen, das schon längst übermalt wurde. 2016 ist nun einmal schon zwei Jahre her. Seitdem sind die Einwohnerzahlen in der Kreisstadt wieder gestiegen. Im Stadtrat präsentierte Kronachs Bürgermeister stolz die aktuellen Statistiken. Demnach kamen zwischen 2016 und 2017 87 Einwohner hinzu. Zum Jahresende 2017 waren es noch einmal zehn mehr. Ähnlich wie im Freistaat wurden die Sterbefälle nicht durch die Geburten, sondern die vielen Zuzüge kompensiert.


Ein Jahr, zwei Zahlen

Spannend dürfte aber werden, wie genau die Zahlen aussehen werden, die das Statistikamt kommendes Jahr vorstellen wird - auch für die Gemeinden. Deren Zahlenmaterial unterscheidet sich jedenfalls. Und das teilweise deutlich. "Ich weiß auch nicht, wie die zu diesen Auswertungen kommen", heißt es dazu im Bürgerbüro einer Landkreis-Gemeinde. Der Trend sei zwar der selbe, die absoluten Zahlen hingegen deutlich andere.


Prognose für 2028

Das beweist ein Blick in die von der Stadt Kronach veröffentlichten Statistik. Den 17 468 Einwohnern für das Jahr 2016 stehen dort jene 16 917 des Statistikamts gegenüber. Wie die exakte Zahl nun aussieht, dürfte Kronachs Bürgermeister weniger interessieren. Wichtiger ist ihm wohl eher, dass diese steigt. Dafür gelte es, die passenden Voraussetzungen zu schaffen, betont er. Einerseits durch passendes Bauland, andererseits durch die Verbesserung der Lebensqualität.

Da verortet Beiergrößlein auch den Landkreis auf einem guten Weg. "Wenn ich sehe, was im Kreis für Schulinvestitionen gemacht werden, gleichzeitig aber noch Schulden abgebaut werden, ist das toll", betont er.

Dem demografischen Wandel zu trotzen, gehe ohnehin nur gemeinsam. Erst recht, wenn die Bevölkerungszahl in den Nachbargemeinden größtenteils weiter sinkt. Für 2028 prognostizieren die Statistiker etwa der Stadt Kronach nur noch 15 900 Einwohner. "Bei mir gibt es kein Kirchturmdenken", so Beiergrößlein. "Ohne den Landkreis und sein Gemeinden sind wir als Kreisstadt schwach, und die Gemeinden sind ohne die Kreisstadt schwach." Gemeinsam müssten der Landkreis weiter nach vorn gebracht und Mängel beseitigt werden. "Es gibt nichts, was wir nicht noch besser machen können."