An der Helios Frankenwaldklinik zählen nur noch marktwirtschaftliche Gesichtspunkte - so war es zumindest auf einem Flugblatt zu lesen, das am Wochenende anonym in Kronach verteilt wurde. Auf vielen parkenden Autos wurden die Zettel zurückgelassen. Die Inhalte dürften viele Kronacher verunsichert haben: Die Frankenwaldklinik stehe vor dem Aus. "Wir, die Mitarbeiter des Krankenhauses, bitten die Kronacher Bürger um ihre Hilfe." Um Gehälter zu sparen, habe man Pflegeabteilungen zusammen gelegt, Mitarbeiter seien genötigt worden, neue Verträge zu unterschreiben, durch die sie dann weniger Gehalt bekämen. Selbst den Chefärzten werde gedroht, sie würden "ausgetauscht", wenn sie die Vorgaben des Konzerns nicht erfüllen.

Und es geht weiter: Laut Flugblatt soll die Klinik für Notfall- und Intensivmedizin ersatzlos gestrichen werden. Ähnlich ergehe es der Notaufnahme und der Gastroenterologie. "Schlechtere Versorgung der Patienten, weitere Überlastung der Mitarbeiter und schließlich: Das Aus für die Frankenwaldklinik, weil wir unsere Aufgabe der Gesundheitsfürsorge nicht mehr werden erfüllen können."

Noch am Sonntag gab Klinikgeschäftsführer Daniel Frische eine Pressemitteilung dazu heraus und wies die "Vorwürfe und falschen Darstellungen" entschieden zurück. "Richtig ist, dass wir derzeit intern über eine Reihe von Maßnahmen sprechen, um die schon heute sehr gute Behandlungsqualität und Patientenzufriedenheit weiter zu erhöhen", so Frische weiter. Dazu sei es notwendig, interne Prozesse der Patientenversorgung neu zu organisieren, um weitere Qualitäts- und Ablaufverbesserungen zu erzielen. Auch wirtschaftlich stehe das Krankenhaus auf einem soliden Fundament.

"Derzeit führen wir auf verschiedenen Ebenen Gespräche über Neuordnungen von Bereichen und organisatorischen Maßnahmen", verkündet Frische in der Pressemitteilung. Darin seien sowohl die Chefärzte als auch die betreffenden Mitarbeiter und der Betriebsrat eingebunden.


Klinik informiert am Mittwoch

Über das anonym verteilte Flugblatt zeigt sich Frische in der Pressemitteilung verwundert. "Meine Tür steht allen Mitarbeitern immer offen, wenn es individuelle oder grundlegende Fragen zu diskutieren gibt." Bisher hat es laut Frische keine derartige Äußerung gegeben.

Der Betriebsratsvorsitzende Manfred Burdich, bei dem normalerweise solche Beschwerden als erstes auftauchen, bittet um Verständnis. "Momentan kann ich nichts dazu sagen. Aber bei der Pressekonferenz am Mittwoch bin ich dabei." Dabei sollen laut Frische die Mitarbeiter und die Pressevertreter ausführlich informiert werden.

Bereits im Januar diesen Jahres ist die Helios-Gruppe, zu der insgesamt 110 Kliniken gehören, in Verruf geraten. Damals deckte eine RTL-Dokumentation Mängel in zwei Krankenhäusern auf, die zur Helios-Gruppe gehören.
Die Vorwürfe waren heftig: zu wenig Personal, zu viele Überstunden, dadurch vernachlässigte Patienten und immense Hygienemängel. Betroffen waren davon die Berliner und die Wiesbadener Einrichtung. Kronach blieb in dieser Dokumentation außen vor. Nach der Ausstrahlung meldete sich ein Mitarbeiter der Kronacher Helios-Klinik - er wollte anonym bleiben. Er sprach dieselben Probleme an, die auch auf den Flyern vom Wochenende zu lesen waren. "Diese Gewinnmaximierung muss mal ein Ende haben. Ich finde es einfach nur schlimm." Der anonyme Anrufer weiter: "Wir sind gewillt alle Patienten im Schweinsgalopp zu versorgen, aber ich habe auch nur zwei Hände und zwei Füße."

Schlechte Arbeitsbedingungen und die Gewinnmaximierung - Aspekte, die auch auf den anonymen Flyern aufgegriffen wurden. Doch wer sie am Wochenende zu "Kronach leuchtet" in der belebten Stadt verteilt hat und was wirklich dran ist, ist unklar.