Wie können sich Bürger und Verwaltung der Gemeinde Untermerzbach in Zukunft effizient mit Energie versorgen und gleichzeitig nachhaltig das Klima schützen? Darüber diskutierten interessierte Einwohner und Gemeindevertreter beim "Bürger-Forum Energie" am Mittwochabend im Sportheim. Eingeladen hatten die Initiative Rodachtal (IR) und die Kommunalbetriebe Neustadt (KBN), die für Untermerzbach ein Energiekonzept erarbeiteten.

In die vom Bayerischen Landwirtschaftsministerium über das Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) geförderte Maßnahme "Energiekonzept Rodachtal" sind auch die Gemeinden Ahorn, Itzgrund und Weitramsdorf sowie die Stadt Bad Rodach eingebunden. Ergebnisse des Energienutzungsplans für die Stadt Seßlach fließen mit ein.
Ein zentraler Bestandteil ist die Beteiligung der Bürger. Im Vorfeld der Veranstaltung hatten die Initiatoren Fragebögen verteilt, um den lokalen Verbrauch an Energie und die vorhandenen Potenziale zu berechnen "Sie sind die Experten vor Ort, sie kennen Ihren Verbrauch und haben vielleicht Vorschläge und Ideen einzubringen", begrüßte Andreas Eichhorn, Energiekoordinator beim ALE, die rund 25 Teilnehmer.

Energiestrategie vorstellen

Die KBN-Energiemanager Jörg Wicklein und Marco Höhn stellten als verantwortliche Projektleiter Hintergründe, Ziele und Vorgehensweise der Energiestrategie vor. Wie notwendig es ist, den Energieverbrauch zu senken und die Effizienz der Energie zu steigern, zeigte Höhn anhand eines Rechenbeispiels: Bei einem Energieverbrauch von 57 Megawattstunden im Jahr 2010 in der gesamten Kommune Untermerzbach, so rechnete er vor, müssten rund 2200 Hektar Wald aufgeforstet werden, um die Produktion der dabei entstandenen rund 17 270 Tonnen CO2 zu kompensieren. Bei einer Gesamtfläche Untermerzbachs von 2700 Hektar bedeute dies, dass 78 Prozent der Gemeindefläche bewaldet sein müssten.

5,1 Millionen für Energie

Aktuell würden im gesamten Gemeindegebiet 5,1 Millionen Euro pro Jahr für Energie (Strom, Gas und Heizöl) ausgegeben, bis 2020 würden diese Kosten auf rund acht Millionen steigen. Das Geld wandere bisher zum größten Teil in andere Regionen. Ziel müsse aber sein, die benötigte Energie nicht nur in der Region zu erzeugen, sondern sie hier auch zu verbrauchen.

Auf Grundlage des Ist-Zustands sollen nun Maßnahmen und Projekte ausgearbeitet werden, die bestehende Potenziale nutzen, den Ausstoß reduzieren sowie Energieeinsparungen und -speichermöglichkeiten berücksichtigen. Erreicht werden soll ein hoher Grad an Eigenversorgung (energieautarke Gemeinde), der Versorgungssicherheit garantiert, beschlossene Klimaschutzziele einhält und auf hohe Akzeptanz stößt.
Zu konkreten Handlungsschritten machten die Bürger Vorschläge: An vier verschiedenen Tischen diskutierten sie über die Themen private Nutzung der erneuerbare Energien, Energiegenossenschaften und Betreibergesellschaften, Gebäudesanierung und Energie im Haushalt sowie Mobilität und Konsumverhalten. Ideen wurden einfach auf der Papier-Tischdecke festgehalten.

Umspannwerke vermeiden

Barbara Morgenroth (Untermerzbach) zeigte sich besonders interessiert daran, "die Energie, die hier produziert wird, auch hier zu verbrauchen", wie sie sagte. So könnten "riesige Stromtrassen und Umspannwerke vermieden werden". Außerdem erhoffte sich die Untermerzbacherin noch Tipps, wie sie trotz Vollwärmeschutz, Kachelofen und neuer Fenster noch Energie einsparen könne.

Zweiten Bürgermeister Siegfried Kirchner beschäftigte die Frage, wo Mini-Blockheizkraftwerke sinnvoll einzusetzen sind: "Wenn ich mehrere Häuser anschließen kann, müsste sich das doch rentieren", meinte Kirchner.
Der ehemalige Umweltingenieur der Stadt Coburg, Werner Weber (Gleusdorf), hatte ganz konkrete Vorschläge: "Wir brauchen das dritte Windrad! Auch Biogas ist sicherlich ein Thema." An seinem Tisch wurde auch die Frage diskutiert, wie die Wärme, die manche Betriebe im Überfluss produzieren, anderen Betrieben oder Privatleuten zur Verfügung gestellt werden könnte.

Keine unnötigen Fahrten

Eine autarke Kommune, darin waren sich alle einig, soll angestrebt werden, muss aber bezahlbar bleiben. Dazu seien sowohl ein Ausbau der erneuerbaren Energie wie auch der Speicher notwendig. Windenergie solle auf die bestehenden Flächen beschränkt, der Einsatz on Brennholz und Wasserkraft ausgeweitet werden. Photovoltaik zum Eigenverbrauch wurde begrüßt, Netzeinspeisungen sollten minimiert werden. Biogasanlagen mit sinnvoller Abwärme-Nutzung und ohne Einsatz besonders angebauter Energiepflanzen wurden befürwortet. Nahwärme, Biogas und Windkraft könnten auch über Energiegenossenschaften oder Betreibermodelle finanziert werden. Für ein besseres Konsumverhalten sollten die Eigenproduktion und die regionale Produkte bevorzugt, unnötiger Transport hingegen vermieden werden.

Mit Lieferdiensten, Nachbarschaftshilfen, Sammeltaxis, Car-Sharing und Fahrgemeinschaften könnten unnötige Fahrten vermieden werden. Bei der Gebäudesanierung gelte es vor allem die Besitzer von Fachwerkhäusern gut zu beraten und durch Fachfirmen zu unterstützen. Älteren Mitbürgern müssten kleine aber effektive Maßnahmen aufgezeigt und ihnen Ängste, z.B. vor Schimmelbildung, genommen werden. Gemeinsame Sammelbestellungen von effizienten Hausgeräten und Leuchtmitteln oder beim Austausch von Heizungspumpen könnten Kosten sparen.

Viele Vorschläge

Bürgermeister Helmut Dietz (SPD) zeigte sich erfreut über die Beteiligung der Bürger und die vielen konkreten Vorschläge. Auch wenn bereits 46 Prozent des Gesamtbedarfs in seiner Gemeinde durch Wind-, Wasser- und Sonnenkraft gedeckt wird, laut den von Höhn vorgestellten Zahlen, sah Dietz Handlungsbedarf: "Zum Beispiel fehlt das Thema Biomasse bei uns noch völlig", sagte er.

Auch könnten durch Aufklärung der Bürger der Energiebedarf und somit die Kosten gesenkt werden: "Die günstigste Energie ist natürlich die, die man nicht verbraucht."