Ganz so dramatisch, wie in der Anklageschrift beschrieben, stellte sich die Sachlage in der Verhandlung am Haßfurter Amtsgericht doch nicht dar. Ein nicht gelöschtes Hitlerbild von seiner Facebook-Seite sowie ein Gurt mit 63 scharfen Patronen und ein Schlagring brachten einem 19-Jährigen eine Anklage des Staatsanwalts ein. Der Vorwurf lautete: Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Verstoß gegen das Waffengesetz. Das Gericht stellte gestern das Verfahren gegen eine Geldauflage von 300 Euro ein.

Gurt mit 63 Patronen

Der 2. August letzten Jahres, es war ein Freitag, wird dem Angeklagten wohl länger im Gedächtnis haften bleiben. Unangekündigt rückte die Polizei mit vier Beamten an. Sie präsentierten einen richterlichen Hausdurchsuchungsbefehl. Die Polizisten wurden schnell fündig. An der Wand des Burschen hing ein Gurt mit 63 aufgereihten Gewehrpatronen; eine weitere Munitionshülse sowie ein Schlagring lagen auf dem Tisch.

Auf die Spur des Heranwachsenden war man gestoßen, weil dessen Freund ihm ein rechtsradikales Foto per Computer geschickt hatte. Die Aufnahme zeigt Diktator Adolf Hitler mit Hitlergruß und Hakenkreuz. Um sich nicht strafbar zu machen, so Staatsanwalt Ralf Hofmann, hätte der Angeklagte diese Darstellung unverzüglich löschen müssen.

"Nicht mitgekriegt"

Dazu erklärte der Angeschuldigte, dass er die Nachricht des Freundes "gar nicht mitgekriegt" habe. Er habe das Bild erstmals bei der Durchsuchung gesehen, als die Polizei ihm einen Ausdruck vorlegte. Und als er es daraufhin löschen wollte, stellte er fest, dass ihm der ermittelnde Beamte schon zuvorgekommen war. Die Einlassung war letzten Endes nicht zu widerlegen, weshalb dieser Anklagepunkt fallen gelassen wurde.

Die Munition will der Heranwachsende auf einem Flohmarkt in Coburg für etwa 15 Euro erstanden haben. Er sei davon ausgegangen, dass es sich dabei um "Deko-Artikel" handele, sagte der in einem Dorf im nördlichen Kreis Haßberge wohnende junge Mann. Und ergänzte, dass er einfach nicht gewusst habe, dass allein der Besitz des Schlagrings strafbar sei.

Der Jugendgerichtshelfer schilderte die aktuelle Lebenssituation des Heranwachsenden, der seine schulische Laufbahn mit der Mittleren Reife abgeschlossen hat. Momentan besucht er in Schweinfurt das Berufsgrundschuljahr mit dem Ziel, danach eine Lehre zu absolvieren. Dass der Patronengurt wie eine Trophäe an der Wand hing, weise auf ein jugendtypisches Verhalten hin. Schließlich regte der Pädagoge an, das Verfahren gegen eine Auflage einzustellen.

Das Verfahren eingestellt

Da der Beschuldigte strafrechtlich bislang eine weiße Weste hat, signalisierte der Vertreter der Anklage sein Einverständnis. Die Einstellung erfolgte unter der Auflage, dass der 19-Jährige bis 1. April 300 Euro als Geldauflage zahlen muss.