Am Abend ein Seidla auf dem Balkon, der Terrasse oder dem Biergarten genießen. Dazu eine deftige Brotzeit, um sich vom harten Arbeitstag zu erholen. Die Hand greift nach dem kühlen Bier, es hat schon beinahe die Lippen erreicht und dann - summ summ summ.
Ja, genau dann sind plötzlich unzählige Wespen um einen herum. Und der Eindruck, dass es in diesem Jahr deutlich mehr geworden sind, täuscht nicht: "Ich würde es auf das Dreifache schätzen", meint der Wespen- und Hornissenbeauftragte Manfred Husslein vom Landratsamt Haßberge. Auch Hornissen, die zur Artenfamilie der Wespen gehören, gibt es in diesem Jahr vermehrt.
Gründe für die hohe Wespenpopulation sind schnell gefunden: "Der Winter war mild, es wurde früh wieder warm und der Sommer ist trocken", erklärt Husslein. Das sind die Bedingungen, bei denen sich Wespen und Hornissen wohl fühlen.
Und seine Schätzung lässt sich auch mit Zahlen belegen. Bei ihm landen die Fälle von unerwünschten Wespennestern. Rund 120 solcher Nachrichten hat Husslein bisher schon bekommen. Im vergangenem Jahr waren es im gesamten Sommer "um die 50".
Feuerwehr macht das freiwillig
Husslein leitet diese Fälle dann an die zuständigen Feuerwehren weiter. Zirka 50 Feuerwehrleute im Kreis Haßberge haben eine spezielle Fortbildung gemacht, erläutert der Wespenbeauftragte. Da stehe zuerst die Beratung im Vordergrund. Einzig die Wehren aus Haßfurt und Ebelsbach bieten keine Wespenberatung an, sagt Husslein.
Denn ein Wespennest darf nicht einfach umgesetzt werden. "Das machen wir nur im äußersten Notfall", sagt der Kommandant der Feuerwehr Zeil am Main, Tobias Hetterich. Die Insekten stehen unter allgemeinem Artenschutz, den "beinahe alle wildlebenden Tierarten haben", erklärt Husslein. Und das bedeutet, dass Wespen "nicht ohne vernünftigen Grund" umgesetzt werden dürfen.
Doch was ist ein vernünftiger Grund? Hetterich sieht den, wenn Kinder oder Allergiker im Haus sind. Aber eine Umsetzung ist auch möglich, wenn die Nester Schäden anrichten. "Vor allem die Deutsche und Gemeine Wespe können Häuser beschädigen, da sie sehr große Nester bauen", erklärt Husslein. Dagegen ist es kein vernünftiger Grund, "wenn man beim Spazieren gehen ein Wespennest in der Natur zerstört", erklärt der Wespenexperte.
Umsetzungen sind schwer
Die Umsetzung eines Nestes "ist sehr schwer", weiß Hetterich, "weil Wespen meist an schwer erreichbaren Stellen, wie Rollokästen, bauen." Mindestens zwei Feuerwehrleute sind bei einer Nestbeseitigung im Einsatz. "Bei Hornissen sind es sogar drei bis vier", ergänzt Hetterich.
Mit einer Schutzkleidung, wie der von Imkern, und speziellen Messern wird dann versucht, das Nest herauszuschneiden. "Das muss immer am Abend gegen halb neun gemacht werden, denn erst dann sind alle Wespen wieder im Nest", erklärt der Feuerwehrmann. Das Nest werde dann in eine Transportbox gelegt.
"Darin werden sie an einen Waldrand gebracht, so dass dieses Wespenvolk weiter überleben kann", sagt Husslein. Heikler ist ein Hornissennest. "Die sind besonders geschützt", sagt Husslein. Um ein solches Nest zu entfernen, ist eine Genehmigung vom Landratsamt notwendig.
Außerdem sagt Feuerwehrkommandant Hetterich, dass es eine "absolut freiwillige Leistung der Feuerwehr ist, Wespen- und Hornissennester zu entfernen".
Es bestehe keine Pflicht bei den Wehren. "Wir werden uns Ende des Jahres besprechen, ob wir das auch im nächsten Jahr noch anbieten", sagt Hetterich. Drei bis fünf Umsetzungen seien für die Freiwillige Feuerwehr zu viel.
Nicht immer ist eine Umsetzung notwendig, meint Husslein: "Wenn ein Nest beispielsweise in einem alten Schuppen oder einer Scheune ist, wo man im Sommer sowieso kaum ist." Spätestens im Oktober löse sich das von selbst - sie sterben. Außerdem kann man die "Flugrichtung der Wespen mit einer Plane verändern", sagt der Wespenexperte.
Denn nicht alle Wespen sind gleich. "Besonders lästig sind die Deutsche und die Gemeine Wespe", sagt Husslein. Die restlichen 13 Arten bemerken die meisten Menschen kaum, "wie die Feldwespe, die sich nicht für Süßes oder Fleisch interessiert", erklärt er.
Lieber vegetarisch essen
Dennoch sollte man diese Insekten nicht verteufeln. "Wespen sind nützlich", erläutert Husslein. Zum einen bestäuben sie Pflanzen, zum anderen fressen sie viele Schädlinge, wie Blattläuse oder Stechmücken, erklärt er weiter. Das hat er sehr häufig von Gartenbesitzern gehört, die dort ein Wespennest hatten: Dann gab es kaum Schädlingsprobleme.
Dennoch weiß Husslein, dass vor allem die deutsche und die gemeine Wespe sehr lästig sein können. Schützen könne man sich vor ihnen kaum. Er selbst hat ein Wochenende das Anfüttern versucht. Husslein hat ein Stück Fisch auf einem Teller zwei Meter neben den Tisch, an dem zu Abend gegessen wurde, gestellt. "Die Wespen waren alle bei dem Teller und nicht bei uns", sagt der Experte.
Da diese Wespenart mit Fleisch die Brut füttert, sind eben auch Bierkeller betroffen. Die Menschen mit Gerupftem sind also weniger betroffen, als die mit einer Wurstplatte. Tipp: vegetarisch speisen.